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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Maleczek, Werner: Die eigenhändigen Unterschriften der Kardinäle – ein Spiegelbild ihrer Persönlichkeit? Mit einem Überblick über eigenhändige Unterschriften auf Urkunden vom Frühmittelalter bis ins 13. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0300

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Die eigenhändigen Unterschriften der Kardinale - ein Spiegelbild ihrer Persönlichkeit? 299

Johannes Laudage hat in seinem kurzen und Odilo Engels hat in seinem lan-
gen wissenschaftlichen Leben Kardinale des 12. Jahrhunderts mit in die Forschung
einbezogen207. Sie haben dabei über Persönlichkeiten nachgedacht, die ihre Stel-
lung zwar ausschließlich päpstlicher Gunst verdankten, die aber durch ihren Rat,
ihr Mitwirken an der kurialen Gerichtsbarkeit, ihre Tätigkeit als Legaten und Be-
wältigung anderer Aufgaben im Umkreis des Papstes dessen Kirchenregiment
entscheidend mittrugen und mitgestalteten. Man weiß relativ viel über diese zen-
tralen Gestalten hochmittelalterlicher Kirchengeschichte, und man kennt vor al-
lem ihre eigene Hand und Unterschrift auf päpstlichen Privilegien. Diese lässt sich
zum Teil über Jahrzehnte verfolgen. Obwohl ein schlüssiger Bezug von diesen Un-
terschriften zu Charaktereigenschaften nicht herzustellen ist, ist die Begegnung
mit diesem ureigensten Ausdruck persönlicher Mitwirkung an päpstlichen Schrei-
ben faszinierend. Es wurde gezeigt, in welches Umfeld von Schriftlichkeit und
persönlichem Anteil an der Urkundenbeglaubigung dieser Usus der Papstkanzlei
zu stellen ist. Der wichtigste Strang, der zu den eigenhändigen Unterschriften auf
den päpstlichen Privilegien führt, rührt aus der Praxis her, Teilnehmer an Syn-
oden deren Beschlüsse selbst unterfertigen zu lassen. Damit zeigt sich auch an der
Gestaltung der päpstlichen Urkunden, dass die Kardinäle in den entscheidenden
Jahrzehnten der Kirchenreform des 11. und 12. Jahrhunderts allmählich in die
Rolle der Synodalen hineinwuchsen, die in früheren Zeiten zusammen mit dem
Papst die Angelegenheiten der lateinischen Kirche besorgten.

207 Odilo Engels, Kardinal Boso als Geschichtsschreiber, in: Konzil und Papst. Historische
Beiträge zur Frage der höchsten Gewalt in der Kirche. Festgabe für Hermann Tüchle, hg. von
Georg Schwaiger, München u. a. 1975, S.147-168; Laudage, Rom (wie Anm. 5).
 
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