Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]: Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich (Mittelalter-Forschungen, Ostfildern, 2014)

272

IVI Problematisierungen

vermutlich kaum vor.3°4 Diejenigen, die unter dem Deckmantel der Briganten
nur zum eigenen Vorteil plünderten, werden in Begnadigungsbriefen (offen-
bar glaubhaft) als ,falsche Briganten' ausgegrenzt, was aus Sicht der gichtigen
Briganten' deren hehre Ziele betonte 7°^
Die Plünderungen seitens der Briganten nahmen aber vermutlich immer
stärkere Ausmaße an. Pierre Cochon berichtet aus städtischer Perspektive,
dass sie, anders als es der König ihnen erlaubt habe, nicht nur die Engländer,
sondern auch die lokale Bevölkerung beraubten7"^ Entsprechend versuchte
der Herzog von Bedford 1428, nicht nur (erneut) jegliche Plünderungen zu
verbieten, sondern er wies auch die an, örtliche Milizen aufzustellen,
um gegen französische wie englische Plünderer vorzugehen7"^
Zum Jahr 1434 berichten einige Chronisten zudem davon, dass man die
Bevölkerung bewaffnet habe, damit sie gegen die Briganten vorgehen kön-
ne.3°8 Dies wiederum beschwor den Unmut der englischen Krieger herauf. Es
ist gut möglich, dass die Bauerngruppe, die 1434 von einer Überzahl engli-
scher Krieger in Vicques (Dep. Calvados) in einen Hinterhalt gelockt wurde,
eine solche bewaffnete Miliz der Bevölkerung war (vgl. dazu S. 266f.)3"^ Wäh-
rend die Bevölkerung sich empörte, rechtfertigten sich die Engländer nach
der Darstellung des Bourgeois damit, dass die Bauern den Adligen ihren Wil-
len aufzwingen wollten.3i° Hinter dieser Formulierung mag auch hier der
Streit darum stehen, wer das legitime Recht zum Waffentragen hatte. Der
Herzog von Bedford ließ die für das Massaker Verantwortlichen zwar öffent-
lich hinrichten, was der Bevölkerung aber keineswegs genügt habe, wie Basin
berichtet. Da zudem die Briganten ihre Plünderungen fortsetzten, sei die
Normandie schließlich in die offene Rebellion getrieben wordenen

304 Siehe z. B. die Schilderung von Juvenal des Ursins, Histoire, S. 547: 17 i/ HuoÜ MM CHpidMMe de
dn'gHMds Momme Leues^Me, tpu se feMod es dois, fe^Mef auec ses geMS porfod de grHMds dowwHges d ceMX
de Pos!, specddemeMf eM ewpesedHMf U ueMMe des Uwes, weis soMueMf d perdod de ses geMS e! compa-
gMOMS, fes^Mefs, t?MHMd OM /es prcMOÜ, OM pendod HMX wdres. Ähnlich Monstrelet, Chronique, Bd. 3,
S. 282f., über den eepdeine de dn'gHMS Momme Leder; (ad a. 1418). Siehe dazu: Roch, Guerres,
S. 55f.
305 E;dx /cigMeMi es!re dn'gHMS MOZ eMMewis. Lehre de remissioM für Colin Corson, 1427, Paris, AN,
JJ 173, fol. 337 (Nr. 694).
306 L! s'edereMf reMdre euee eMÜ pfMsieMrs geMS dM pe;'s de CeMX, werdede e! frMHMdede, ^Me'A^oieMf UM!
de MMMX ^Me e'esfod weruedfe. Lf JddM ^Me !es riedes dowwes de Gnu, espeeiefweMf d'A:^!/, des per-
hes d'eMfiroM e! dM VeLde-DMM, se reheisseMf, !es MMgs d RoMeM, !es HMfres d Dieppe, e! !es HMfres d
CgMdedec. L! eoMrofeMf eede werdHde-fdjMS^Mes empres RoMeM, MOM odsfHMf ee tpA' feMr/Msf dqjeMdM de
per !e dd Cdnrfes, roi/ de PrHMee. Car, eowwe !'eM dfsod, d Me !eMr nuod ndHMdoMMe s;*MOM d preMdre !es
AMgfofs e! !es pyiefers dessoMÜ eMÜ e! d !es pdder, e! !eMr nuod de^eMdM !es doMMes geMS dM pnfs; wes !es
unfes HM dindfe; ds A^oieMf pfMS ^Me eowwHMdeweMf. Chronique normande de Pierre Cochon,
S. 302f. (ad a. 1429).
307 Newhall, Bedford's Ordonance, S. 50-54.
308 Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 198; siehe auch Chronique du Mont-Saint-Michel, Bd. 1, S. 36.
Ähnlich auch zum Jahr 1430 der Journal d un Bourgeois, S. 272 (§525).
309 Siehe S. 266, Anm. 271, sowie auch Roch, Guerres, S. 53f.
3M AMCMMs AMgUis disnieMf, ^MHMd OM eM perdu'!, t?Me c'Hund efe d doMMe CHMse e! t?Me !es udnUs uoMUieM!
desfoMrder HMX geMfdsdowwes d Jdfre !eMr uofoMfe, e! ^Me ee Hund efe d doM droh. Journal d'un Bour-
geois, S. 334 (§654).
333 Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 200-202. Dass Briganten nicht einfach straflos getötet werden
konnten, zeigt auch der Fall des englischen Kriegers Jehan Okely, der 1426 für einen Mord an