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Meyer-Schwartau, Wilhelm
Der Dom zu Speier und verwandte Bauten: (die Dome zu Mainz und Worms, die Abteikirchen zu Limburg a. Hardt, Hersfeld und Kauffungen etc.) — Berlin, 1893

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https://doi.org/10.11588/diglit.21773#0150

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136

Der Dom zu Speier und seine Anbauten.

Ihm dürften ausser der Sicherung des Domes
gegen die Rheinhochwasser durch Uferschutzwerke
der Umbau der Seitenschiffe zur Wölbung, der Neubau
des gewölbten Mittelschiffes, Umbau der Querhalle
zur Wölbung, Krypta, Vierungsthurm und obere Ge-

schosse der Ostthürme zugeschrieben werden, wenn
auch einzelne Theile noch nicht zur gänzlichen Vol-
lendung gelangten. Eine Bauthätigkeit, der gegenüber
der Ausdruck des Briefschreibers: „a fundo fundatum"
nicht ganz unberechtigt ist.

Capitel VII.

Die Vorhalle und West-Thürme.

Grundrisse Taf. II—V, XXVIII, XXIX; Schnitte Taf. XIV, XXVIII; Ansichten Taf. VIII, IX, XI, XXIX.

1. Die Vorhalle im Jahre 1689.

Bei der umfassenden Erneuerung, welche die Vor-
halle seit der Zerstörung im Jahre 1689 sowohl durch
Neumann wie durch Hübsch erfahren hat, dürfte es
sich empfehlen, über den Bestand derselben vor jener
Zerstörung ein möglichst sicheres Bild zu gewinnen,
dann zu prüfen, welche Wandlungen sie etwa bis
dahin erlitt und wie ihre ursprüngliche Anlage be-
schaffen war und welche älteren Theile auf uns ge-
kommen sind.

Wir sind über die Beschaffenheit der Vorhalle
um das Jahr 1689 durch Pläne, Abbildungen und
Berichte verhältnissmässig gut unterrichtet.

Ueber den Grunclriss des Erdgeschosses geben
die Concurrenzpläne von Stahl, T ho mann (siehe
Fig. 52 S. 124) und Neumann und 3 Bauzeichnun-
gen128) des letzteren Aufschluss. Nach diesen war
die Vorhalle ohne Absatz dem Langhaus in dessen
Breite von 38,10 m und in einer Tiefe von rund 20,0m
vorgelegt. Die Ostwand, welche die Vorhalle vom
Schiff trennt, hatte eine Stärke von 6,13 m, die west-
liche Frontwand war 3,90 m, die S.- und N.-Wand
2,60—2,70 m stark. Der verbleibende lichte Raum
von rund 32,70 m Länge und 9,80—9,90 m Tiefe
wurde durch zwei 2,60 m breite Gurte, welche sich
auf rechteckige Vorlagen an den Längswänden stützten,
in 3 Felder zerlegt, von denen das mittlere, ca. 13,40m
breite, annähernd die Breite des Mittelschiffes hat,
die seitlichen, ca. 7 m breiten, in Folge der grösseren
Stärke der S.- und N.-Wand und der Gurte schmaler
als die Seitenschiffe sind. Alle 3 Felder waren mit
rippenlosen Kreuzgewölben überspannt, welche sich
in den Ecken auf ^Ecksäulen stützten. Auf jedes
Feld öffnete sich in der Westwand ein Portal mit
glatten Gewänden, die beiden seitlichen ca. 4,55 m,
das mittlere ca. 9,30 m breit. Von der Vorhalle in
das Schiff führte nur ein Portal, dessen Gewände von

8) Im Bischöflichen Archiv.

der Mitte aus jederseits 5 fach rechteckig abgetreppt
war. Die Lichtweite betrug 3,70, die äussere Weite
im Schiff 8,80 m. Die Aufrisse Neumann's stellen
eingehend dar, wie weit bei Inangriffnahme des Neu-
baues die Umfassungsmauern noch standen, an der
Westwand etwa 55', an den anderen Seiten etwa 70'
über Boden (Taf. XXVIII). Die alten Gewölbe sind
leider nicht gezeichnet. Wir verdanken Feederle eine
Reconstruction derselben129), welche im Allgemeinen
zutreffend zu sein scheint (Fig. 57). Die schmaleren
Kappen der 3 länglichen Felder sind Theile eines
wagerechten Cylinders, die grösseren mit ebenfalls

Fig. 57.

wagerechten Scheitellinien und segmentförmigen Schild-
linien sind entstanden durch Fortschiebung der Scheitel-
linie an den Schildlinien und den elliptischen Graten.
Die Gewölbe sind zwischen einfach rechteckige Schild-
bögen eingespannt. In den beiden kleineren seitlichen
Feldern mussten, da einerseits die Kämpferhöhe, an-
dererseits die Scheitelhöhe festgehalten wurde, in den
Ecken besondere Kragsteine für die höher liegenden
Gewölbanfänge ausgekragt werden. Als Kämpfergesims
dient eine nur in den Laibungen der Bögen
vorhandene Schmiege, welche auch den Abacus der
Würfelcapitäle der Ecksäulen bildet. Vom mittleren
Feld ist uns eine perspectivische Ansicht erhalten,
welche der Stadtschreiber Blums 1755 fertigte130).

m) Mitgetheilt durch Kemling, Dom. Hiernach unsere Fig. 57.
13°) Original in der Sammlung des Hist. Vereins zu Speier.
 
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