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Metzger, Wolfgang
Die humanistischen, Triviums- und Reformationshandschriften der Codices Palatini Latini in der Vatikanischen Bibliothek (Cod. Pal. Lat. 1461 - 1914) — Wiesbaden, 2002

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https://doi.org/10.11588/diglit.3299#0020
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EINLEITUNG

silien kann man entnehmen, daß er von Kindheit an kränklich war, epileptische An-
fälle hatte und seine ohnehin schwache Gesundheit durch unentwegtes Studieren bei
Tag und Nacht gefährdete, auch habe er jahrelang unter chronischen Kopfschmer-
zen gelitten." Der 1526 geborene Fugger genoß eine gute Ausbildung. Schon 1543
hielt er sich in Bologna auf, später studierte er in Bourges, einer vor allem für ihre
Juristen berühmten Hochschule. Schon zu dieser Zeit begann er Handschriften und
gedruckte Bücher zu erwerben, eine Leidenschaft, die ihn sein ganzes Leben lang
nicht mehr loslassen sollte. So baute er im Laufe vieler Jahre und unter erheblichen
Kosten eine bedeutende Bibliothek auf, wobei ihm nicht zuletzt die europaweiten
Geschäftsverbindungen des fuggerischen Handelshauses zu Hilfe kamen. Fugger er-
warb auch ganze Bibliotheken, so die seines Freundes Achilles Pirmin Gasser
(f 1577), den sein Biograph Melchior Adam als ,Bücherschwelger' bezeichnete, so-
wie die Bücher des kurfürstlichen Rates und Historikers Justus Reuber (unter ande-
rem 210 Handschriften).12

Bestimmend für sein weiteres Leben war nicht zuletzt sein Übertritt zum Protestan-
tismus 1553, der ihn in offenen Gegensatz zu seiner katholischen Familie brachte. Als
sich deren wirtschaftliche Grundlage nach dem Tod Anton Fuggers 1560 als nicht
mehr so unerschütterlich herausstellte, wie sie es Jahrzehnte hindurch gewesen war,
erschien die Schuldenlast Ulrichs von 160.000 Gulden nicht mehr tragbar. Gar zu
freigebig war er gegenüber Gelehrten gewesen, vor allem aber hatte er allein in den
Jahren 1546 bis 1553 die wahrhaft fürstliche Summe von 126.000 Gulden für Bücher-
ankäufe und gelehrte Unternehmungen ausgegeben. 1562 stellte ihn die Stadt Augs-
burg unter Kuratel. Er erhielt strengen Hausarrest, sein Besitz wurde verkauft. Le-
diglich die Bibliothek blieb ihm erhalten. So nahm er das Angebot Friedrichs III. von
der Pfalz an und zog mit seinen verbliebenen Schätzen nach Heidelberg. Die Bücher
Ulrichs wurden zusammen mit den Bänden der Bibliotheca Palatina auf den Empo-
ren der Heiliggeistkirche aufgestellt, wo sie nach Ulrichs Tod 1584 als Teil der Palati-
na verblieben. Nicht zuletzt durch diesen gewaltigen Zuwachs setzte sich die Pfälzer
Landbibliothek an die Spitze der deutschen Büchersammlungen. Die Bibliothek Ul-
rich Fuggers war vor allem reich an griechischen Texten, aber auch an lateinischen
Klassikern. Sie verfügte über eine große Zahl von Handschriften und umfaßte eine
umfangreiche Sammlung an Reformationsschriften. Letztere waren zum größeren
Teil mit der Bibliothek Gassers in Ulrichs Besitz gelangt. Dieser hatte jedoch auch
bedeutende Bestände an griechischer, klassisch lateinischer und neulateinischer Lite-
ratur.13 Ganz im Gegensatz zur Gasserschen Büchersammlung war in der Ulrich
Fuggers auch die deutsche Literatur gut vertreten.

11 Vgl. die Konsilien Gassers für Ulrich in Pal.lat. 1892, 229-233", siehe auch Lehmann 1, S. 74
undScHUBAl, S.491.

12 Zu Gasser: Karl Heinz Burmeister, Die Bibliothek des Arztes und Humanisten Achilles Pir-
min Gasser (1505-1577) mit besonderer Berücksichtigung der libri poetici, in: Bibliothek und
Wissenschaft 20 (1986), S. 49-72. Zur Person: Ders., Achilles Pirmin Gasser, 1505-1577, Arzt
und Naturforscher, Historiker und Humanist, 3 Bde., Wiesbaden 1970/75. Zu Reuber: Wil-
ken, S.128L

13 Burmeister, Die Bibliothek, a.a.O., S.58-64.

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