Edikte gemäß römischen Staatsrechts nur durch den Imperator erlassen werden
konnten, weshalb zum Beispiel die von 780 bis 802 in Byzanz regierende Eirene/Ire-
ne Gesetzestexte als Basileus ausfertigen ließ^A
Fraglich hingegen ist, ob Theophanu ein Anspruch auf »die offizielle, von ihrem
... Regentenamt praktisch unabhängige Führung der Staatsgeschäfte«^ oder gar ei-
ne Absicht, die »Nachfolge im Hauptkaisertum« anzutreten^, unterstellt werden
kann. Denn über die beiden Urkunden hinaus gibt es keine weiteren Anhaltspunkte
dafür, daß sie die offizielle Stellung ihres Sohnes Otto III. als staatsrechtlich hand-
lungsfähigen, wenngleich minderjährigen Königes bestreiten und ihre unangefoch-
tene faktische Herrschaftsausübung, die sich in den Interventionsformeln nieder-
schlug^, auch nominell in den Urkunden dargestellt wissen wollte. Mit der Ausstel-
lung der von ihr als Regentin politisch verantworteten Urkunden in eigenem Namen
hätte sie aber nicht nur gegen lange praktiziertes Reichsrecht gehandelt, sondern wä-
re auch über das in Byzanz während der Regentschaften von Kaiserinnen für ihre
minderjährigen Söhne übliche Kanzleiformular hinausgegangen, demzufolge die
Regentin an zweiter Stelle nach der Intitulatio des Sohnes miturkundet^; auch Eire-
ne urkundete erst nach Absetzung, Blendung und Tod ihres Sohnes, des Thronfolgers
Konstantinos VI., in eigenem NamerEW
Ist die These, daß die beiden im Namen Theophanus ausgestellten Urkunden
mit reichsrechtlichem Inhalt über ihre Regentschaftsregierung hinausgehende Am-
bitionen der Kaiserin andeuten könnten, mangels weiterer Indizien als eher un-
wahrscheinlich zu bewerten, so eröffnet die Tatsache, daß es offensichtlich nur diese
beiden, für italische Empfänger und in Italien ausgefertigte Diplome gibt, eine wei-
tere, eher situationsbedingte Erklärung in der Abwesenheit Ottos III. Dieser nahm
am Romzug seiner Mutter nicht teil, sondern blieb in der Obhut des Mainzer Erzbi-
schofs Willigis in Deutschland. Üblicherweise war der Kindkönig als rechtmäßiger
Inhaber der Herrschaft bei reichspolitisch relevanten Verhandlungen, deren Ergeb-
nis in seinem Namen als Diplom schriftlich fixiert wurde, auch persönlich anwe-
send. Da dies in Italien nicht der Fall war, könnte man aus rechtlich-formalen Grün-
den davon Abstand genommen haben, die Urkunden im Namen Ottos III. zu ver-
fassen. Indem sie stattdessen im Namen der Kaiserin ausgestellt wurden^.
245 Rudolf HiESTAND, Eirene Basileus - die Frau als Herrscherin im Mittelalter, in: Der Herrscher.
Leitbild und Abbild in Mittelalter und Renaissance, hg. von Hans HECKER (Studia humaniora
13, 1990) S. 253-283, hier bes. S. 264-269. Vgl. auch Steven RuNCiMAN, The Empress Irene the
Athenian, in: Medieval Women. Dedicated and presented to Professor Rosalind M. T. Hill on the
Occasion of her seventieth birthday, hg. von Derek BAKER (Studies in Church History. Subsidia
1,1978)S.101-118.
246 ERKBNS, Frau als Herrscherin S. 256.
247 OHNSORGE, Heirat Kaiser Ottos II. S. 171 Anm. 190.
248 Zur Regentschaft und der rechtlichen Stellung des Kindkönigs vgl. Theo KÖLZER, Das König-
tum Minderjähriger im fränkisch-deutschen Mittelalter, HZ 251 (1990) S. 291-323; dazu auch
unten S. 328-331.
249 Zur Bedeutung der Interventionen der Königinnen in den Königsdiplomen S. 149f.
250 Vgl. MASLEV, Staatsrechtliche Stellung S. 319-334.
251 HiESTAND, Eirene Basileus S. 255f.
252 So auch ALTHOEF, Otto III. S. 68: »Die Tatsache, daß Otto III. seine Mutter auf diesem Romzug
nicht begleitete, hat dann wohl auch bewirkt, daß Theophanu mehrere Rechtsakte selbständig
beurkundete.«
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konnten, weshalb zum Beispiel die von 780 bis 802 in Byzanz regierende Eirene/Ire-
ne Gesetzestexte als Basileus ausfertigen ließ^A
Fraglich hingegen ist, ob Theophanu ein Anspruch auf »die offizielle, von ihrem
... Regentenamt praktisch unabhängige Führung der Staatsgeschäfte«^ oder gar ei-
ne Absicht, die »Nachfolge im Hauptkaisertum« anzutreten^, unterstellt werden
kann. Denn über die beiden Urkunden hinaus gibt es keine weiteren Anhaltspunkte
dafür, daß sie die offizielle Stellung ihres Sohnes Otto III. als staatsrechtlich hand-
lungsfähigen, wenngleich minderjährigen Königes bestreiten und ihre unangefoch-
tene faktische Herrschaftsausübung, die sich in den Interventionsformeln nieder-
schlug^, auch nominell in den Urkunden dargestellt wissen wollte. Mit der Ausstel-
lung der von ihr als Regentin politisch verantworteten Urkunden in eigenem Namen
hätte sie aber nicht nur gegen lange praktiziertes Reichsrecht gehandelt, sondern wä-
re auch über das in Byzanz während der Regentschaften von Kaiserinnen für ihre
minderjährigen Söhne übliche Kanzleiformular hinausgegangen, demzufolge die
Regentin an zweiter Stelle nach der Intitulatio des Sohnes miturkundet^; auch Eire-
ne urkundete erst nach Absetzung, Blendung und Tod ihres Sohnes, des Thronfolgers
Konstantinos VI., in eigenem NamerEW
Ist die These, daß die beiden im Namen Theophanus ausgestellten Urkunden
mit reichsrechtlichem Inhalt über ihre Regentschaftsregierung hinausgehende Am-
bitionen der Kaiserin andeuten könnten, mangels weiterer Indizien als eher un-
wahrscheinlich zu bewerten, so eröffnet die Tatsache, daß es offensichtlich nur diese
beiden, für italische Empfänger und in Italien ausgefertigte Diplome gibt, eine wei-
tere, eher situationsbedingte Erklärung in der Abwesenheit Ottos III. Dieser nahm
am Romzug seiner Mutter nicht teil, sondern blieb in der Obhut des Mainzer Erzbi-
schofs Willigis in Deutschland. Üblicherweise war der Kindkönig als rechtmäßiger
Inhaber der Herrschaft bei reichspolitisch relevanten Verhandlungen, deren Ergeb-
nis in seinem Namen als Diplom schriftlich fixiert wurde, auch persönlich anwe-
send. Da dies in Italien nicht der Fall war, könnte man aus rechtlich-formalen Grün-
den davon Abstand genommen haben, die Urkunden im Namen Ottos III. zu ver-
fassen. Indem sie stattdessen im Namen der Kaiserin ausgestellt wurden^.
245 Rudolf HiESTAND, Eirene Basileus - die Frau als Herrscherin im Mittelalter, in: Der Herrscher.
Leitbild und Abbild in Mittelalter und Renaissance, hg. von Hans HECKER (Studia humaniora
13, 1990) S. 253-283, hier bes. S. 264-269. Vgl. auch Steven RuNCiMAN, The Empress Irene the
Athenian, in: Medieval Women. Dedicated and presented to Professor Rosalind M. T. Hill on the
Occasion of her seventieth birthday, hg. von Derek BAKER (Studies in Church History. Subsidia
1,1978)S.101-118.
246 ERKBNS, Frau als Herrscherin S. 256.
247 OHNSORGE, Heirat Kaiser Ottos II. S. 171 Anm. 190.
248 Zur Regentschaft und der rechtlichen Stellung des Kindkönigs vgl. Theo KÖLZER, Das König-
tum Minderjähriger im fränkisch-deutschen Mittelalter, HZ 251 (1990) S. 291-323; dazu auch
unten S. 328-331.
249 Zur Bedeutung der Interventionen der Königinnen in den Königsdiplomen S. 149f.
250 Vgl. MASLEV, Staatsrechtliche Stellung S. 319-334.
251 HiESTAND, Eirene Basileus S. 255f.
252 So auch ALTHOEF, Otto III. S. 68: »Die Tatsache, daß Otto III. seine Mutter auf diesem Romzug
nicht begleitete, hat dann wohl auch bewirkt, daß Theophanu mehrere Rechtsakte selbständig
beurkundete.«
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