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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0367
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»Statthalterschaften«

DettlscMatztf z'zz oüohz'sdzgr Zez'i
In Zeiten der Abwesenheit des Herrschers lag in ottonischer Zeit die Reichsregie-
rung in den Händen von Stellvertretern aus den Reihen der am Hof einflußreichen
geistlichen und weltlichen Großen. Hin und wieder übernahmen diese Aufgabe
auch weibliche Mitglieder des Königshauses wie zum Beispiel die Äbtissin Mathil-
de von Quedlinburg während des zweiten Italienzugs Ottos III. 997, die vor dem
Aufbruch in einem eigenen Ernennungsakt damit beauftragt und zur zzzafrz'cz'c er-
nannt worden war^.
In einigen Fällen dürften auch Königinnen zeitweilige »Statthalterschaften« im
Reich wahrgenommen haben. Auffallenderweise sind offiziell erteilte Aufträge
durch den Herrscher wie bei Mathilde von Quedlinburg quellenmäßig jedoch kaum
zu erfassen. Äußerst fraglich ist es deshalb, ob Otto I. für die Zeit seines zweiten Ita-
lienzugs in den Jahren 961-965 seine Mutter, Königin Mathilde, und seinen uneheli-
chen Sohn, Erzbischof Wilhelm von Mainz^, offiziell mit dieser Aufgabe betrau-
te^. Überliefert ist dies allein durch die zu Beginn des 11. Jahrhunderts entstande-
ne, als historische Quelle allerdings problematische Vita Mathildis posterior^. Sie
teilt mit, daß der König vor dem Aufbruch zur Kaiserkrönung nach Rom das Reich
und seinen kleinen Sohn Otto seiner frommen Mutter und dem Erzbischof Wilhelm
anvertraut habe^°. Im Gegensatz dazu berichtet Ruotger in der Vita Brunonis, Otto
I. habe seinen Sohn der Obhut der Erzbischöfe, des Onkels und des Bruders, über-

166 Dies besagt die wahrscheinlich auf Otto III. selbst zurückgehende Grabinschrift der Äbtissin:...
Oho Imperator nepos ez'us Ifaü'am a&'torus z'zivz'ce suz Saxonz'e preposoz'f Mafrz'cz'am ..., Text nach Ed-
mund E. STENGEL, Die Grabinschrift der ersten Äbtissin von Quedlinburg, DA 3 (1939)
S. 361-370, zit. S. 362. - Während Carl ERDMANN, Die Würde des Patricius unter Otto III., in:
DERS., Forschungen zur politischen Ideenwelt des Frühmittelalters. Aus dem Nachlass des Ver-
fassers hg. von Friedrich BAETHGEN (1951) S. 92-111, hier S. 97-99 davon ausgegangen ist, daß
die Statthalterschaft der Äbtissin für das gesamte Reichsgebiet gegolten habe, engte zuletzt
GÖRiCH, Otto III. S. 54-56 den Geltungsbereich erneut auf Sachsen ein; vgl. auch GiESE, Stamm
der Sachsen S. 130f.; GLOCKER, Verwandte der Ottonen S. 205; ALTHOFF, Otto III. S. 132.
167 Vgl. den biographischen Überblick bei GLOCKER, Verwandte der Ottonen S. 135-153.
168 KETSCH, Aspekte S. 34 nimmt die Nachricht der Vita posterior als Faktum und wertet es als eine
geradezu »revolutionäre Entscheidung Ottos I.«, durch die Mathilde »als erste Frau in Deutsch-
land das Amt einer Statthalterin« innegehabt habe und somit »in Abwesenheit des Königs mit
der Führung der Regierungsgeschäfte beauftragt« worden sei.
169 Zur Quellenproblematik vgl. oben S. 257-259.
170 Tbnc commenzfazis zrgMMm et Ohoziem paruMm/zlzzzm szzzzrn pz'e mafrz ef arcfzzbpz'scopo WzIMzno, Vita
Mathildis posterior c. 21, ed. SCHÜTTE S. 186.

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