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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0375
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374

VI Vertiefungen

dieser Aussage stellte Karl die Bourguignons als blutrünstig dar und schloss
sie damit implizit aus der adligen (Werte-)Gemeinschaft aus.
Zum anderen wurde in Bezug auf .Blutvergießen' neben der ständischen
Komponente häufig die religiöse betont: Das Vergießen .christlichen Blutes'
widersprach religiösen Idealen. Der Vorwurf, dies zu tun. funktionierte ähn-
lich wie der des Vergießens menschlichen Blutes, zielte jedoch nicht auf stän-
dische. sondern religiöse Ausgrenzung. Es wundert daher nicht, dass Papst
Innozenz VI. 1356 von .Blutvergießens unter Christen' sprach, um sein Miss-
fallen über den Hundertjährigen Krieg auszudrücken: In mehreren Briefen
bat er den Kardinal Talleyrand de Perigord. im englisch-französischen Kon-
flikt zu vermitteln, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.^ Ohne auf dy-
nastische oder politische Argumente einzugehen und damit eine Seite zu
brüskieren, erklärte der Papst den Krieg aus christlich-religiöser Sicht für
unerwünscht.
Ein französischer Traktat vom Anfang des 15. Jahrhunderts wählte dassel-
be Bild und warf den Engländern vor. Frankreich völlig verheert und viel
christliches Blut vergossen zu habend Der Autor zielte vor allem auf die un-
schuldigen Opfer wie Kinder. Frauen und Geistliche ab und implizierte da-
mit. die Engländer würden einen ungerechten Krieg führen. Während ein
gerechter Krieg Angriffe auf den Gegner legitimierte, stellte der Hinweis auf
das Vergießen christlichen Blutes die Illegitimität der Tötungen heraus. Die
Engländer hatten also sprichwörtlich Blut an den Händen. Der Autor verfolg-
te dieses Bild weiter und erklärte, ein Teil der Engländer habe sich gegen alles
Gute und jede Vernunft gewandt, würde wie Wölfe wüten, tyrannisch Chris-
ten verfolgen und wie Raubvögel, die von ihrer Beute leben, menschliches
Blut trinken A Das Motiv des Bluttrinkens ist hier das letzte Element einer
Kette, welche die Engländer zuvor schon als wahnhaft, irrational und ent-
menschlicht gekennzeichnet hatte und ihnen vorwarf, das Blut ihrer Opfer als
Nahrung zu verwendend Über das Vergießen von christlichem/mensch-
lichem Blut hinaus wurden die Kriegsgegner durch die ihnen zugeschriebe-
nen Praktiken selbst entchristlicht beziehungsweise entmenschlicht, was in
dem hier betrachteten Traktat (neben anderen Gründen) auf die Schlussfolge-

63 PorMW uZrZdMS eoM/Za/Zs Mur ZMde s/rages domiMMm, e^MsZo SHMgMiMis edrZs/ZßMZ pMi & fern! c/HMM/ ZM
re/HMi. Brief Innozenz' IV. an Kardinal Talleyrand de Perigord. April 1356. Moisant. Prince
Noir. S.265. ähnlich ebd.. S. 239f.
64 On M'cM poMrroZ/ pas recoMurer /a eeM/Zeswe par/Ze des dommages pM'Z/z OM/Jdü OMdZ/ roi/HMwe &
FmMce, SHMS fcomp/er eM cej /es ep^HMS mors SHMS dap/esme, /es A^wes fd'Pg/ZseJ uZo/ees. /es warZees
Jbrcees, /es pMce/Zes des/Zorees, /es eg/Zses arses e/JbM/ees, /es saZMc/es re/ZpMes perdMes e/ gas/ees, e/ /a
grHM/ e^Hs/oM de seng edres/ZeM. L'honneur de la couronne. S. 64f. (DeZvis e/ appoZM/eweM/s).
63 MaZs Z/z OM/ MMg sep/e de geMS WHMdZ/e. eoM/redZsHMS a /OM/ dZeM e/ a /oM/e mZsoM. /oMps rauZssHMS.
orgMeZZ/eZMX. pompeMX, pape/ars. deeeuHMS e/ SHMS coMscZeMce, /ZraMS e/ perseeM/eMrs de edres/ZeMS. e/ pMZ
doZueM/ e/ /nrnsg/oM/ZsseM/ /e SHMg dMwaZM. resewd/HMS de /a MH/Mre des oi/seaM/x de proi/e pMZ uZueM/ de
rapZMe e/ HMX despeMS H /eMrs sZwp/es e/ dedoMMßZres uoZsZMS. L'honneur de la couronne. S. 66f. (De-
da/s e/ appoZM/eweM/s).
66 Dies warf man auch dem Anführer der Jacques. Guillaume Cale. vor. Vg. dazu S. 242. bes.
Anm. 114.
 
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