Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0199
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
198

IVI Problematisierungen

Jenseits der direkten Schäden verursachten die Ecorc/zeurs vor allem
Ängste Der Bourgeois berichtet, wie 1444 das städtische Leben in Paris zum
Erliegen kam, weil Plünderer vor der Stadt waren. Niemand habe sich mehr
getraut, die Stadt zu verlassen oder sie von außen zu erreichen, weil jeder
unweigerlich bis auf die Haut ausgeraubt wurde. Der Handel brachte keine
Waren mehr und sogar Mönche, Priester oder sonstige Kleriker sowie Herol-
de, Frauen und Kinder haben sich nicht aus der Stadt getraute Damit zeich-
nete der Bourgeois ein Panorama genau der Gruppen, die traditionell (und vor
allem durch die Bestimmungen der Gottesfrieden) Schutz genießen sollten.
Die Beschreibung ihrer Angst verwies als Narrativ somit auf die moralische
Verwerflichkeit der Ecorc/ieurs.
In dem Maß, in dem der Bourgeois auch hier bewusst Topoi und Stereotype
nutzte, um die Beklemmung und Angst seiner Zeit deutlich werden zu lassen,
wird auch in den Aufzeichnungen Jehans Denis die alltägliche Situation einer
Stadt in Angst greifbar. Jehan Denis war städtischer Amtsträger in Mäcon
(Dep. Saöne-et-Loire) und führte zwischen 1430 und 1438 neben amtlichen
Schriften auch ein eher privates Tagebuch A6 Uber Jahre hinweg lassen sich so
die Bedrängungen und Sorgen der Stadt mitverfolgen: Schon im Herbst 1430
habe die Landbevölkerung über Plünderungen geklagt, wegen denen die
Felder unbestellt Hieben A? Die Stadt versuchte dann, den Czzpohnpe ihrer ei-
genen Garnison wegen seiner „Exzesse und Zügellosigkeiten, Plünderungen,
Räubereien und Bedrohungen"^ loszuwerden und erreichte dies mit Hilfe
der burgundischen Administration. Gleichzeitig bat man den Herzog, keine
neue Garnison in der Stadt zu installieren - ein klarer Ausdruck des städti-
schen Misstrauens gegen jede Art von professionellen' Kriegern A^ Es häuf-
ten sich jedoch Meldungen über Zerstörungen in der Umgebung, so dass die
Stadt Anfang 1433 „wegen der schlechten Neuigkeiten" einen neuen CapBazne
zum Schutz der Stadt beriefA" Die Stadtmauern wurden ausgebessert, Wa-
chen bestellt, Kanonenpulver gekauft Ai Die Stadt beschäftigte sich über Jahre
mit der drohenden Gefahr, die stets präsent, aber lange nicht klar greifbar
war. 1437 fasste man acht Plünderer aus der Truppe Rodrigos de Villandran-
do und richtete sie in Mäcon hinA^ Auf einer städtischen Versammlung beriet
man dann, wie man den 6 000-7 000 Reitern starken Ecorc/zeurs unter dem

344 Siehe dazu Gauvard, Grace especial, S. 549-553; Cauchies, Ecorcheurs, S. 331-337.
343 Journal d un Bourgeois, S. 420 (§842).
346 Siehe Journal de Jehan Denis, eine knappe Einführung findet sich auf S. 197f.
347 Ebd., S. 200.
348 poMy ^ /gg gg^g d:? SeZgweMr de VaremN?!, esZaws ew garnison ew Za uZZZe de Masco?!, JäZsaZewZ
pZusZeurs exces eZ OMZZraZges, pZZZerZes, roZ?erZes, eZ do?!?!oi/e?!Z wrewasses de Z?aZre Zes proZZers de Za uZZZe,
J...J Ze COWUMM?! s'asse?MZ?Za eZ aZa deuawZ Z'osZeZ dudZZ SeZgMeur de Vare?MZ?o?! poMr parZer a Z:d eZ tpEiZ
?'e?MediaZ ew ce^dE pour Za (p'^ZZe cZ?ose ZZ/uZ wraZ coMZewZ eZ do?ma wrewasses a ceuix de Za uZZZe. EZ Za ?wa-
ZZere OMuerZe par deuawZ MoMseigMeur Ze ?MarescZ?aZ de BoMrgogMe,/MZ par ZuZ ZraZZe eZ accorde (?Me ZedZZ
Vare?MZ?o?! eZ ses gews se deparZZroZewZ de ZadZZe uZZZe. Ebd., S. 203f.
349 Ebd., S. 206. Vgl. dazu Tuetey, Ecorcheurs, Bd. 1, S. 30-33.
330 Egy s:dZe de WMMuaises MOMueZZes, ow Mowuwe pour capZZaiwe JeZ?a?! CZupZJäMZZ, eZ ow decZde ?jM'o?! Z?o?!
garde. Ees Jours suZuards on preud ecouZre des ?MesMres de sureZe. Journal de Jehan Denis, S. 217.
334 Ebd., S. 235-237.
332 Ebd., S. 272.
 
Annotationen