3.1. Vorstellungen von der rechten Wahl des Papstes
139
und besiegelt wurde, sondern zu dessen Zeit die Entwicklung des Kardinalkol-
legiums einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Die Erhebungen von »Gegen-
päpsten« soll dagegen nur untersucht werden, soweit diese im Zusammenhang
einer Doppelwahl erhoben wurden. '^ Ansonsten ist hier nämlich die Überlie-
ferung zu dünn, und auch der innere Wähler kreis stellt sich bei diesen Wahlen
in den ersten Jahrzehnten oft ganz anders dar.^s Doch sollen vor der Betrach-
tung der einzelnen Wahlen an dieser Stelle noch die wichtigsten Vorstellungen
angesprochen werden, die in den letzten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts in
der römischen Kirche bezüglich der Wahl des Papstes diskutiert wurden und
die die zukünftige Entwicklung des Wahlverfahrens beeinflussten.^
3.1. Vorstellungen von der rechten Wahl des Papstes
in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts
Maßgeblich bestimmt wurde die Papstwahldiskussion in den letzten Jahr-
zehnten des 11. Jahrhunderts durch das Papstwahldekret Nikolaus'II., das
im April 1059 auf einer Lateransynode beschlossen wurdeü" Den konkreten
367 Zum Begriff und Phänomen der »Gegenpäpste« vgl. zuletzt MÜLLER - HoTz, Gegenpäpste.
368 Vgl. u. a. zur Wahl Cadalus' von Parma Artm. 388, zu der Wiberts von Ravenna als Clemens III.
ZiESE, Wibert, S. 89-94, zur Wahl der Nachfolger Clemens' III. KurrER, Papstwahlrecht,
S. 159-161, SERVATius, Paschalis II., S. 70-72, ScHiEFFER, Gegenpäpste, S. 80, zur Erhebung
Gregors [VIII.] MEYER voN KNONAu, Jahrbücher VII, S. 64f., zu den Nachfolgern Viktors IV.
LAUDAGE, Alexander III., S. 152 mit Anm. 6, S. 153 mit Anm. 9, S. 187, Anm. 2, MALECZEK,
Kardinäle, S. 117; zur Beteiligung des römischen Klerus an der Erhebung von Gegenpäpsten
im 11. und 12. Jahrhundert Di CARPEGNA FALCONiERi, Clero di Roma, S. 64—74. - Bei der Wahl
Wiberts von Ravenna spielten höchstwahrscheinlich die cardÜMies eine Hauptrolle, wie aus
deren maßgeblicher Beteiligung bei der feierlichen Absetzung Gregors VII. geschlossen
werden darf, vgl. ZiESE, S. 90, mit Verweis auf einen Brief Heinrichs IV. an Bischof Dietrich
von Verdun, ed. ERDMANN, Briefe Heinrichs IV., n. 18, S. 28, Z. 6-8. Hierbei dürfte es sich
vor allem um die von Gregor abgefallenen Kardinalpriester und Kardinaldiakone handeln,
wechselte von den Kardinalbischöfen doch nur Johannes II. von Porto die Seiten (ZiESE,
S. 100f.); vgl. dagegen ebd., S. 89 mit Anm. 45, der Begriff oirdÜMies hätte damals nur die
Kardinalpriester bezeichnet - eine Meinung, die in der Forschung zwar von manchen geteilt,
aber den Vorstellungen und Forderungen der Kardinalpriester und Kardinaldiakone der
gregorianischen und wibertinischen Seite hinsichtlich der Papstwahl nicht gerecht wird, vgl.
das folgende Kapitel, S. 156-175 mit Anm. 440. Leider fehlen nähere Quellenaussagen über
die Rolle der oirdiiMics auf dem Konzil, auf dem Wibert gewählt wurde. - Nach Falco von
Benevent, Chronicon Beneventanum, S. 206 [1138.1.2-4], wurde die Wahl des Nachfolgers
Anaklets II., Viktors [IV.], wohl nach Rücksprache mit den Brüdern Anaklets und Rogers
von Sizilien allein von den oirduMics des verstorbenen Papstes vorgenommen, nachdem sie
gemäß der Tradition ihre Anhänger, also Klerus und Volk, soweit sie noch auf ihrer Seite
standen, versammelt hatten.
369 Außen vor kann dabei allerdings die Rolle des römischen Königs bleiben, wie sie von den
Wibertinern verfochten wurde - die Papstwahlen der Nachfolger Gregors VII. wurden davon
nicht beeinflusst.
370 Zum Papstwahldekret, seiner Bedeutung und historischen Einordnung u. a. ScHMiD, Kano-
nische Wahl, S. 126-130, MiCHEL, Papstwahl, KRAUSE, Papstwahldekret, KEMPF, Pier Damiani,
HÄGERMANN, Papstwahldekret, STÜRNER, Papstwahldekret (1973), ULLMANN, Papstwahldekret,
ScHiEFFER, Rechtstexte, S. 51-56, 68, JASPER, Papstwahldekret, STÜRNER, Papstwahldekret
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und besiegelt wurde, sondern zu dessen Zeit die Entwicklung des Kardinalkol-
legiums einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Die Erhebungen von »Gegen-
päpsten« soll dagegen nur untersucht werden, soweit diese im Zusammenhang
einer Doppelwahl erhoben wurden. '^ Ansonsten ist hier nämlich die Überlie-
ferung zu dünn, und auch der innere Wähler kreis stellt sich bei diesen Wahlen
in den ersten Jahrzehnten oft ganz anders dar.^s Doch sollen vor der Betrach-
tung der einzelnen Wahlen an dieser Stelle noch die wichtigsten Vorstellungen
angesprochen werden, die in den letzten Jahrzehnten des 11. Jahrhunderts in
der römischen Kirche bezüglich der Wahl des Papstes diskutiert wurden und
die die zukünftige Entwicklung des Wahlverfahrens beeinflussten.^
3.1. Vorstellungen von der rechten Wahl des Papstes
in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts
Maßgeblich bestimmt wurde die Papstwahldiskussion in den letzten Jahr-
zehnten des 11. Jahrhunderts durch das Papstwahldekret Nikolaus'II., das
im April 1059 auf einer Lateransynode beschlossen wurdeü" Den konkreten
367 Zum Begriff und Phänomen der »Gegenpäpste« vgl. zuletzt MÜLLER - HoTz, Gegenpäpste.
368 Vgl. u. a. zur Wahl Cadalus' von Parma Artm. 388, zu der Wiberts von Ravenna als Clemens III.
ZiESE, Wibert, S. 89-94, zur Wahl der Nachfolger Clemens' III. KurrER, Papstwahlrecht,
S. 159-161, SERVATius, Paschalis II., S. 70-72, ScHiEFFER, Gegenpäpste, S. 80, zur Erhebung
Gregors [VIII.] MEYER voN KNONAu, Jahrbücher VII, S. 64f., zu den Nachfolgern Viktors IV.
LAUDAGE, Alexander III., S. 152 mit Anm. 6, S. 153 mit Anm. 9, S. 187, Anm. 2, MALECZEK,
Kardinäle, S. 117; zur Beteiligung des römischen Klerus an der Erhebung von Gegenpäpsten
im 11. und 12. Jahrhundert Di CARPEGNA FALCONiERi, Clero di Roma, S. 64—74. - Bei der Wahl
Wiberts von Ravenna spielten höchstwahrscheinlich die cardÜMies eine Hauptrolle, wie aus
deren maßgeblicher Beteiligung bei der feierlichen Absetzung Gregors VII. geschlossen
werden darf, vgl. ZiESE, S. 90, mit Verweis auf einen Brief Heinrichs IV. an Bischof Dietrich
von Verdun, ed. ERDMANN, Briefe Heinrichs IV., n. 18, S. 28, Z. 6-8. Hierbei dürfte es sich
vor allem um die von Gregor abgefallenen Kardinalpriester und Kardinaldiakone handeln,
wechselte von den Kardinalbischöfen doch nur Johannes II. von Porto die Seiten (ZiESE,
S. 100f.); vgl. dagegen ebd., S. 89 mit Anm. 45, der Begriff oirdÜMies hätte damals nur die
Kardinalpriester bezeichnet - eine Meinung, die in der Forschung zwar von manchen geteilt,
aber den Vorstellungen und Forderungen der Kardinalpriester und Kardinaldiakone der
gregorianischen und wibertinischen Seite hinsichtlich der Papstwahl nicht gerecht wird, vgl.
das folgende Kapitel, S. 156-175 mit Anm. 440. Leider fehlen nähere Quellenaussagen über
die Rolle der oirdiiMics auf dem Konzil, auf dem Wibert gewählt wurde. - Nach Falco von
Benevent, Chronicon Beneventanum, S. 206 [1138.1.2-4], wurde die Wahl des Nachfolgers
Anaklets II., Viktors [IV.], wohl nach Rücksprache mit den Brüdern Anaklets und Rogers
von Sizilien allein von den oirduMics des verstorbenen Papstes vorgenommen, nachdem sie
gemäß der Tradition ihre Anhänger, also Klerus und Volk, soweit sie noch auf ihrer Seite
standen, versammelt hatten.
369 Außen vor kann dabei allerdings die Rolle des römischen Königs bleiben, wie sie von den
Wibertinern verfochten wurde - die Papstwahlen der Nachfolger Gregors VII. wurden davon
nicht beeinflusst.
370 Zum Papstwahldekret, seiner Bedeutung und historischen Einordnung u. a. ScHMiD, Kano-
nische Wahl, S. 126-130, MiCHEL, Papstwahl, KRAUSE, Papstwahldekret, KEMPF, Pier Damiani,
HÄGERMANN, Papstwahldekret, STÜRNER, Papstwahldekret (1973), ULLMANN, Papstwahldekret,
ScHiEFFER, Rechtstexte, S. 51-56, 68, JASPER, Papstwahldekret, STÜRNER, Papstwahldekret