Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0242
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Memoria

Dz'g Sorg-g tzztz zfzb MgztzorM zzls »Azz/^afzgzi&gpgz'cfz«&p KöMzgz'zi
Der Memoria, die als Überwindung von Tod und Vergessen durch »Erinnerung«
und »Gedächtnis«^ ein allgemeines kulturelles Phänomen darstellt^, kam im Mit-
telalter größte Bedeutung zu. Totengedenken und Gebetsverpflichtung verbanden
Individuen und Gruppen unter- und miteinander und erhielten für den Adel über
die religiös-soziale Komponente hinaus eine herrschaftsstabilisierende und herr-
schaftslegitimierende Funktion^.
Bei der Initiierung und Durchführung der in verschiedenen liturgischen und
monastischen Formen ausgeprägten Memoria waren viele adlige und vor allem ver-
witwete adlige Frauen beteiligt, deren wichtigste Aufgabe nach Thietmar von Mer-
seburg darin bestehe, für das Seelenheil ihrer »kriegerischen Männer« zu fasten und
zu beten, Almosen zu verteilen und Messen zu stiften^. Diesem Ideal entsprachen
viele Königinnen, die aufgrund ihrer Stellung und ihres Vermögensstandes überre-
gional und in ungleich größerem Ausmaß als Herzoginnen und Gräfinnen Kirchen
und Klöster ausstatten und beschenken konnten, um als »Gegenleistung« für sich,
ihre Familien und diejenigen, mit denen sie sich im Gebetsbund verbrüdert hatten,
die Aufnahme in das Totengedenken zu erlangen.
Aufgrund des bislang noch sehr disparaten und punktuellen Quellen- und For-
schungsstandes läßt sich jedoch eine über Einzelbeobachtungen hinausgehende Ein-
schätzung des Stellenwerts der Aktivitäten der Königinnen für das mittelalterliche
Memorialwesen derzeit nicht geben. Lediglich für das 10. und bedingt auch für das
11. Jahrhundert kann festgestellt werden, daß sich vor allem Königinnen um die Me-
moria der Königsfamilie sorgten. Gerd Althoff hat gezeigt, daß in ottonischer Zeit die

425 Vgl. die Definition von O. G. OEXLE, in: LexMA 6 (1993) Sp. 510.
426 Zuletzt dazu der instruktive Überblick von Otto Gerhard OEXLE, Memoria als Kultur, in: DERS.
(Hg.), Memoria als Kultur (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 121,
1995)S.9-78.
427 Seit der programmatischen Studie von Karl ScHMiD, Religiöses und sippengebundenes Ge-
meinschaftsbewußtsein in frühmittelalterlichen Gedenkbucheinträgen, DA 21 (1965) S. 18-81 ist
zwischenzeitlich eine Vielzahl an Einzelstudien vorgelegt worden. Hier sei lediglich verwiesen
auf die den Gang der Forschung deutlich machenden Sammelbände: Memoria. Der geschichtli-
che Zeugniswert des liturgischen Gedenkens im Mittelalter, hg. von Karl ScHMiD und Joachim
WoLLASCH (Münstersche Mittelalter-Schriften 48,1984); Memoria in der Gesellschaft des Mittel-
alters, hg. von Dieter GEUENiCH und Otto Gerhard OEXLE (Veröffentlichungen des Max-Planck-
Instituts für Geschichte 111,1994); Memoria als Kultur (wie obige Anm.).
428 Eine Fülle von Belegen sind zusammengestellt bei LiPPELT, Thietmar S. 129f. Allgemein dazu
Patrick CoRBET, Pro anima senioris sui. La pastorale ottonienne du veuvage, in: PARissE (Hg.),
Veuves S. 233-253.

222
 
Annotationen