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Seibert, Hubertus; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Grafen, Herzöge, Könige: der Aufstieg der frühen Staufer und das Reich (1079 - 1152) — Mittelalter-Forschungen, Band 18: Ostfildern, 2005

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Görich, Knut,: Wahrung des honor. Ein Grundsatz im politischen Handeln König Konrads III.
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https://doi.org/10.11588/diglit.34732#0281
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Wahrung des honor

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Mit der Akzentuierung von Schmach und Ruhm, Schande und Ehre zeigte
sich Konrad Kategorien verpflichtet, von denen er wusste, daß sie die Wahr-
nehmung und Beurteilung seines Handelns bestimmten. Moderne Historiker
beurteilen Konrads Politik unter ganz anderen Kategorien, und sie sind - das ist
ebenso bekannt wie einer Wiederholung wert - dabei auch immer vom Erkennt-
nisinteresse, von Sehnsüchten und Hoffnungen ihrer eigenen Gegenwart ge-
prägt. Während des 19. Jahrhunderts lag es für die Mediävisten nahe, in der
Geschichte der mittelalterlichen Kaiserzeit zu suchen, was sich ihre eigene Ge-
genwart wünschte: Ein deutsches Reich unter einem starken Königtum mit he-
gemonialer Stellung in Europa. Aus dieser Perspektive waren vor allem zwei
Gegner des Königtums zu beklagen: Zum einen das Papsttum, das seit dem
Investiturstreit konsequent auf eine Überordnung über die weltliche Gewalt
hinzuarbeiten und die zuvor auch sakrale Legitimation des Königtums systema-
tisch zu zerstören schien. Als verlängerter Arm des Papstes erschien der Reichs-
episkopat; sein Interesse schien sich mit dem der weltlichen Fürsten in der Ab-
lehnung eines starken Königtums zu treffen - Papsttum und Fürsten also als
Totengräber eines mächtigen Reichs unter einem starken König. In der Herr-
schaft Konrads III. ließ sich diese Konstellation geradezu idealtypisch auf zeigen:
Unter maßgeblichem Einfluß eines Papstlegaten gewählt, von eigennützigen
Bischöfen umstellt, schwächte Konrad in aussichtslosen Konflikten mit den
Welfen Ressourcen und Ansehen des Königtums. Die 1883 erschienenen
»Jahrbücher der Deutschen Geschichte unter Konrad III.« von Wilhelm Bern-
hardi sind ein besonders anschauliches Beispiel für dieses skizzierte Ge-
schichtsbild. Auf Schritt und Tritt begegnen vernichtende Urteile über den
schwachen König Konrad: »Fortwährend schwankt er hin und her und ergreift
nie das Richtige«, er liegt »gefangen in den Netzen der römischen Kirche«6,
wird beraten von einem »schlaue(n) Bischof« wie Albero von Trier, in dem
»das particulare Interesse ... das allgemeine, wie es in der Person des Königs
verkörpert war, vollkommen zurücktreten« ließ7. Das ältere Bild eines »Pfaf-

6 WILHELM Bernhardi, Jahrbücher der Deutschen Geschichte: Konrad III., Leipzig 1883, ND
Berlin 1975, S. 928. Freilich beklagt schon PHILIPP JAFFE, Geschichte des deutschen Reiches unter
Conrad dem Dritten, Hannover 1845, S. 208, »des Königs schwankende(n), fremden Einflüssen
ergebene(n) und durchgreifender Kraft entbehrende(n) Character«.
7 BERNHARDI, Jahrbücher (wie Anm. 6), S. 112f. BERNFLARDIs Urteil über Albero steht in genauem
Gegensatz zur Wertung in den Quellen, dazu unten, Anm. 110. Ähnlich deutlich beim Hoftag
von Frankfurt 1142; BERNHARDI spricht S. 278 angesichts der Aussöhnung mit den Sachsen und
der Heirat der Herzogin Gertrud mit Heinrich Jasomirgott von einer »Niederlage des König-
tums durch das particulare Element«. Demgegenüber betonen die Quellen die Erlangung des
ersehnten Friedens (Annales Palidenses, ed. Georg HEINRICH PERTZ, MGH SS 16, Hannover
1859, S. 48-98, S. 81 Z. 3f.: et hac occasione federatis sibi principibus, pax optata regioni tribuitur) oder
die Schlichtung fürstlicher Streitigkeiten als Aufgabe des Königs (Chronica regia Coloniensis,
cum continuationibus in monasterio S. Pantaleonis scriptis aliisque historiae Coloniensis mo-
numentis, ed. GEORG WAITZ, MGH SS rer. Germ. 18, Hannover 1880, S. 78:... ac deinde ipsos prin-
cipes inter se dissidentes, ut decuit regem, pacificare curavit). Dieser zeitgenössischen Wahrnehmung
gewinnt BERNHARDI aber keine positive Einschätzung des Königs ab.
 
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