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Müsegades, Benjamin; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Fürstliche Erziehung und Ausbildung im spätmittelalterlichen Reich — Mittelalter-Forschungen, Band 47: Ostfildern, 2014

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34762#0042
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Weltliche und geistliche Söhne

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dem »Zwang der Verhältnisse«^ geschuldet war oder mit Gerhard Fouquet
von einem »Modernisierungsschub«^ gesprochen werden kann.^3
Festgelegt wurde die Rohe der einzelnen Söhne in der Regel durch den
Vater, beziehungsweise nach dessen Ableben durch einen regierenden
Verwandten. Für den geistlichen Stand vorgesehene Nachkommen mussten
dazu veranlasst werden, auf ihr väterliches Erbe zu verzichten.^ Erste
Urkunden, die im Untersuchungszeitraum über geistliche Karrieren von ein-
zelnen Söhnen Bestimmungen treffen, finden sich im 15. Jahrhundert im
Südwesten des Reichs. Noch 1426 hatte Pfalzgraf Ludwig III. vor seinem
Aufbruch zur Pilgerfahrt ins Heilige Land bestimmt, dass für den Fall seines
Todes sein ältester Sohn Ludwig IV. die Kurwürde erhalten und andere
Söhne (zu diesem Zeitpunkt war nur der spätere Friedrich I. geboren) ge-
meinschaftlich mit Ludwig IV. einige festgelegte Besitzungen innehaben, das
heißt ebenfalls im weltlichen Stand verbleiben, sollten.^ Bereits 1427 legte
Ludwig III. in seinem Testament fest, dass der mittlerweile geborene dritte
Sohn Ruprecht vorbehaltlich dessen eigener späteren Zustimmung, Kleriker
werden sollte.^ Die geistliche Karriere Ruprechts war dadurch allerdings
nicht unumstößlich festgelegt. So bestimmte Ludwig III. im Jahr 1436, dass im
Fall des frühzeitigen oder erbenlosen Todes seiner älteren Söhne Ludwig und
Friedrich Ruprecht die Kurwürde erhalten sollte.^? Da jedoch der Eventual-
fall nicht eintrat, wurde Ruprecht Domherr und schließlich Erzbischof von
Kolmes
Wie die Pfalzgrafen trafen auch andere kinderreiche reichsfürstliche
Häuser ab dem 15. Jahrhundert Bestimmungen über die Abschichtung von
Söhnen, wobei die fürstlichen Domherren ihren adligen Lebensstil
beibehalten durften.^ Zudem wurde wie im Fall Ruprechts von der Pfalz
stets die Möglichkeit offen gehalten, dass die Söhne im Falle eines

SPIEß, Erbteilung, S. 171. Die finanzielle Last bei einer Aulteilung der Herrschaft unter
mehreren Erben wird auch betont bei SPIEß, Safeguarding Property, 36-37.
222 FOUQUET, Das Speyerer Domkapitel im späten Mittelalter. Bd. 1, S. 70.
223 NOPTE, Familie, Hof und Herrschaft, S. 115.
224 SPIEß, Fürsten und Höfe im Mittelalter, S. 34.
223 Urkunde Pfalzgraf Ludwigs 1111., 28. August 1426, in: SCHAAB, Ausgewählte Urkunden, Nr.
111, S. 219-224. Siehe zu den Bestimmungen von 1426 SPIEß, Erbteilung, S. 177; COHN, The
Government of the Rhine Palatinate, S. 22-23; WIDDER, Karriere im Windschatten, S. 32;
HUTHWELKER, Tod, S. 114-115.
226 BHStA München, GeHA, HU Nr. 2624; zum Testament von 1427 SPIEß, Erbteilung, S. 171;
COHN, The Government of the Rhine Palatinate, S. 23; HUTHWELKER, Tod, S. 115-116.
227 BHStA München, GeHA, HU Nr. 2631; HUTHWELKER, Tod, Text E, S. 259-261. Hierzu WIDDER,
Karriere im Windschatten, S. 37; HUTHWELKER, Tod, S. 117.
228 Zur geistlichen Karriere Ruprechts WIDDER, Karriere im Windschatten.
229 SPIEß, Fürsten und Höfe im Mittelalter, S. 35. Für den nichtfürstlichen Hochadel vgl. SPIEß,
Familie und Verwandtschaft, S. 469. Erhard Hirsch hat darauf verwiesen, dass geistliche Söhne
gelegentlich in zwischendynastische Verträge aufgenommen wurden, um ihnen die Rückkehr in
den weltlichen Stand offen zu halten; HIRSCH, Generationsübergreifende Verträge, S. 133-138.
 
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