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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0243
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weiblichen Mitglieder der Familie, Königin Mathilde, Kaiserin Adelheid, Äbtissin
Mathilde von Quedlinburg sowie Kaiserin Kunigunde, »als die Verantwortlichen für
die Zusammenstellung und Bewahrung der Gedenknachrichten« zu gelten habend
Gut bezeugt ist in erster Linie in den erzählenden Quellen das Engagement der
Königin Mathilde, die unmittelbar im Anschluß an den Tod Heinrichs I. bei seiner
Grablege in Quedlinburg ein Kanonissenstift gründete, das in den Anfangs] ahren un-
ter ihrer Leitung auf die Memoria der ottonischen Familie verpflichtet wurde und das
sehr rasch zu dem Zentrum ottonischen Totengedenkens emporstieg. Dessen über
persönliche Verpflichtungen hinausgehende Bedeutung wird sinnfällig in einer in
den Viten geschilderten und der Forschungsliteratur häufig zitierten Szene, in der
Königin Mathilde kurz vor ihrem Tod ihrer gleichnamigen Enkelin als ihrer im Kreis
der gesamten Familie bereits zur Äbtissin geweihten Nachfolgerin in Quedlinburg
ein compMfan'Mm mit Namenseinträgen der Personen übergab, deren Gedenken be-
wahrt werden sollte^. Die Tradierung des Memorialzeugnisses demonstriert den
Willen zur Kontinuität und damit die Sorge um das von der Königin initiierte und
organisierte Gedenken im Rahmen der ottonischen Familie und Dynastie^.
Nach Quedlinburg gründete und erbaute die Königin weitere Klöster, deren
Gebets- und Lebensgewohnheiten sie maßgeblich prägte und die sie mehr oder we-
niger reich ausstatten ließ^L Der Darstellung ihrer über 30jährigen Witwenschaft in
den Quellen zufolge hat Mathilde ihr Leben nach dem Tod Heinrichs I. fast aus-
schließlich der Memoria der Ottonen gewidmet, so daß die als offizielle Darstellung
des sächsischen Hofes geltende und als Augenzeugennotiz stilisierte Einschätzung
der Aktivitäten der Königin durch Bischof Liudprand von Cremona kaum als über-
trieben beurteilt werden kann, wenn er schreibt,... Mitra otzzwcs z^Mzzs Mzügnttt H MMziz'g-
rzzzz ZMzzfrorzzzs, pro tMzcfonttzz expz'tzh'oMg (sc. Heinrichs I.) ccicHg gxgzpzz'zzrMzrz q^zfz'Mrzz uz-
oczM^Mg Dgo tzosh'zzzM o^rg zzorz dgsz'rzz't..
Ihrem Beispiel folgten die Kaiserinnen Adelheid und Kunigunde, auch wenn
sich deren Lebensumstände anders gestalteten. Während sich Kunigunde nach dem
Tod Heinrichs II. ganz vom Hof in ihre Klostergründung Kaufungen als Nonne
zurückzog^, stand Adelheid durch die Regentschaft für ihren Enkel Otto III.
während ihrer 26jährigen Witwenzeit zeitweilig in der Regierungsverantwortung.
Dennoch hat gerade auch Adelheid in sehr ausgeprägter Weise für die Memoria der
ottonischen wie auch ihrer eigenen burgundischen Familie Vorsorge getragen.
Neben ihren Klosterstiftungen in Burgund, Italien und im Elsaß^, mit denen
sie in gewisser Analogie zu den sächsischen Gründungen ihrer Schwiegermutter
memoriales Gedenken institutionalisierte, lassen sich für Adelheid wie auch ihre
Nachfolgerinnen viele Formen der Initiierung von Memoria nachweisen. Mit
großzügigen und kostbaren Schenkungen aller Art einschließlich urkundlich be-

429 Gerd ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien
zum Totengedenken der Billunger und Ottonen (Münstersche Mittelalter-Schriften 47, 1984)
S. 238.
430 Zum Kontext vgl. unten S. 237.
431 ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien S. 169.
432 Zu den Klostergründungen der Königin vgl. unten S. 231-237.
433 Liudprand von Cremona, Antapodosis IV 15 S. 112f.
434 Zur Gründung Kaufungens siehe S. 245-249.
435 Zu den Klosterstiftungen Adelheids S. 237-244.

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