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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0117
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116

1111 Voraussetzungen

hätten das Vierfache der üblichen Warenmenge verkauft.^ Das Verkaufen
von Waffen und Rüstungen war tatsächlich ein profitables Geschäft: Karl VI.
erließ 1421 eine Ordonnanz, die das Monopol der Pariser Händler brach und
es auch fremden Kaufleuten erlaubte, in Paris Waffen und Rüstungen zu ver-
kaufen. Sie durften fortan ihre Waren „in ihren Häusern und an ihren Fens-
tern [verkaufen] und sie durch die Stadt tragen oder tragen lassen, wohin es
ihnen gefällt."^ Der Krieg war auf diese Art auch hinter den Stadtmauern
präsent.^
Die Händler hatten es daher umso schwerer: Für ihre Interessen stellte der
Krieg primär eine Gefahr dar, da Straßen und Wege unsicherer geworden
waren/'" Zwar galten sie aus ritterlicher Sicht als schützenswert, wie etwa der
/oMUcncd betonte/" aber die Realität schien den Idealen nicht zu folgen, wie
das Beispiel Robin Aubers zeigt: Auber war ein Kleinhändler aus der Nor-
mandie, hatte in Chambrois (heute Broglie, Dep. Eure) Heringe gekauft, wur-
de dann aber von Briganten ausgeraubt. Da er seinen Handelspartner nicht
auszahlen konnte, floh er in die Wälder und schloss sich - unter Zwang, wie
er entschuldigend beteuerte - den dortigen Briganten an."" Jehan de Warlus
und seine Frau Ameline wiederum gerieten 1389 wegen des Vorwurfs der
Hehlerei in die Mühlen der Justiz. Sie gestanden nach dreimaliger Folter und
wurden nach einer öffentlichen Demütigung verbannt."" Dies sind Einzelfälle,
die aber andeuten, wie weit der Krieg in den Alltag der Menschen wirkte. Die
Beteuerung der Eheleute de Warlus, man habe ihnen versichert, dass die frag-
lichen Güter legal erworben seien, zeigt den Kern des Problems: Eine Garan-
tie, dass Güter legal erworben wurden, gab es nicht und die Anschuldigung
der Hehlerei war in Zeiten ständiger Raubüberfalle umso glaubwürdiger.
Übergriffe auf Händler wurden zwar durch königliche Ordonnanzen immer
wieder verboten, scheinen aber trotzdem an der Tagesordnung gewesen zu

5" Lf foMdez uo/ez HMfMM des meshers des Fo?mes ud/es d fs/cj ga/gno/enf graMdemeMf, comme poMrpo/MÜez,
armeMr/ez fsMrJ foMdes cFoses ^M'd Jäd/od a gens d'armez; rar d fendo/enf /a derree ^Mafre; ef esto/enf
euporfeez des Fo?mes ud/es eMdewMcFoMs; car s'd eMssenf esfe froMueez, d eMssenf esfe/r/ädez. Fd coM-
rod cesf femps parfoMd, tauf en Gnu, en Normandie, en France, en BoMrgoMgMe ef en CFampa/gMe.
Chronique normande de Pierre Cochon, S. 102f. Die entsprechende Passage ist grammatika-
lisch fehlerhaft (überprüft an der Handschrift Paris, BnF, ms. fr. 5391, fol. 42') und daher
schwer zu deuten. Für Hilfe bei der Übersetzung danke ich Stephen Dörr (Heidelberg).
58 Ordonnances, Bd. 10, S. 5-8, hier 8 (Karl VI, 1412).
5'' Zur Auswirkung von Krieg auf die städtische Gesellschaft siehe Zeilinger, Lebensformen, am
Beispiel des süddeutschen Städtekriegs 1449/50.
60 Nicolas de Clamanges, Opera omnia, Bd. 1, S. 44 (De /apsM ef reparahowe /Mshhae, Kap. 5); Or-
donnances, Bd. 10, S. 30f. (Charles VI., 1412); Newhall, Bedford's Ordonance, S. 51.
"1 Car, se nons uoMd/oMS des/nure ef desroFer /es waredans ef Fonnes gens adans ef uenans en cesfe ud/e
OM a /'enu/ron ne OM pa/s, noMS desüM/r/ons noMS-weswes ef wehr/oMS /e pa/s a pourefe, ^M; serod Moshe
graut dowwa/ge et desdonneMr. Jean de Bueil, Jouvencel, Bd. 1, S. 95.
67 Lehre de rew/ss/on für Robin Auber, Oktober 1414, Paris, AN, JJ172, fol. 327" (Nr. 593), ediert in
den Actes de la chancellerie, Bd. 1, S. 116f.
68 Registre criminel, Bd. 1, S. 157-164. Hamei, Application, S. 29-37, weist darauf hin, dass Ver-
bannungen als Strafe deutlich üblicher waren als spektakuläre Hinrichtungen.
 
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