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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 3.1874-1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.4989#0026
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Alfred Kethel.

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gestalten, Kirchgängerinnen und Falken-
knaben, es war die Zeit, in welchee Immer-
mann als das verrätherische Wahrzeichen
der Dülseldorfer Schule bezeichnete: »dass das
Weiche, Ferne, Musikalil'che, Contemplative,
Subjective vor dem Starken, Nahen, Plalti-
schen, Handelnden vorwalte, dass die geniale
Sicherheit, die überzeugende Kraft und Noth-
wendigkeit der Geltalten fehle.« Seibit Karl
Friedrich Lessing, welcher später am ent-
schiedensten in andere Bahnen einlenkte, war
damals noch tauend und schwankend. Kethel,
so jung er war, ist niemals auf diese einseitig
lyrischc Auffassung und Behandlung einge-
gangen. Schon die frühcsten Compositionen
aus den Jahren 3i—34 wenden sich dem han-
delnden Leben zu, dem dramatischen Gegen-
satz der Geschichte. Blätter, wie der Zug
der Longobarden, die Schlacht Karl Martell's
bei Tour, der Kampf Rudolph's von Habs-
burg gegen die Raubritter, die Schweizer
vor der Schlacht bei Sempach und der Tod
Arnold's von Winkelried, wagen lieh bereits
mit bewunderungswürdiger geschichtlicher
Intuition in die gestaltenreiche Bewegtheit
von Siegeszügen und Schlachtengetümmel;
namentlich wurde, wie die vielfach wieder-
kehrenden , allmählich immer felter und
voller durchgebildeten Darstellungen aus
dem Leben des heiligen Bonifacius darthun,
die Phantasie des jungen Künltlers angereizt
durch die Kämpfe der halbwilden, trotzig
auf sich beharrenden heidnischen Germanen
gegen den begeilterten, gottvertrauenden, zu
kunftsfreudigen christlichen Glaubensprediger.
Und auch in der Formengebung zeigt lieh
sogleich das entsehiedenste Streben nach
scharf eingehender Charakteristik. Die Zeich-
nung ilt zuerst noch weich und schulmässig,
mit jedem Tag wird iie freier; iie hat zuerst
noch eine einseitige Vorliebe für das Ge-
drungene und Rundliche, bald bricht das
feinlte Schönheitsgefühl durch. Und höchst
überraschend ilt bei so früher Jugend die
zwingende Klarheit und Ruhe der Anordnung
und Gruppirung, welche freilich eine uner-
läßliche Eigenschaft des strengen historischen
Stils ilt, nichtsdeltoweniger aber lelbst bei
reifen Meistern nur seiten gefunden wird.
Die Umrisszeichnungen, welche der junge
Künitler in dielen Jahren für Adelheid v.
Stolterfoth's »Rheinischen Sagenkreis« lieferte,
geben nur eine unzulängliche Anschauung
von seinem damaligen Wollen und Können.
Die dämmernde Sagenwelt bot seinem feiten
Natur- und Geschichtssinn nicht genug An-
halt, und überdiess sind die Lithographien
dürftig und nachlässig.
Auch die erlten Bilder Rethel's welche
seit dem Jahre i833 in rascher Folge ent-
standen, lind vorzugsweise der Geschichte

des heil. Bonifacius entnommen. Reth
zeigte, dass, war er auch auf der Akaderni
beionders wegen seiner Genialität im y°,
poniren bewundert, er doch nicht minde
trefflich zu malen verstand. ,
Im Jahr i836 ging Rethel nach Frank-
furt. Er war damals zwanzig Jahre alt-
mehr er lieh seiner angeborenen Richtu e
bewusst wurde, in deito offenerem ^e£epr
latz fühlte er sich gegen Düsseldorf. ■
schloss lieh in tieflter Hingebung und >c
ehrung an Philipp Veit an. In Frank un-
wo er lieben Jahre verweilte, entfalte
lieh im rcgltcn Verkehr mit Veit, Schwing
Passavant und anderen Künltlern und ^UI?
freunden seine vollite Reife und Schöps ^
kraft. Ein Compositionsverein spornte un
kräftigte in edlem Wetteifer seine Erfindung
und Gestaltung; seine geschichtlichen Sto
führten ihn zu eingehenden geschichtheh^
Studien. Mit der wachsenden Kraft wucn-
die Lust und Unermüdlichkeit des Schäften-
Was ' Rethel's Namen unvergesslich macn '
ist grösstentheils in Erankfurt entstande >
oder wenigstens dort zuerst angeregt u
entworfen. u
Zunächil eine Anzahl von Bildern. N9
in Düsseldorf componirt, aber in Frankju
ausgeführt, ist das Gemälde im Städel'scne
Inihtut »Daniel in der Löwengrube;« es
von edler kräftiger Haltung und grolser i-
bendigkeit, und hat überdies den ^orfU^
ganz vortresflich gemalt zu sein. ^.?n,
ohne Zweifel noch mächtiger und ergren
der ist die »Nemesis,« jetzt im Besitz
Hrn. v. Reuter in Frankfurt. Mit walleu
dem Gewände durch die Lüfte Ichweben^
verfolgt die zürnende Rachegöttin mit dron
dem Schwert einen mit grausem Entiet2
ssiehenden Mörder. Die Gestalt der Go«
ist in Bewegung und Ausdruck so geW 0s[
und erhaben, der Verfolgte so Ichrecken
und ssuchbeladen, die Beleuchtung lo du
und schwer, dass, als durch die VerlooiUIj»
des Frankfurter Kunstvereins dieses B»d
die Hände eines berüchtigten Demagog
Verfolgers kam und dieser kurz daraus
Wahnsinn verfiel, die Meinung der Mentc^
hierin ein thatsächliches Zeugniss von
erschütternden Wirkung des Bildes J^ u
wollte; und doch ist dies Bild trotz seiner K1"-
und Mächtigkeit der Leidenschaft durchaus i
von jedem Aussehweifen in das GrässU
Und ebenso malte Rethel einige Jahre lp^^
für den Krönungssaal im Römer die Kai
bilder Philipp's von Schwaben, Maximilian & •
und IL und Karl's V. Es sind Portraits u
Sinn ernster Historienbilder, scharf inss».s
dualisirt, aber von dem tiessten Verständn»
der Persönlichkeit und ihrer geschichtlicn
Bedeutung getragen.
 
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