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Weinfurter, Stefan; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Päpstliche Herrschaft im Mittelalter: Funktionsweisen - Strategien - Darstellungsformen — Mittelalter-Forschungen, Band 38: Ostfildern, 2012

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Große, Rolf: Ubi papa, ibi Roma. Papstreisen nach Frankreich im 11. und 12. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34754#0315

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314

Rolf Große

Diese Idee war nicht neu. Ihre Wurzeln reichen in das 12. Jahrhundert zurück,
und bereits im Decretum Gratiani findet sich eine ähnliche Bestimmung in Bezug
auf die cathedra episcopalis, die vom Bischof abhängig sei und nicht umgekehrt* * * 4. Die
von Hostiensis geprägte Formel trug dem Umstand Rechnung, dass der Papst im-
mer häufiger auf Reisen gehen musste. Seit Stephan II., der Ende 753 als erster
Papst über die Alpen zog, haben bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts noch vier-
zehn Päpste Rom und Italien verlassen. Ziel waren ausschließlich Frankreich und
das Reich. Nach Leo IX. beschränkten sie sich fast ganz auf Frankreich: Nur Inno-
cenz II. und Eugen III. unternahmen längere Abstecher in das regnum Theutoni-
cum5. Alle anderen blieben in Frankreich. Die Reise Leos IX. bedeutete auch in an-
derer Hinsicht eine Wende. Während sich die Päpste des frühen Mittelalters
zumeist mit einem konkreten Anliegen auf den Weg machten, diente der Aufent-
halt in der Fremde seit der Mitte des 11. Jahrhunderts nicht nur, aber vor allem der
Durchsetzung von Kirchenreform und universalen Ansprüchen des Nachfolgers
Petri6. Daraus erklären sich die Sympathien für Frankreich. Nie war es hier zum
Bruch mit dem Papst gekommen. Konflikte löste man pragmatisch, und den Streit
um die Investitur überstanden die französische Kirche und der König fast unbe-

Cité. Histoire du droit canonique, Paris 1994, S. 350-353, sowie Agostino Paravicini
Bagliani, Die römische Kirche von Innocenz III. bis Gregor X., in: Machtfülle des Papsttums
(1054-1274), hg. von André Vauchez/Odilo Engels/Georgios Makris/Ludwig Vones
(Die Geschichte des Christentums. Religion, Politik, Kultur 5), Freiburg/Basel/Wien 1994,
S. 600f.
4 Gaudemet, Église (wie Anni. 3), S. 353, Anni. 1, mit Verweis auf das Decretum Gratiani D. 40
c. 12, hg. von Emil Friedberg, Corpus iuris canonici. Bd. 1: Decretum magistri Gratiani, Leip-
zig 1879, Sp. 147f.
5 Eine Liste der Papstreisen findet sich im Dictionnaire historique de la papauté, hg. von
Philippe Levillain, Paris 1994, S. 1730f. Die Aufenthalte Innocenz' II. und Eugens III. im
Reich sind dort allerdings übersehen. Calixt II. begab sich zudem 1119 für wenige Tage zu Ver-
handlungen auf Reichsgebiet (Mouzon). Die Reise Clemens' III. nach Montpellier (1195) ist
nicht belegt. - Die einschlägige Literatur zu den Papstreisen des frühen und hohen Mittelalters
verzeichnen Ludwig Falkenstein, Zur Konsekration des Hauptaltares in der Kathedrale von
Châlons-sur-Marne durch Eugen III. am 26. Oktober 1147, in: Papstgeschichte und Landesge-
schichte. Festschrift für Hermann Jakobs (Beihefte zum Archiv für Kulturgeschichte 39), hg.
von Joachim Dahlh aus/Armin Kohnle, Köln/Weimar/Wien 1995, S. 297-299, sowie Beate
Schilling, Zur Reise Paschalis' II. nach Norditalien und Frankreich 1106/1107 (mit Itineraran-
hang und Karte), in: Francia 28/1, 2001, S. 115-158, hier S. 115, Anm. 1; vgl. ferner: Jochen
Johrendt, Die Reisen der frühen Reformpäpste - Ihre Ursachen und Funktionen, in: Römische
Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte 96, 2001, S. 57-94; Beate
Schilling, Guido von Vienne - Papst Calixt II. (Schriften der MGH 45), Hannover 1998, S. 390-
464, 687-706; Aspects diplomatiques des voyages pontificaux, hg. von Bernard Barbiche/
Rolf Grosse (Études et documents pour une Gallia Pontificia 6), Paris 2009; Rolf Grosse,
L'Église de France et l'autorité de Pierre (Xe-XIIe siècle), in: Revue d'histoire de l'Église de
France 96, 2010, S. 271-276. Der Beitrag von Agostino Paravicini Bagliani, Der Papst auf
Reisen im Mittelalter, in: Feste und Feiern im Mittelalter, hg. von Detlef Altenburg/Jörg
Jarnut/Hans-Hugo Steinhoff, Sigmaringen 1991, S. 501-514, legt seinen Schwerpunkt zwar
auf das 13. Jahrhundert, ist aber auch für unseren Zeitraum nicht ohne Interesse.
6 Vgl. Schilling, Reise (wie Anm. 5), S. 116; Johrendt, Reisen (wie Anm. 5), S. 67-76, der die
Reisen treffend als Visitationen charakterisiert, sowie Georg Gresser, Die Synoden und Kon-
zilien in der Zeit des Reformpapsttums in Deutschland und Italien von Leo IX. bis Calixt II.
1049-1123 (Konziliengeschichte. Reihe A: Darstellungen), Paderborn u. a. 2006, S. lit.
 
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