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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0099
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98

1111 Voraussetzungen

Fürsten aufeinander und der daraus resultierende Bürgerkrieg wurden dage-
gen häufig und wortreich beklagt.^ Entsprechend kritisierte etwa Jean
Juvenal den mangelnden Widerstand der Franzosen gegen den eigentlichen
„alten Feind, die Engländer."^
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang noch eine weitere Beobach-
tung. Da der König der um sich greifenden Plünderungen offensichtlich nicht
Herr wurde, griff er zu einem anderen Mittel: Der Bevölkerung wurde ein
aktives Widerstandsrecht zugestandetW und Händlern und Stadtbewohnern
wurde es erlaubt beziehungsweise geboten, sich zu bewaffnen.^ Diese Rege-
lungen sind Ausdruck der königlichen Machtlosigkeit und dürften zu einer
Ausweitung der am Krieg Beteiligten geführt haben. Erst nach Ende des Bür-
gerkriegs (1435) wurde erneut genauer differenziert, wer gegen Plünderer
vorgehen durfte oder sollte.^
Als letzte Gefährdung der königlichen Autorität sollen Aufstände ange-
sprochen werden. Gegenüber Adligen, die die Ausübung von Gewalt mit
ihren traditionellen Rechten rechtfertigen konnten, hatten Städter und Land-
bewohner eine deutlich schwierigere Position. Ihnen stand nicht grundsätz-
lich ein Recht auf Gewaltausübung zu, so dass sie umso schneller als Aufrüh-
rer bezeichnet und unterdrückt werden konnten. Dennoch ging es nach Jean
Juvenal vor allem darum, derartige Unruhen zu verhindern. Mehrfach wies er
Karl VII. auf die Gefahr von Aufständen hin und riet ihm, er müsse sein Volk
schützen und dürfe ihm keine Gewalt antun, sonst könne es sich gegen ihn
wendenA Auch dürfe er das Volk nicht über Gebühr und ohne dessen Zu-
stimmung besteuern, denn das Reich hieße zu Recht „Frankreich" (France), da
seine Bewohner gewohnt seien, „frei zu sein" (estreyfancs)A Schließlich sollte
der König keinen Streit mit dem Klerus riskieren, denn der aufsässige Teil des
Adels und des Volks könne sich auf die Seite der Kirche und damit gegen den
König stellend

41 Aufgrund ihrer Königsnähe werden hier nur Belege aus den Schriften Michel Pintoins, Christi-
nes de Pisan und Jean Juvenals angeführt: Chronique du Religieux, Bd. 4, S. 446, 458, 484, 620;
Bd. 6, S. 48, 50, 62, 168; Christine de Pisan, Livre de la paix, S. 118f. (111,3); Juvenal des Ursins,
Histoire, S. 539.
42 CLsfoL dcshMchoM des PrHM^ois Ls MMS coMhe Ls HMhes, HM ILM de ee eMssewf deM hoMuer WMMiere
de resisfer eonjohdewerd HMX nncLns enncM-ds Ls AngLis. Juvenal des Ursins, Histoire, S. 539; siehe
auch S. 534f. Siehe auch Monstrelet, Chronique, Bd. 3, S. 197; Chartier, Quadrilogue, S. 24.
43 Ordonnances, Bd. 3, S. 35f. (Johann II., 1355), 133, 139 (Karl (Dauphin), 1357); Bd. 7, S. 311f.
(Karl VI., 1389); Bd. 9, S. 203f. (Karl VI., 1407); Bd. 13, S. 306 (Karl VII., 1439); Bd. 16, S. 108
(Ludwig XI., 1463); Ordonnances de Francois 1er, Bd. 3, S. 302 (Franz I., 1523). Siehe dazu:
Wright, Knights, S. 38f.; Guenee, Meurtre, S. 106.
44 Ordonnances, Bd. 3, S. 140 (Karl (Dauphin), 1357), 509f. (Johann II., 1361), Bd. 4, S. 169f. (Jo-
hann II., 1355).
43 Ebd., Bd. 13, S. 308 (Karl VII., 1439).
46 Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 418 (Lo^MHr h; OihMLeLne); Bd. 2, S. 440 (La dcdhcrno'on).
Siehe dazu auch Christine de Pisan, Livre de la paix, S. 137 (111,15).
42 Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 2, S. 269 (Vcdv weg); Bd. 2, S. 440 (La deOLemeLn). Siehe dazu
auch Christine de Pisan, Livre de la paix, S. 137 (111,15). Siehe dazu Oschema, Öffentlichkeit,
S. 66f.
48 Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 2, S. 376 (Vcdv wen).
 
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