Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0397
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
396

VI Vertiefungen

Die Engländer, die von dem Herrenhaus erfuhren, hätten dagegen die
Bauern verachtet und sie angreifen wollen. Die Gegenwehr der Landbe-
wohner sei der Chronik zufolge wirkungslos geblieben und ihr sei
tödlich verwundet worden. Als die Bauern um Grand Ferre erkannt hätten,
dass es keine Gnade für sie geben würde, haben sie wild um ihr Leben ge-
kämpft und mit ihren kräftigen Armen um sich geschlagen „als ob sie Korn
mähen würden."?! Hier, im Kampf, tat sich nun Grand Ferre hervor: Er hieb
mit seiner Axt um sich und verschaffte sich so Raum, habe Helme gespalten,
dass den Getroffenen das Gehirn aus dem Schädel gespritzt sei und sie tot zu
Boden fielen. Er allein habe auf diese Weise binnen einer Stunde 18 Engländer
getötet.?? Als die Engländer dies gesehen hätten, seien sie Hals über Kopf
geflohen, weswegen Grand Ferre noch das englische Banner habe erobern
können, um es in den das Herrenhaus umgebenen Graben zu werfen. Die
Bauern haben so, „durch die Hilfe Gottes und Grand Ferres"?^ den Sieg er-
rungen, wobei letzterer allein 60 Feinde getötet habe.
Erzürnt über diese Niederlage haben die Engländer wenig später erneut
angegriffen, jedoch eine weitere Niederlage erlitten: Es habe viele Tote und
viele Gefangene gegeben, für welche die Bauern hohe Lösegelder bekommen
hätten, was sie aber ablehnt haben.?! Durch den Kampf erhitzt, habe Grand
Ferre dann eine große Menge kaltes Wasser getrunken und Fieber bekom-
men, weswegen er in sein Heimatdorf zurückgekehrt sei. Die Engländer ha-
ben davon erfahren und 12 Mann geschickt, um ihn zu ermorden, da sie seine
Genesung fürchteten. Trotz seiner Krankheit habe Grand Ferre auch diese
Gruppe bekämpft, fünf getötet und die restlichen in die Flucht geschlagen.
Erneut habe er erschöpft viel kaltes Wasser getrunken, woraufhin er dann
bald am Fieber gestorben sei. Auf diese Heldengeschichte folgt in der Chronik
eine lange Beschreibung, wie die Engländer anschließend das Land verheer-
ten, wie die Dörfer verlassen wurden und die Kirchen verfielen.?^
Während andere Chroniken den Kampf als einfachen Widerstandsakt
schilderten, spitzte der (vermutlich einem ländlichen Milieu entstammende)
Autor der dife de /een de Venehe die Episode ganz auf Grand Ferre
zu. Er entwarf damit eine bäuerliche Heldenfigur als Gegenpol zu den profes-
sionellen Kriegern, die das Land verwüsteten. Auffällig ist dabei das Bemü-
hen des Autors, jede Verknüpfung der Kämpfe mit einem Aufstand auszu-
schließen: Gegenüber dem verbreiteten Vorwurf gegen Aufständische, sie
wollten alle Adligen töten oder würden sich verhalten, als wären sie selbst
adlig (vgl. dazu S. 237-245), betonte der Chronist das standesgemäße Verhal-

?! Q:d perenffenfes in draedds pofenfdws snper Zlngdcos, da se dadedanf ac s; dfada in dorreis, more sno
consnefo, ^fagedassenf. Leuadanf endn dracdia in affMm, ef sie genfer de draedds s:ds snper Zlngdcos
afffngedanf, t?Mod fefns afd?:ds de ipsis sine fefad u:dnereporeededaf. Ebd., S. 208.
?? Non endn afffngedaf a/dynem, ^nem s; reefo fremde perc:deref, (?:d?! cassidem A%Mg(ref, ef d/nm, cere-
dro e^Mso, ad ferram prosferneref fnferempfMm. ddnde M?dA%"^öd cap:d, ader; dracdia, aifernm ad
ferram dejiciedaf dder eos; ef egregie se dad:df in fanfMm t?Mod d! dreui dora ad prirnnm aggressMM
decem ef oefo, sine ad'is UMfnerafis, sna dadda ddeT^ecd. Ebd., S. 208-210.
73 Deo anxdianfe ef Magno Ferrafo. Ebd., S. 210.
74 Diese Umschreibung deutet vermutlich darauf hin, dass sie ihre Gefangenen getötet haben.
75 Ebd., S. 214-216.
 
Annotationen