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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0408
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31 Ideal und Devianz

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tens verhalten, als ob sie ein die Truppen befehligender Capzfaz7ia wäre.^s
Selbst die Kommunion habe sie in Rüstung empfangen und sich rundweg
geweigert, diese auszuziehen W Während die burgundischen Chronisten die
Verweise auf das Cross-Dressing'^' nicht näher ausführten (und wohl auf die
alleinige Wirksamkeit dieses Vorwurfs vertrauten), liefern insbesondere die
C/irom^Me de Zzz Pucede und Thomas Basin Erklärungen für Jeannes Verhalten,
die gleichzeitig ihre Tugendhaftigkeit unterstrichen. Indirekt aber zeigen die-
se Erklärungen auch, dass das Tragen von Männerkleidung einer Recht-
fertigung bedurfte. Die Chronisten führen aus, dass Jeanne zum einen eine
Rüstung getragen habe, weil sie kämpfen wollte; zum anderen habe es ihr die
Männerkleidung erlaubt, ihre Keuschheit zu wahren und sich vor sexuellen
Übergriffen zu schützen, denn sie sei im Feld oft ausschließlich unter Män-
nern gewesen und sie habe keine Begierde wecken wollen.^ Dies sei auch
der Grund gewesen, warum sie ihre Rüstung nicht ausziehen wollte.^
Derartige Argumente blieben in burgundischen Quellen nicht nur unbe-
rücksichtigt, der Bourgeois stellte sogar einen indirekten Zusammenhang her
zwischen dem Tragen von Männerkleidung und der Ausübung von Gewalt
durch Jeanne: Sie sei wie ein Mann gekleidet mit den Männern geritten und
habe diese sogar geschlagen, wenn sie sich schlecht verhielten - was sich in
den Augen des Chronisten zu einer „sehr grausamen Frau"'^* machte. Eine
derartige, für Heerführer eigentlich übliche Disziplinierung wollte der Bour-
geois einer Frau keinesfalls zubilligen. Die Cizroni^Me düe des ConMzers ging

i3S£g PMceZZe, passaMt MatMre de jemme, soMsZZMZ graMt jes eZ mZsZ ZvaMCOMp peiMe a saMuer sa compagMie de
perle, demoMraMZ derriere eomme eZn'ejeZ eomme Za pZMS uaiZZaMZ dM ZroMppeaM. Chastellain, Oeuvres,
Bd. 2, S. 49. Si/ moMZa a eZieuaZ, armee eomme jeroZZ MM Ziomme eZ paree SMr soM ZiarMoZs d'MM maMZeaM
de rZeZie drap d'or uermeiZ. CZieuaMyoZZ MM eoMrsZer Zi/arZ moMZZ ZieaM eZ moMZZ/Zer, eZ se coiMZoioiZ eM soM
ZiarMas eZ eM ses maMieres, eomme eMsZJäiZ MM eapZZaZMe meMeMr d'MM graMZ osZ. Ebd., Bd. 2, S. 47.
jedeMMe Za PMceZZe, Zai/MeZZe esZoZZ eomme edZejde Za gMerre dM rot/. Chronique de Jean le Fevre, Bd. 2,
S. 178; PM armes eofmjme MMg eappZZaZMe. Anonyme (wohl wallonische) Fortsetzung der Chronik
Sigeberts von Gembloux, Paris, BnF, ms. fr. 23018, fol. 484'; vgl. Brassart, Mission, S. 148.
339 Journal d un Bourgeois, S. 294f. (§576).
340 Siehe dazu Hotchkiss, Clothes, die in Bezug auf Jeanne d'Arc die geteilten Meinungen hervor-
hebt, ebd., S. 49-68. Beaune, Jeanne d'Arc, S. 151-157, beschreibt die mittelalterliche Kleidung
als Ausdruck traditioneller sozialer, ständischer und geschlechtspezifischer Rollenbilder, so
dass ein Ab weichen von der Norm als Auflehnung gegen die gottgegebene Ordnung inter-
pretiert werden konnte. Siehe auch Bouzy, Habits; Simon-Muscheid, Gekleidet, S. 35-41.
343 Basin, Charles VII, Bd. 1, S. 152-158; Chronique de la Pucelle, S. 272 und 275-277, 314. Für die
Forderung Jeannes, einen Harnisch tragen zu dürfen, siehe ebd., S. 280; Chroniques de Per-
ceval de Cagny, S. 140; Fes chroniques du Roi Charles VII, S. 133. Für Jeannes eigene Rechtfer-
tigung, Männerkleidung getragen zu haben, siehe Proces de condamnation, Bd. 1, S. 49f., 75,
93-95,343f.
342 OMC^Mes Ziomme MC Za ueid ZiaZgMer Mi/ sc pMrger, cZ Ze JäZsoZZ ZoMsjoMrs seereZemeMZ, cZ sZ Zc eas aducMoZZ
(/M'cZZc ZogcasZ HMX cZiHMips auec Zcs gCMS de gMerre, /HMMis MC sc dcsHHMoiZ. Chronique de la Pucelle,
S. 314. Als weiteres Argument wurde angeführt, es hätte seltsam ausgesehen, wenn sie unter
Männern in Frauenkleidern geritten wäre, siehe ebd, S. 314; Chartier, Chronqiue, Bd. 1, S. 89.
Vgl. dazu Beaune, Jeanne d'Arc, S. 156f.
343 pz ZoMS Zcs joMrs ciieuaMciiaiZ auec Zc roi, a graMde JbisoM de geMS d'armes, saMS aMCMMe jemme, ueZMe,
ZmrMHcZiee eZ armee eM gMZse d'Ziomme, MM gros ZiaZoM eM sa maiM, eZ i/MaMd aMCMM de ses geMS mepreMaZZ,
eZZe jfappaZZ dessMS de soM ZiaZoM graMds eoMps, eM maMiere de jemme Zres erMeZZe. Journal dun Bour-
geois, S. 294 (§573). Zum Vorwurf der Grausamkeit gegen Jeanne: Michaud-Frejaville, Effusion.
 
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