Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0367
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
366

VI Vertiefungen

ignorierte und weiterkämpfte, mag seinem Ruf als Raubein („Schlachter")
entsprochen und ihn durchaus ausgezeichnet habend Die Darstellung, wie er
mit seiner Verwundung umging, bot Froissart erneut eine Gelegenheit, um
auf das Bild des tapferen Kriegers anzuspielen. Entsprechend ist die Schilde-
rung von Schmerzen oder Qualen verzichtbar - die Verwundung des Körpers
wird als solche nur benannt, um vor diesem Hintergrund bestimmte Verhal-
tensmuster zu thematisieren.
Insgesamt werden Verletzungen selten erwähnt und wie das Töten und
Sterben äußerst knapp abgehandelt, aber sie sind in den Schilderungen der
Quellen durchaus vorhanden.^ fenseits exempelhafter Beschreibungen tu-
gendhafter Krieger dürften Schilderungen individueller Verletzungen auch
dazu gedient haben, die Dramatik der Erzählung zu steigern. Dies konnte
mitunter ganz subtil erreicht werden, indem zum Beispiel die OmmdjMd des
tjuabr premiers Vaiois berichtete, wie König fohann II. in der Schlacht von Poi-
tiers im Gesicht verwundet wurdet Die Verletzung des Königs, die in ande-
ren Quellen nicht erwähnt wurde/' zeigte einerseits an, dass er unmittelbar
am Kampfgeschehen beteiligt war und andererseits, wie nah die Feinde schon
an ihn herangerückt waren. Entsprechend folgte in der Chronik direkt danach
der Hinweis, fohann sei wegen des fehlenden Schlachtenglücks gefangen
genommen worden.
Drastisch thematisierte auch fean Froissart zum fahr 1359 die Schrecken
des Krieges: Er berichtete, wie ein französischer Krieger, Corageus de Mauni,
derart schwer verletzt und blutüberströmt zwischen den Toten auf dem
Schlachtfeld gelegen habe, dass man ihn vergessen habe. Er sei dann „halb
tot" zu sich gekommen und habe sich zu einer nahegelegenen Festung ge-
schleppt, wo er dann schnell gesund gepflegt wurde.^ Trotz der eindringli-
chen Bilder eines von Toten übersäten Schlachtfelds und eines dazwischen
liegenden Kriegers rückte Froissart das glückliche Ende in den Fokus. Nicht
die Schrecken des Krieges selbst waren das Thema, sondern die dramatische
Geschichte eines einzelnen Kämpfers: Während die Toten anonym und ein
gesichtsloses Kollektiv blieben, endete die des Corageus de Mauni
positiv und er wurde von seinen (ebenfalls anonymen!) Gefährten gesund
gepflegt.

sart, Chroniques (Ms Rome), Bd. 3, S. 347 (1,684). Siehe dazu auch die Variante in der Edition
der SHF: Ei /roMua dMremeM//)r/ eMCOM/re SMr /Mi, /aM/ t?Me d'MM cop d'MMe daee d^d/erMS eM /rauers,
tpu /i ada/i /e u/siere de soM dae/Me/, ei /i eM/ra /i po/M/e de /e daee eM /'Med fs/ej, e/ /'eM eM/ depM/s creue/;
ma/s poMr ee Me demora w/es t?Me d Me^ds/ eMcores /res doMS edeua/iers. Froissart, Chroniques (SHF),
Bd. 6, S. 165 (1,538). Dazu Prietzel, Tod, S. 88.
is Zu Kriegsverletzungen als ,Ehrenmal' siehe Auge, So solt er, S. 32-36.
i9 Dazu auch Prietzel, Tod, S. 86; sowie Vincensini, Conclusion.
2° Mais /e doM roi/ dewoMra eM edamp u/gMereMseweM/ eowda/aM/ e//M/ de coMp d'epee Maure eM u/aire.
Chronique des quatre premiers Valois, S. 56.
21 Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 54f. (1,392); Chronique dite de Jean de Venette, S. 146-148;
Chronique normande, S. 115; Chronique des regnes, Bd. 1, S. 73; Chronique normande de
Pierre Cochon, S. 89.
22 Froissart, Chroniques (SHF), Bd. 5, S. 173f. (1,444-445).
23 Ebd., Bd. 5, S. 174 (1,445).
 
Annotationen