sprengte man freilich den reichsrechtlichen Rahmen einer Regentschaft. Anderer-
seits besaß Theophanu als gekrönte und gesalbte Kaiserin und corzsors die Autorität
zu dieser Handlung.
Wenn also die Diplome aus Gründen der Rechtsgültigkeit und durch die Ab-
wesenheit Ottos III. situationsbedingt im Namen Theophanus ausgefertigt wurden,
dann ließe sich hinter der Tatsache, daß die Intitulatio in der ersten Urkunde von
Rom in weiblicher, in der zweiten Urkunde aber in maskuliner Form erfolgte, auch
eine Diskussion um die Rechtswirksamkeit einer von einer Frau ausgestellten Ur-
kunde von reichsrechtlicher Tragweite vermuten. Die Kontroverse könnte dann da-
zu geführt haben, daß man für das in Ravenna ausgefertigte Diplom auf vor allem
hier noch sehr präsente römisch-byzantinische Rechtsformen zurückgriff und die
Kaiserin offiziell als Thccphanms ... Imperator angitshts titulierte.
Daß männliche Funktionstitel im 9. Jahrhundert besonders auf Herzogsebene
durchaus üblich waren und in den Quellen zum Beispiel für Beatrix von Oberlo-
thringen als domz'rza dzzx^ oder auch für Judith von Bayern als dax domma^ae^ zu fas-
sen sind, nimmt schließlich der TReopdarÜMS-Urkunde den Anschein von Exklusivität.
Im Vergleich mit allen anderen Kaiserinnen und Königinnen des Mittelalters,
die über die Jahrhunderte hinweg in unveränderter Weise als z'mperafrz'cgs aagastae
und/oder Romanoram rggz'wao bezeichnet wurden, sind die Titel Theophanus aller-
dings singulär. Da diese in rechtlicher Hinsicht aber nur schwer zu bestimmen sind,
lassen sich auch die dahinterstehenden Intentionen und Bedeutungen nur unscharf
erkennen. Eines aber steht zweifelsfrei fest: Theophanu wurde als einzige Kaiserin
des lateinischen Mittelalters je der Titel einer coz'mpgrafrz'x beigelegt.
Die Tatsache, daß sie Diplome in Angelegenheiten des Reiches in ihrem Namen
ausstellen ließ, ist hingegen nur für das 10. und 11. Jahrhundert ungewöhnlich,
denn am Ende des 12. Jahrhunderts agieren die Kaiserinnen Beatrix in Burgund und
Konstanze in Sizilien in ähnlicher Form^.
Impgrz'z rggtzorzzmzytzo corzsors
Im Blickfeld der Forschung stand neben den Titeln Theophanus die cozzsors-Formel,
die sich im hohen Mittelalter als Bezeichnung für die Königin durchgesetzt hatte
und nicht nur in den für das Formular des 10. bis 12. Jahrhunderts typischen Inter-
ventions- und Memorialformeln der Königsurkunden^, sondern auch in der histo-
riographischen Fiteratur zu finden ist. Erstmals eingesetzt wurde sie im mittelalter-
lichen Reich für Adelheid in einer in Fucca am 13. März 962, also knapp sechs
Wochen nach der römischen Kaiserkrönung, für die dortige Bischofskirche aus-
253 Belege bei BRÜHL, Deutschland - Frankreich S. 582 Anm.222 mit weiteren Beispielen; vgl. Hein-
rich FiCHTENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im
einstigen Karolingerreich (1984; ND 1992) S. 239f. mit Anm. 114.
254 So z. B. in DOI. 279 (965 April 3 Ingelheim) Schenkungsurkunde für einen Vasallen des Freisin-
ger Bischofs Abraham, namens Negomir, per z'ziferuezzhzzzz zHecte zHcz's zfozzzzzzc^Me hUzfe zrec zzozz et
orafa zroHs satz's carz epz'scopz A&rafze; vgl. dazu Kurt REiNDEL, Die bayerischen Luitpoldinger
893-989. Sammlung und Erläuterung der Quellen (Quellen und Erörterungen zur bayerischen
Geschichte N.F. 11,1953) Nr. 111 S. 224f.
255 Zur Herrschaftsausübung der Kaiserinnen in Burgund und Sizilien vgl. unten S. 356-363.
256 Zu den Interventionen der Königin in den Königsdiplomen vgl. unten S. 123-150.
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seits besaß Theophanu als gekrönte und gesalbte Kaiserin und corzsors die Autorität
zu dieser Handlung.
Wenn also die Diplome aus Gründen der Rechtsgültigkeit und durch die Ab-
wesenheit Ottos III. situationsbedingt im Namen Theophanus ausgefertigt wurden,
dann ließe sich hinter der Tatsache, daß die Intitulatio in der ersten Urkunde von
Rom in weiblicher, in der zweiten Urkunde aber in maskuliner Form erfolgte, auch
eine Diskussion um die Rechtswirksamkeit einer von einer Frau ausgestellten Ur-
kunde von reichsrechtlicher Tragweite vermuten. Die Kontroverse könnte dann da-
zu geführt haben, daß man für das in Ravenna ausgefertigte Diplom auf vor allem
hier noch sehr präsente römisch-byzantinische Rechtsformen zurückgriff und die
Kaiserin offiziell als Thccphanms ... Imperator angitshts titulierte.
Daß männliche Funktionstitel im 9. Jahrhundert besonders auf Herzogsebene
durchaus üblich waren und in den Quellen zum Beispiel für Beatrix von Oberlo-
thringen als domz'rza dzzx^ oder auch für Judith von Bayern als dax domma^ae^ zu fas-
sen sind, nimmt schließlich der TReopdarÜMS-Urkunde den Anschein von Exklusivität.
Im Vergleich mit allen anderen Kaiserinnen und Königinnen des Mittelalters,
die über die Jahrhunderte hinweg in unveränderter Weise als z'mperafrz'cgs aagastae
und/oder Romanoram rggz'wao bezeichnet wurden, sind die Titel Theophanus aller-
dings singulär. Da diese in rechtlicher Hinsicht aber nur schwer zu bestimmen sind,
lassen sich auch die dahinterstehenden Intentionen und Bedeutungen nur unscharf
erkennen. Eines aber steht zweifelsfrei fest: Theophanu wurde als einzige Kaiserin
des lateinischen Mittelalters je der Titel einer coz'mpgrafrz'x beigelegt.
Die Tatsache, daß sie Diplome in Angelegenheiten des Reiches in ihrem Namen
ausstellen ließ, ist hingegen nur für das 10. und 11. Jahrhundert ungewöhnlich,
denn am Ende des 12. Jahrhunderts agieren die Kaiserinnen Beatrix in Burgund und
Konstanze in Sizilien in ähnlicher Form^.
Impgrz'z rggtzorzzmzytzo corzsors
Im Blickfeld der Forschung stand neben den Titeln Theophanus die cozzsors-Formel,
die sich im hohen Mittelalter als Bezeichnung für die Königin durchgesetzt hatte
und nicht nur in den für das Formular des 10. bis 12. Jahrhunderts typischen Inter-
ventions- und Memorialformeln der Königsurkunden^, sondern auch in der histo-
riographischen Fiteratur zu finden ist. Erstmals eingesetzt wurde sie im mittelalter-
lichen Reich für Adelheid in einer in Fucca am 13. März 962, also knapp sechs
Wochen nach der römischen Kaiserkrönung, für die dortige Bischofskirche aus-
253 Belege bei BRÜHL, Deutschland - Frankreich S. 582 Anm.222 mit weiteren Beispielen; vgl. Hein-
rich FiCHTENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im
einstigen Karolingerreich (1984; ND 1992) S. 239f. mit Anm. 114.
254 So z. B. in DOI. 279 (965 April 3 Ingelheim) Schenkungsurkunde für einen Vasallen des Freisin-
ger Bischofs Abraham, namens Negomir, per z'ziferuezzhzzzz zHecte zHcz's zfozzzzzzc^Me hUzfe zrec zzozz et
orafa zroHs satz's carz epz'scopz A&rafze; vgl. dazu Kurt REiNDEL, Die bayerischen Luitpoldinger
893-989. Sammlung und Erläuterung der Quellen (Quellen und Erörterungen zur bayerischen
Geschichte N.F. 11,1953) Nr. 111 S. 224f.
255 Zur Herrschaftsausübung der Kaiserinnen in Burgund und Sizilien vgl. unten S. 356-363.
256 Zu den Interventionen der Königin in den Königsdiplomen vgl. unten S. 123-150.
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