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Vogtherr, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Reichsabteien der Benediktiner und das Königtum im hohen Mittelalter: (900 - 1125) — Mittelalter-Forschungen, Band 5: Stuttgart, 2000

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https://doi.org/10.11588/diglit.30326#0068
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56

Der Rechtsstatus der Reichsabteien

und auch darüber hinaus bleibt die Führung des Stifts in der salischen Familie bzw.
in ihrem unmittelbaren Umkreis.
Freilich ist im Unterschied zur ottonischen Zeit festzustellen, daß das Stift we-
der in auch nur annähernd vergleichbarem Umfang mit Besitzschenkungen verse-
hen worden ist, noch hätten seine Vorsteherinnen in der Politik des Reiches irgend-
eine merkliche Rolle zu spielen vermocht. Ganz im Gegenteil: Kam es, wie 1057,
zwischen der Abtissin und den Kanonissen zu einem Streit um die Verlehnung von
Stiftsgütern an Ministerialen, so konnte sie keineswegs sicher sein, bei Hofe die
nötige Unterstützung für ihre Position zu finden, sondern mußte wie in diesem
Falle auch eine Niederlage in Kauf nehmen^.
Nichtsdestoweniger blieb, weit über die salische Zeit hinaus, der Rechtsstatus
Gandersheims als eines Reichsstifts unbestritten. Noch in staufischer Zeit spielte
das Stift in der Reichspolitik eine gewisse Rolle, aber die zentrale Stellung, die es al-
lein bis 936 für die ottonische Familie besessen und die es bis zur Jahr tausend wende
mit Quedlinburg geteilt hatte, war unwiderruflich dahin.

b. Quedlinburg, Nordhausen, Pöhlde und Enger - die Stiftun-
gen der Königin Mathilde
Nach dem Tode Heinrichs I. hat Königin Mathilde (+ 968) eine Reihe von Stiften
und Klöstern errichtetQ die großenteils auf ihrem Eigengut entstanden, deren Aus-
stattung jedoch zumeist durch Reichsgutübertragungen erweitert worden. Unter
diesen Stiftungen sind vor allem die Damenstifte St. Servatius in Quedlinburg und
Hl. Kreuz in Nordhausen hervorzuheben. Daneben gehen auf ihre Initiative Kolle-
giatstifte in Pöhlde^ und EngeN sowie das Stift St. Wiperti in Quedlinburg zurück,
die freilich von geringerer Bedeutung für die Familie gewesen zu sein scheinen.
In ihren Gründungen, über die urkundliche und historiographische Quellen
vorliegend manifestiert sich vor allem die Sorge Mathildes um die Memoria der
ottonischen Familie, derer in vielen der Urkunden zugunsten dieser Stiftungen ge-
dacht wircU und die auch im Begräbnis Heinrichs I. und Mathildes in Quedlinburg

16 BOSHOF, Salier, S. 1686, der Beatrix' Politik als den Versuch deutet, »einen Rückhalt im Lande für
ihre Aufgabe als Vertreterin des Reiches« zu schaffen.
17 Über Mathildes Rolle in der ottonischen Memoria vgl. vor allem ALTHOFF, Adels- und Königsfa-
milien, S. 166-172 u. ö.
18 Gegründet zwischen 946 und 950 (Vita Mathildis posterior, hg. SCHÜTTE, c. 15, S. 172f.) auf dem
Wittum der Mathilde (Übertragung: MGH DD H 1 20), 974 durch Otto 11. an das Bistum Merse-
burg (Thietmar von Merseburg, Chronik, hg. HOLTZMANN, III, 1, S. 98f.), 981 an das Erzbistum
Magdeburg (MGH DD O II 259), Umwandlung in ein Benediktinerkloster, seither in magdebur-
gischem Besitz. - Vgl. JANKOWSKI, Pöhlde.
19 Gegründet vor 947 (MGH DD O I 91), Verleihung von Königsschutz, Immunität u. a. 950 (ebd.
123), 968 durch Otto I. an das Erzbistum Magdeburg (ebd. 361, DD O II18).
20 Vor allem die beiden Mathildenviten, deren frühere um 973/74 (hg. SCHÜTTE, S. 10), deren spä-
tere wohl bald nach 1002, jedenfalls vor 1012/13, entstanden ist (hg. SCHÜTTE, S. 42f.). Als Entste-
hungsort der Vita antiquior kommt am ehesten Nordhausen, eventuell Quedlinburg, in Frage
(ebd., S. llf.); der Entstehungsort der Vita posterior ist nicht näher auszumachen (ebd., S. 43f.). -
Die zahlreichen urkundlichen Quellen in MGH DD O I.
21 ALTHOFF, Adels- und Königsfamilien, S. 166-193 und passim.
 
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