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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 5.1876-1877

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https://doi.org/10.11588/diglit.5786#0002
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(hdentliche Publikationen.

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die Bekanntschaft des Buchhändlers Arnold,
der wegen Richter's Aehnlichkeit mit einem
verdorbenen Sohne sich zu ihm hingezogen
fühlte und ihm, nachdem er die liebenswür-
dige Natur und das Talent des jungen Künst-
lers näher kennen gelernt hatte, die Mittel
zu einer Reise nach Italien verschasfte.
Richter trat 1823 seine Wanderung in das
gelobte Land der Künite an. In Rom er-
öffneten sich ihm eine neue Welt, neue
Ziele. Mächtig wirkten die Bestrebungen und
Schöpfungen jener genialen Männer auf ihn
ein, welche damals im Gegensatze zu dem
Manierismus der Zeit eine neue Kunst an-
bahnten. Eng schloss er sich dem alten Koch
an, und ebenso verdankte er seinem lachli-
schen Landsmanne, Julius Schnorr v. Karols-
feld, die nachhaltigste Anregung und Förder-
ung. Letzterer, selbst ein vorzüglicher
Landschaftszeichner, w ies ihn hauptsächlich
auf die Bedeutung der Staffage, auf den
Wechselbezug der Menschengestalt zur Land-
schaft hin, ein Moment, welchem unser
Künstler fortan die grösste Beachtung schenkte.
Ja, beinahe hätte er die Landschaftsmalerei
mit der Historienmalerei vertauscht. Neben
den neuen Freunden fand er in Rom zwei
alte Dresdener Studiengenossen wieder, den
Landschaftsmaler Oehme und den Historien-
maler Peschel, zwei ihm wahlverwandte
Seelen von gleich ernstem Streben, mit denen
er für das ganze Leben eng verbunden blieb.
Mit ihnen durchltreifte er studirend die Um-
gegend der ewigen Stadt, die Eindrücke der
Natur. eifrig in lieh aufnehmend. Das erste
grössere Gemälde, welches Richter in Rom
ausführte, war der »Watzmann in Abend-
beleuchtung« , eine Arbeit, von welcher ein
Berichterstatter des Kunstblattes (i824) schrieb,
dass sie das Höchste in der Landschafts-
malerei zu erwarten berechtige. Andere
Bilder mit italienischen Motiven folgten,
welche den tiefen Einfluss der Koch'lchen
Richtung bekundeten. Sein warmer Schön-
heitssinn, seine lebendige Naturempfindung
bewahrten ihn dabei vor den Stilhärten seines
Vorbilds. Obgleich sie weniger gewaltig sind
als die Schöpfungen des Letzteren, entsehädi-
gen die Bilder Richter's durch weicheren,
aber kaum minder poesievollen Zauber.
Nachdem der Künstler 1826 in sein Vater-
land zurückgekehrt, war Italien noch lange
das Land seiner Sehnsucht. Eine neue Rom-
fahrt wurde mit einigen Freunden geplant.
Doch das Projekt zerschlug lieh, und Richter
blieb fortan, von Ausflügen nach der Schweiz,
rirol u. s. w. abgesehen, in seiner sächlischen
Heimat. Um lieh einen häuslichen Heerd
gründen zu können, den bald eine frohe
Kinderschaar umspielte, nahm er 1828 eine
kleine Lehrerstelle an der mit der Porzellan-

fabrik in Meilsen verbundenen Zeichenschule
an. Bei Aufhebung jener Schule, im Jahre
i836, wurde er an die Akademie nach Dres-
\ den berufen, wo er den Umgang mit Künst-
lern wieder geniessen konnte, welchen er in
dem kleinen Meissen schmerzlich entbehrt
hatte. Seit dem Jahre i84i ist Richter an
genannter Akademie Profelsor und Vorstand
des Ateliers für Landschaftsmaler. Durch
seine persönlichen Eigenschaften, durch ver-
trauenerweckendes Eingehen auf die Eigen-
thümlichkeit seiner Schüler sowohl, als auch
durch die Strenge seiner Kunstanschauung und
die Macht seiner ursprünglichen Künstlernatur
iit die Lehrthätigkeit Richter's eine sehr er-
ipriessliche gewesen. Von seinen Schülern
sei hier nur der kürzlich in Rom verstorbene
Franz Dreber genannt.
Was die Bilder anlangt, welche der
Meister nach seiner Rückkehr in's Vaterland
malte, so behandelte er in denselben zunächst
noch eine Reihe italienischer Gegenssände;
später wendete er sich mit derselben Liebe der
heimischen Natur zu. Wir erinnern nur an
die durch zahlreiche Nachbildungen bekannt
gewordenen Bilder: »die Ueberfahrt«, »die
Abendandacht«, »den Brautzug im Frühling«;
Darsteilungen, in welchen die anmuthige,
aus dem Volksleben geschöpfte breite Staffage
mit der Landschaft in einheitlicher Stimmung
wirkungsvoll zusammenklingt. Daneben ra-
dirte er Vieles, Landschaftliches und Figür-
liches, nach eigenen und auch nach anderer
Künstler Zeichnungen. Seine letzten Blätter
auf diesem Gebiete und zugleich seine Haupt-
blätter waren: »Genoveva«, »Rübezahl« und
»die Ghriltnacht«. Im Ganzen zählt das radirte
Werk Richter's weit über 200 Blätter.
Die Thätigkeit des Meissers als Maler und
j Radirer tritt in der zweiten Hälfte seines
Schaffens nach und nach ganz zurück vor
seiner Thätigkeit als Zeichner und Illuitrator,
als welcher er sich rasch das Herz seiner
Nation, den Beifall der ganzen gebildeten
Welt gewann. Zu den ersten Arbeiten dieier
Art gehören die Holzschnitte zu den bei
O. Wigand in Leipzig erschienenen deutsehen
Volksbüchern. Hieran schlossen sich in ralchei
Folge Illufirationen zu Musäus, zu Hebel,
zu Goethe, zu Schiller's Glocke, zum Vater-
unler und zu zahlreichen anderen Schriften-
Ausserdem componirte er verschiedene Cyklen,
wie: BeschaulicheS und Erbauliches, die
Jahreszeiten, Für's Haus u. s. w., in denen
bald ein frommer Spruch, bald die Strophe
i eines alten Volksliedes, bald die Stelle aus
einem neueren Dichter, der Stab ist, den des
Künltlers Phantasie mit quellenden Erfin-
dungen umrankt. In Sympathie mit Trauer
und Freude, frommer Erhebung und heitei m
Kinderspiel schweift der Künstler über bers,
 
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