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Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Hehl, Ernst-Dieter [Bearb.]
Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts — Mittelalter-Forschungen, Band 6: Stuttgart, 2002

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Hehl, Ernst-Dieter: Das Papsttum in der Welt des 12. Jahrhunderts. Einleitende Bemerkungen zu Anforderungen und Leistungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.34720#0016

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Ernst-Dieter Hehl

dert ist das Bild eindeutig. Den 1248 Urkunden aus der 38jährigen Regierungszeit
Friedrich Barbarossas stehen rund 6000 Stücke Papst Alexanders III. gegenüber,
dessen Pontifikat nur 22 Jahre dauerte. Von Dezember 1154 bis August 1159 hat Bar-
barossa 189 Urkunden ausgestellt, der in diesem Zeitraum amtierende Papst, Hadri-
an IV., etwa das Fünffache, nämlich knapp 10005.
Bei alldem muß man sich vor Augen halten, daß die hier genannten Zahlen für
die Papsturkunden nur annähernd präzise sein können. Nur für das 10. Jahrhundert
und die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts (1046) sind die Papsturkunden kritisch
ediert und nachzählbar6. Für die Zeit danach ist die Forschung noch mit der Ergän-
zung des in den Jaffeschen Regesten erfaßten Materials beschäftigt. Nachdem die
Regestenwerke der Italia Pontificia fast und Germania Pontificia zu einem guten
Teil vollendet sind, ist für die Gallia Pontificia soeben der erste Band für Burgund
erschienen7. Für die britischen Inseln, die Iberische Halbinsel und den Kreuzfahrer-
orient sind in den sogenannten Vorarbeiten zahlreiche Textfunde veröffentlicht wor-
den, der Schritt zu einer vollständigen Erfassung des Urkundenmaterials in einem
Regestenwerk konnte (bisher) noch nicht getan werden. Die Zahlen für die Papstur-
kunden werden sich weiterhin gegenüber den oben genannten erhöhen8. Und es
wäre auch zu bedenken, wie weit diese Zahlen bei den frühen auf Papyrus geschrie-
benen Papsturkunden durch materialbedingte Verluste bedingt sind9.
Doch nicht zuletzt gibt es innerhalb der Papsturkunden, wenn wir darunter al-
le Dokumente verstehen, die in der päpstlichen Kanzlei entstanden sind, neben den
Privilegien eine Gattung, die auf königlicher Seite fast völlig fehlt: die Papstbriefe in
allen Schattierungen, als Mittel der Information, der Ermahnung und des Befehls.
Es sind Sonderformen der Überlieferung, in denen diese Briefe bewahrt sind.

S. 119f. (Leo IX.), S. 126ff. (Urban II.). Für Leo fügt Hiestand den 182 bei Jaffe erfaßten Urkunden
19 neue Stücke hinzu, für Urban II. kommen zu den 458 Jaffe-Nummem weitere 74. Als Gesamt-
zahlen ergeben sich für Leo IX. 201, für Urban II. 532 Urkunden. - Für das 12. Jahrhundert hat
die in der folgenden Anm. genannte Arbeit von Rudolf Hiestand die Berechnungsbasis bereits
erweitert.
5 Rudolf Hiestand, Die Leistungsfähigkeit der päpstlichen Kanzlei im 12. Jahrhundert mit ei-
nem Blick auf den lateinischen Osten, in: Papsturkunde und europäisches Urkundenwesen.
Studien zu ihrer formalen und rechtlichen Kohärenz vom 11. bis 15. Jahrhundert, hg. von Peter
Herde und Hermann Jakobs (Archiv für Diplomatik, Beiheft 7), Köln 1999, S. 1-26, bes. die Ta-
belle S. 23 (Hadrian IV.: 973 Urkunden; Alexander III.: 5733) und S. 3f. zu den Erschließungsar-
beiten. Hiestand rechnet für das 12. Jahrhundert mit »knapp 20000 Papsturkunden« (S. 4). Vgl.
dazu noch Frank M. Bischoff, Urkundenformate im Mittelalter. Größe, Format und Proportio-
nen von Papsturkunden in Zeiten expandierender Schriftlichkeit (11.-13. Jahrhundert) (elemen-
ta diplomatica 5), Marburg 1996, S. 15ff. Bischoff ermittelt für die Zeit von 753 bis 1197 25000 Ur-
kunden, wovon 6224 auf Alexander III. entfallen (S. 25); für das 12. Jahrhundert setzt er wie Hie-
stand 20000 an (S. 4); vgl. auch Hiestand S. 1 Anm. 1 zur von Bischoff abweichenden
Zählweise.
6 Harald Zimmermann, Papsturkunden 896-1046, 3 Bde. (Österreichische Akademie der Wis-
senschaften. Philosophisch-historische Klasse, Denkschriften 174, 177, 198), Wien 1988/89
(Bd. 1 und 2 in 2. Aufl.).
7 Siehe unten eine erste Auswertung unter spezifischer Fragestellung: Dietrich Lohrmann, Das
Papsttum und die Grafschaft Burgund im 11.-12. Jahrhundert.
8 Zum aktuellen Stand siehe die in Anm. 5 genannten Arbeiten von Hiestand und Bischoff.
9 Leo Santifaller, Beiträge zur Geschichte der Beschreibstoffe im Mittelalter. Mit besonderer
Berücksichtigung der päpstlichen Kanzlei (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Ge-
schichtsforschung. Ergänzungsband 16), Graz 1953.
 
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