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Meyenburg, Ernst von
Ambrogio Lorenzetti: ein Beitrag zur Geschichte der sienesischen Malerei im vierzehnten Jahrhundert — Heidelberg, 1903

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Die Nikolauspredellen 1332
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https://doi.org/10.11588/diglit.65676#0037
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der Schwelle und reicht, wie es scheint, einen Korb in das Zimmer
hinein.“ Ambrogio lässt zum ersten Male den freigebigen Jüng-
ling die Goldbarren durch ein hochgelegenes Fenster in das Haus
werfen. Hübsch ist es, wie er auf die Fusspitzen stehen und
an der Wand sich festhalten muss, um das Fenster zu erreichen ').
Rechts blickt man in ein Zimmer, wo der überraschte Vater seinen
Töchtern die rettende Gabe zeigt. Ärmlich sieht es da drinnen
aus. Auf einer Matte am Boden liegen zwei der Töchter, während
die älteste am Boden kauert. Der besondere Reiz des Bildes ist
nicht im mindesten durch die Architektur bedingt. Das Haus
des Armen rechts besteht aus einer Halle, darüber ein Altan und
ein kleines Stockwerk mit angelehntem marquisenartigem Dach.
Links sieht man in die echt sienische Strasse, in die der heimliche
Wohltäter entfliehen wird. Mit Geschick wird der schmale Blick
in die Tiefe hervorgerufen dadurch, dass links am Bildrand eine
Hausecke mit davorstehender Bank einspringt. Leider wird die
Illusion aber beeinträchtigt durch einen typischen Fehler, dass
die Gesimslinien des Altanes sich in verkehrter Richtung verjüngen.
Trotzdem ist das Strassenbild bemerkenswert, es geht entschieden
über die entsprechenden Dinge auf der Humilitastafel, die in der
Nähe hängt, hinaus, und präludiert dem Stadtbild der Sala della Pace.

Nikolaus Erwählung zum Bischof von Myra.

Diese Episode ist sonst wohl kaum dargestellt worden. Nach
dem Tode eines Bischofs von Myra kamen die Bischöfe jener
Diöcese zur Neuwahl zusammen. _Kiner unter ihnen, ein Mann
von besonderem Ansehen, vernahm im Traum eine Stimme, die
ihm gebot, am nächsten Morgen einen Jüngling mit Namen Nikolaus,
der als erster zur Frühmesse die Kirche betrete, zum Bischof zu
erwählen. .

Diese letztere Siena hat Ambrogio verbildlicht. Vorn an
der sich dem Beschauer öffnenden dreischiffigen Kirche fasst jener
Bischof den Jüngling am Rock und sucht den Widerstrebenden
Da kehrt verwandt wieder und sichtlich von unserm Bild angeregt.

Masaccio (?), Tafel des Museo Cristiano, Rom, Fra Angelico, Vatikan. Richtung
Dom. Venezianos: Casa Buonarotti, Florenz. .
 
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