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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0393
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392

VI Vertiefungen

wohnern geschätzt und gefürchtet wurde 3° Beerdigt wurde Bertraud dann
auf Geheiß Karls V. in der königlichen Grablege in St. Denis, womit ihm eine
außergewöhnliche Ehre zuteil wurdet
Bertraud du Guesclin war schon zum Zeitpunkt seines Todes 1380 berühmt:
Eustache Deschamps liefert mit seiner wohl direkt nach Bertrands Tod ent-
standenen Ballade einen eindrücklichen Beleg dafür. Der hofnahe Dichter
feierte den Verstorbenen als „Blume aller Tapferen und Ruhm Frankreichs" ^
und rief alle Krieger auf, seiner zu gedenken. Dieser Aufforderung verlieh
man in hofnahen Kreisen bewusst Nachdruck: Der Bruder des Königs, Lud-
wig von Orleans gab eine Statue von Bertrand in Auftrag, die diesen als
Helden feierte und organisierte 1389 eine Erinnerungsfeier am Grab des
CormAtthü in Saint DenisA Schon wenige Jahre nach Bertrands Tod war zu-
dem ein monumentales biographisches Gedicht fertiggestellt worden, in dem
Bertrand vollends zum Helden avancierte: Während der Bretone in der Chro-
nik Jean Froissarts noch einer unter vielen ritterlichen Helden war, beförderte
Cuvelier ihn mit seinem Werk, der Gidtison de Bertrand Dtt Gttesdm, in die
erste Reihe des Rittertums.^ In seiner Form lehnte sich das Gedicht an die
hochmittelalterlichen Cdansons de gesfe an und bediente sich damit bewusst
einer im Spätmittelalter bereits veralteten Textgattung, die jedoch an eine als
glorreich imaginierte Vergangenheit anknüpfen sollte. Cuveliers Gedicht
überstieg dabei mit über 24 000 Versen das Ausmaß eines traditionellen Cdan-
son de gesfe bei weitemA So verwundert es nicht, dass schon 1387 eine Prosa-
übersetzung in Auftrag gegeben wurde - auch diese stammte aus dem Um-
feld des HofsA
Die vielen Kampfbeschreibungen der Cdanson folgen weitgehend einer
ähnlichen Darstellungsästhetik wie die Chroniken: Die Waffen der Krieger
blitzen in der Sonne/? Äxte werden mit beiden Händen über dem Kampf ge-

40 Der Konstruktionscharakter der stark ausgeschmückten Episode wird u.a. dadurch deutlich,
dass andere Quellen von einer Kapitulation erst nach Bertrands Tod sprechen, so etwa die
Chronique des regnes, Bd. 2, S. 378. Siehe dazu Vernier, Flower, S. 1-6.
41 Chronique des quatre premiers Valois, S. 289. Siehe auch Christine de Pisan, Livre des fais,
Bd. 2, S. 181f. (111,70); sowie Froissart, Chroniques (liv. I & II), S. 779 (11,31), der allerdings
fälschlich davon ausgeht, Karl V. sei vor Bertrand gestorben.
4? Fa/oMr des pre:n* et ta gloire de ta France. Oeuvres completes d'Eustache Deschamps, Bd. 2, S. 27
(Nr. 206) (Balade fsMr le trepas de Bertrand dn GMesch'nJ). Zum zeitgenössichen Ruhm siehe auch
Minois, Du Guesclin, S. 402-404. Siehe auch die Analyse von Lassabatere, Betrand, bes. S. 207-
213.
43 Vernier, Flower, S. 194f.; Minois, Du Guesclin, S. 459-462.
44 Die CdaMSOM de Bertrand dn Cnescdn liegt seit 1991 ediert vor, vgl. Cuvelier, Chanson. Über den
Autor Cuvelier liegen kaum gesicherte Informationen vor, siehe ebd., Bd. 3, S. 19-38. Siehe
auch Vernier, Flower, S. 9; Minois, Du Guesclin, S. 11-14. Zur Darstellung Bertrands bei Froiss-
art siehe Lassabatere, Betrand, S. 215-220.
43 Vernier, Afterlife, S. 331.
43 Die Übersetzung wurde von Jean d'Estouteville, einem in der Bretagne belehnten Stallmeister
Karls VI., in Auftrag gegeben, vgl. Guenee, Du Guesclin, S. 93f.; Vernier, Flower, S. 10,194f.
47 De la clarte des armes, toMt B temps er; resptent. Cuvelier, Chanson, Bd. 1, S. 95, V. 4610 (§164);
siehe auch ebd., S. 247, V. 12450-12454 (§423); S. 469, V. 23964 (§774); vgl. ebd., Bd. 3, S. 102.
 
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