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Fößel, Amalie; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Königin im mittelalterlichen Reich: Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume — Mittelalter-Forschungen, Band 4: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.26280#0339
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Regentschaften

TJzeopfzawzz A&llzgz'4 (934-994)
Mit der Übernahme der Reichsregierung durch die ztupgrzalgs 4oi?zz'ti%g, Theophanu
und Adelheid, für den minderjährigen Otto III. 984, befanden sich die beiden Kaise-
rinnen in einer Position, die von den Herrscherinnen häufig in merowingischer Zeit
bekleidet werden mußte. Unter den Karolingern hingegen hatte es nur mehr selten
Kindkönige gegeben, deren Herrschaft es zu sichern galtL Zuletzt trat diese Situati-
on nach dem Tod Arnulfs von Kärnten im Jahre 899 ein. Doch Oda^, der Mutter des
6jährigen Thronerben Ludwig, gelang es nicht, sich politisch durchzusetzen. Frag-
lich bleibt aufgrund mangelnder Überlieferung, ob sie im Kampf um die Herrschaft
überhaupt eine Rolle spielen konnte. Denn kurz vor dem Tod des Kaisers war gegen
sie eine Ehebruchsklage angestrengt worden, von der sich ebenfalls nicht mehr be-
urteilen läßt, ob sie gerechtfertigt war oder nichü. Geht man mit Johannes Fried da-
von aus, daß die offiziell verhandelten Vorwürfe des Ehebruchs nicht ohne Zustim-
mung Arnulfs erfolgt sein konnten^, erscheint es nicht unwahrscheinlich, daß diese
öffentliche Demütigung nicht zuletzt deshalb in Szene gesetzt wurde, um Oda poli-
tisch auszuschalten. Denn im Verlauf der langen Krankheit Arnulfs infolge eines
Schlaganfalls nach der Kaiserkrönung in Rom 896 sind zwischen ihm und den
Großen des ostfränkischen Reiches sicherlich auch Gespräche über die Thronfolge
seines Sohnes Ludwig und eine eventuelle Regentschaft geführt worden. Dabei
könnte es dem Adel gelungen sein, die Kaiserin^ aus der politischen Verantwortung
auszuschließen. Es wäre also denkbar, daß man, um Oda vollends zu diskreditieren,
zu einer extremen Maßnahme griff und gegen sie eine Gerichtsklage anstrengte, die
sie trotz des Freispruchs mit 72 Eidhelfern politisch »ins Aus« stellen mußteL In den

1 Eine Zusammenstellung weiblicher Regentschaften seit dem 5. Jahrhundert bei Günther WOLF,
Königinwitwen als Vormünder ihrer Söhne und Enkel im Abendland zwischen 426 und 1056,
in: DERS. (Hg.), Kaiserin Theophanu S. 39-58.
2 Gegen die These, Oda stamme aus der Sippe der Konradiner, neuerdings Donald C. JACKMAN,
The Konradiner. A Study in Genealogical Methodology (Ius Commune. Sonderheft 47, 1990)
S.135-138.
3 Ernst DÜMMLER, Geschichte des ostfränkischen Reiches 3 pl888) S. 462f. - Zu den im 9. Jahr-
hundert vermehrt auftretenden Ehebruchsklagen gegen Königinnen als Ausdruck einer neuen
machtpolitischen Rolle der Königin vgl. Genevieve BÜHRER-TmERRY, La reine adultere, Cahiers
de civilisation medievale 35 (1992) S. 299-312.
4 FRIED, Weg in die Geschichte S. 442.
5 Die gemeinsame Kaiserkrönung von Arnulf und Oda in Rom durch Papst Formosus im Februar
986 hält DÜMMLER, Geschichte 3 S. 420 für »wahrscheinlich«.
6 Reg. Imp. I Nr. 1954a.

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