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Schlick, Jutta; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
König, Fürsten und Reich: (1056 - 1159) ; Herrschaftsverständnis im Wandel — Mittelalter-Forschungen, Band 7: Stuttgart, 2001

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34721#0017
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König, Fürsten und Reich - Eine Einführung in das Thema

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mata, Aufstände, Kriege)? Auch das Verhältnis der Fürsten untereinander, etwa
zwischen weltlichen und geistlichen Großen, oder die Beziehungen innerhalb die-
ser Gruppen werden im Hinblick auf mögliche Hierarchien, Partikularinteressen
und Interessengemeinschaften zu betrachten sein.
Wenn hier von »Fürsten« die Rede ist, dann ist in der Regel jener engere Kreis
von geistlichen und weltlichen Großen gemeint, der durch Adel, Besitz und Herr-
schaftsrechte Anspruch auf Regierungsbeteiligung, auf Teilhabe am Reich erheben
konnte und sich insofern von der Masse der Adligen abhob. Doch handelte es sich
keinesfalls schon um eine fest definierte Gruppe, wie sie uns etwa am Ende des
12. Jahrhunderts mit dem Reichsfürstenstand entgegentritt, sondern um eine noch
wechselnde Zahl von hohen Amtsträgern, die in irgendeiner Weise - genauer läßt
es sich beim derzeitigen Forschungsstand leider noch nicht auf den Begriff bringen
- mit dem Herrscher oder dem Reich verknüpft sind . In diesem Sinn einer engeren
Beziehung zum Reich ist auch der bisweilen verwendete Begriff »Reichsfürsten« zu
verstehen, nicht aber als Terminus technicus für die Mitglieder des späteren Reichs-
fürstenstands.
Der zeitliche Rahmen der Arbeit ist mit dem Jahrhundert zwischen 1056 und
1159 gesteckt. Die beiden Daten sind nicht gerade übliche Epochengrenzen, doch
bieten sie sich für dieses Thema an: Die Herrschaftsübernahme des noch minder-
jährigen Heinrich IV. und die als mangelhaft empfundene Regentschaft seiner Mut-
ter leiteten ein verstärktes Engagement der Fürsten für Reichsbelange ein, das Hein-
rich später nicht mehr eindämmen konnte. Sein autokratischer Herrschaftsstil
begegnete einem gesteigerten fürstlichen Selbstbewußtsein, und die sich daraus er-
gebenden Differenzen gipfelten schließlich 1077 in der Absetzung des Königs durch
die oppositionellen Großen. Gleichzeitig postulierten diese für künftige Königs-
wahlen das freie Wahlrecht, womit sich das Verhältnis von König und Fürsten ent-
scheidend verschob: Der Herrscher war jetzt nicht mehr der von Gott selbst ein-
gesetzte nzcarztts Cfzn'sü, sondern nun erschienen die Fürsten als Verkünder des
göttlichen Willens und entschieden über die Idoneität des Thronanwärters. Man
kann beobachten, wie die Großen hier Schritt für Schritt ihre - schon immer aus-
geübte - Beteiligung an der Herrschaft zu institutionalisieren begannen.
Der Ausbruch des Alexandrinischen Schismas 1159 leitete eine völlig neue Epo-
che ein. Die Aufmerksamkeit nahezu aller Beteiligten konzentrierte sich nun auf
den Konflikt zwischen Kaiser und Papst, und der Blick weitete sich auf ganz Europa
aus, das von dem Schisma betroffen war (bereits bei der zwiespältigen Papstwahl
von 1130 deutete sich diese Erweiterung der Perspektive an), während die Ent-
wicklung der Beziehung zwischen Herrscher und Fürsten durch die Einbindung
der Großen in die Herrschaftskonzeption und -legitimation Friedrichs I. einen vor-
läufigen Abschluß gefunden hatte. Erst 1180 sollte mit dem Sturz Heinrichs des
Löwen erneut ein Wendepunkt im königlich-fürstlichen Verhältnis eintreten, in dem
sich - paradoxerweise - zugleich das Scheitern Barbarossas manifestierte^; die
Grundlage, auf der sowohl die Herzogsherrschaft des Welfen als auch die Königs-

7 Vgl. dazu GoETZ, Fürst, Fürstentum, und zuletzt die Studie von WiLLOWEiT, Fürst und Fürsten-
tum, bes. S. 15f.
8 Vgl. dazu WEiNFURTER, Die Entmachtung Heinrichs des Löwen, S. 187-189.
 
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