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Burkhardt, Julia; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Reichsversammlungen im Spätmittelalter: politische Willensbildung in Polen, Ungarn und Deutschland — Mittelalter-Forschungen, Band 37: Ostfildern, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.34753#0173
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172

D. Deutsche Reichsversammlungen

II. Deutsche Reichsversammlungen als Ereignis
Im Frühjahr 1461 fanden sich zahlreiche Kurfürsten und bedeutende Fürsten
des Reichs in Nürnberg zu einer Versammlung ein.^' Den Anlass für die Zu-
sammenkunft hatte, dies belegt ein Schreiben, das die Kurfürsten von Mainz,
Pfalz und Brandenburg von Nürnberg aus an Kaiser Friedrich III. richteten,
eine grundlegende Unzufriedenheit und Kritik der Fürsten an der politischen
Situation und Verfassung des Reichs gegeben. In ihrem Brief beklagten sie das
Fehlen einer durchgreifenden Regierung in allen Reichsgebieten, eines all-
gemeinen Reichsfriedens sowie jeglicher Rechts- und Gerichtsordnung. Das
Reich sei vielmehr durch Missbrauch, Unordnung und Streit im Innern instabil
und zugleich anfällig für Angriffe von außen geworden. Um diese Missstän-
de zu beseitigen und die Lage des Reichs zu verbessern, sei die Nürnberger
Versammlung zusammengerufen worden. Da die Ordnung des Reichs jedoch
eigentlich eine Aufgabe sei, die nur von Kaiser und Kurfürsten gemeinsam
angegangen werden könne, forderten sie den Kaiser dazu auf, die nun schon
15jährige Phase seiner Abwesenheit vom Reich zu beenden und Ende Mai zu
gemeinsamen Beratungen nach Frankfurt zu kommen.^ Diese Forderung wur-
de auch gegen Ende der fürstlichen Beratungen in den Abschied der Versamm-
lung aufgenommen. Wie der brandenburgische Gesandte Peter Knorr berich-
tete, war neben der gemeinsamen kritischen Stellungnahme zu der von Papst
Pius II. geforderten >Türkensteuer< vereinbart worden, einen Tag in Frankfurt
zu beschicken, auf dem verschiedene Fragen und Probleme die gemei/H nadon
&erMrende entschieden werden sollten.^ Angelegenheiten des gesamten Reichs
sollten, das wurde deutlich gemacht, auch gemeinsam von den Fürsten und
Herren dieses Reichs verhandelt und beschlossen werden.
Auf diese energische Initiative reagierte Kaiser Friedrich III. rasch. Bereits
Anfang April schickte er ein schriftliches Gebot an den Frankfurter Rat, in wel-
chem er dem Rat zunächst grundsätzlich untersagte, den von den Kurfürsten
geplanten Tag zu besuchen. Ohne seinen besonderen kaiserlichen Befehl habe

53 In seinem Bericht an den Frankfurter Rat beschrieb der Gesandte Heinrich Katzmann die An-
kunft der Kurfürsten von Mainz, Brandenburg und der Pfalz sowie verschiedener Fürsten.
Vgl. Nr. 248, in: Frankfurts Reichscorrespondenz 2,1, S. 149. Die Erzbischöfe von Köln und Tri-
er waren durch Räte vertreten. Vgl. dazu auch die Zeugenliste auf dem Nürnberger Abschied
vom 6. März 1461, in: BACHMANN, Briefe und Acten, Nr. 58, hier S. 79f.
54 Schreiben vom 1. März, in: Frankfurts Reichscorrespondenz 2,1, Nr. 249, S. 149-152. Fried-
rich III. hielt sich zu jener Zeit in Österreich auf, wo er militärische Maßnahmen gegen sei-
nen Bruder Albrecht vorbereitete, mit dem er um das habsburgische Erbe stritt. Die nach-
drücklichen Forderungen der Kurfürsten bezogen sich auf Friedrichs III. »territorialpolitisch
bedingte Absorption vom Reich« (Heinig): Seit dem Nürnberger Reichstag von 1444 hatte
der Kaiser keine Reichsversammlung im Binnenreich mehr besucht. HEiNiG, Friedrich III., S.
499. Sein auch in der Forschung mehrfach thematisiertes »Randkönigtum« (Moraw) und sei-
ne »Reichsferne« wurden, dies belegt das kurfürstliche Schreiben von 1461, bereits von den
Zeitgenossen registriert und auch stark kritisiert. Vgl. dazu Kapitel D.1.2. sowie MoRAw, Von
offener Verfassung, S. 379f.
55 Bericht Peter Knorrs über den »Ausgang des Nürnberger Kurfürstentages« an Friedrich von
Brandenburg, in: BACHMANN, Briefe und Acten, Nr. 58, S. 77.
 
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