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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0130
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51 Intellektuell-reflektierend

129

densVertrages selbst seien akzeptabel.^ Nach derart nüchternen Erläuterun-
gen konnte das abschließende Plädoyer für den Frieden keinesfalls mitreißen:
Der Friede war nicht mehr als das kleinere ÜbelA
In seiner Schrift Tres crcsücn, brs brs pMissdnf rot/ wiederholte Jean
Juvenal 1446 seine Argumentation und kam zu demselben Schluss: Eigentlich
müsse man Krieg gegen England führen, die Umstände ließen dies aber nicht
zu A Dennoch gilt, dass auch die Argumente yf/r den Krieg zumindest poten-
tiell überzeugend sein mussten, sollte die Erörterung nicht zur Farce werden.
Seinen vier Argumenten für den Krieg fügte Jean 1440 eine weitere Überle-
gung als Exkurs bei. Der Krieg gegen England sei hilfreich, weil er die Adli-
gen beschäftige und für inneren Zusammenhalt sorge. In Friedenszeiten da-
gegen neigten Adel und Volk dazu, sich zu zerstreiten. Daher seien Bürger-
kriege viel gefährlicher als Kriege gegen äußere Feinde und könnten sogar zu
Revolten führen. Durch den Krieg aber könne der König das Volk an sich
binden A Zudem verhindere ein königlicher Krieg auch das Entstehen neuer
Compagmes, die nicht zu kontrollieren seien. Mit Verweis auf Vegetius folgerte
Jean Juvenal: Wer Frieden wolle, müsse den Krieg vorbereitend Frieden galt
in dieser rationalen Argumentation zwar traditionsgemäß als oberstes Ziel
irdischer Herrschaft, Krieg aber keinesfalls nur als letztes Mittel, um dieses zu
erreichend Vielmehr war Kriegsführung integraler Bestandteil politischer
Handlungsmöglichkeiten. Diese wurden von den Intellektuellen nach nüch-
ternen Gesichtspunkten gegeneinander abgewogen. Religiöse Argumente
wurden zwar - wie bei Jean Juvenal - eingeflochten, waren aber letztlich

^ Ebd., S. 421A25 (Eo^uar d! fn'd:dado?!o).
5° EI cowdioM t?M'd i/ dl do/brUs raisows pour ia gMorro, td ne soroii pas dow do/äüo pan, foMfouoi/o
MOMS auows quod de duobus malis, minus malum est eligendum. Ei pour re /e dis c'osf wioins
mal & /äüo pan* de /äüo gMerre. Ebd., S. 425f. (Eo^uar ;d fn'd:dado?!o). Vgl. zum zitierten
Sprichwort (nach Cicero, De ofhciis III, 1,9 und 111,28,6) Proverbia sententiaeque, Bd. 1, S. 617
(Nr. 5055a).
Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 2, S. 13-169 (Eres eresiien). Nach einer langen historischen Darle-
gung des Unrechts und der Unzuverlässigkeit der Engländer diskutierte Jean vier Argumente
für den Krieg (S. 161-165) und vier dagegen (S. 166-168). Vgl. dazu Naegle, Qui desiderat pa-
cem, S. 313f.
52 Ea gMcrrr uoMS auoz occuppo uoz pndcrs d uoz darows ftdiomoMf a pa;dr aMrdcwi dz idsir de
CMÜ diuisor. Sr auoz pan* a:n* Ewgids dz so ddisrroMi, ri uoz sudgoiz aMssi, car dz i/ sonf assrz OMcdMs;
par ^Moi/ uoMdronf ri sourdroMi guorros dudoz td pariicMdrrrs, iostjModos sorowi plus dangoroMsos ri pr-
rdirMsrs tjMO ia guorro tjMO auoz ooMiro uoz OMMomis, ri rspoir soro&Mi caMsr dr/a^A MMO suduorssioM gr-
Mrrair ooMiro uous, ri rspoir sudsiracdoM, aussi dioM tjMO OM a/äd au papo; ri par gurrrr uous irs OMiro-
ioMOZ prrs dr UOMS. Juvenal des Ursins, Ecrits, Bd. 1, S. 395f. (Eotp;ar in ir;'d:dadoMo).
55 Car oowwo dd Vegedus de re militari, Qui desiderat pacem, preparat bellum. Ebd., Bd. 1, S. 397
(Eotp;ar in iridHiadono); vgl. Zum Zitat Vegetius, Epitoma rei militaris, S. 101 (III, Prologus); in
der Übersetzung Jeans de Meun (1284): Q:d drsirr doMtjMOS pais a auod, d so dod apparaddor a da-
fadio. L'art de chevalerie, S. 73; in der Übersetzung Jeans de Vigany (1320): DoMOtjMOS, tpt; des irre
pais, aparodi daiadio. Li livres Flave Vegece, S. 72; eine anonyme Übersetzung von 1380 lässt den
Prolog aus: Le Livre de l'art de chevalerie. Zur Rezeption von Vegetius durch Jean Juvenal
siehe Allmand, The De re militari [2011], S. 128-132.
54 Eine Ausnahme stellt hier Christine de Pisan da, die insbesondere in ihrem Eiuro do ia Pan
(1412-13) für den Frieden als eigenständiges Ziel eintrat. Sie lobte etwa Karl V. dafür, dass er
seine Ziele eher durch „sanfte Wege" und Freundschaftsbündnisse zu erreichen suche, als
durch Waffengewalt, Christine de Pisan, Livre de la paix, S. 93 (11,3).
 
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