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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.4244#0011
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— 8 —

den Haufen rennen und in Vergessenheit bringen soll. Es
sind immer Leute, die es in etwas Rechtem zu nichts bringen
können und sich und andern »dieKunst erleichtern« wollen-
Alle diese Witze sind gewöhnlich schon ein paarmal vor-
her von anderen erfunden worden, doch das wollen sie
nicht glauben.
Schön war diese Abtheilung ausgefallen, jedoch ganz
ideal sie zu gestalten, vermochte der Leiter nicht, aller-
dings ohne selbst hieran Schuld zu tragen. Von Thoma
zum Beispiel waren Werke, wie die Satzungen es
vorschrieben (aus den letzten zwei Jahren und noch nicht
ausgestellt), vorhanden; die schönsten Werke, die Thoma
überhaupt geschaffen, waren es nicht. Ein halbes Dutzend
Farbendrucke von Behrens verloren sich an einer grossen
Wand "unter zahlreichen fremdartigen Werken. Zur
Geltung kämen sie erst, wenn Platz genug vorhanden
wäre, damit sie als kleine Sonderausstellung auftreten
dürften. Das Gute, was uns geboten wurde, sollte uns
dankbar und zufrieden machen; trotzdem nörgeln wir
noch? Aber' wäre es nicht ein herrlicher Plan, wenn
dieselbe Kraft, die uns schon so viel bot, einmal eine Aus-
stellung arrangiren dürfte, in der sie uns, ohne nur eine
einzige Concession machen zu müssen, das Beste von den
Besten in bester Anordnung zeigt! Sie könnte dann ein
Bild der deutschen Graphik während der letzten zehn
Jahre entrollen, das selbst dem grossen Publicum die
Augen für diese herrliche Kunst öffnen würde.
H. W. Singer.

Literatur.
Alfred Lichtwark. Das Bildnis in Hamburg.
Hamburg 1898. Zwei Bände. Als Manuscript gedruckt für
den Kunstverein zu Hamburg.
Ernst Zimmermann. Geschichte der Lithographie
in Hamburg. Festschrift zur Säcular-Feier der Erfindung
der Lithographie. Hamburg 1896. Verlag des Comites für
die Säcular-Feier. In 400 nummerierten Exemplaren
erschienen.
Vor vier Jahren etwa erschien im »Kunstwart« (IX. Jahrgang,
2. Heft) ein Vortrag Alsred Lichtwarks über »Die Geschichte der
Bildnismalerei«. Ich weiss nicht, ob dieser Aufsatz die Beachtung
gesunden hat, die er verdient. Auf ein paar Seiten wird da in geistvoller
Weise ein Überblick und Umriss dieses gewaltigen Gebietes der Kunst-
geschichte geboten. Ein einzelnes Capitel daraus behandelt nun derselbe
Schriststeller in seinem neuen Werke, das Bildnis in Hamburg. Als Feind
aller todten Historie, die uns nicht fördert, erklärt Lichtwark selbst sein
Buch für »kein Werk der Kunstgeschichte, sondern der Kunstpssege«.
Dennoch enthalten die zwei starken, reich itlustrirten Bände eine Fülle
kunstgeschichtlicher Mittheilungen. Während man in weiteren Kreisen
von Hamburger Porträtmalern vielleicht nur die Namen Balthasar Denners,
Ph. O.Runges und der Speckter kennt, wird uns hier die Geschichte des
Bildnisses in der zweitgrössten Stadt des Deutschen Reiches vom sünf-
zehnten Jahrhundert bis auf die Gegenwart im Zusammenhange gegeben.
Auch für die österreichische Künstlergeschichte sällt einiges ab, so die
Mittheilungen über Anton Hickel und sein Bildnis Klopstocks, besonders
aber die Nachrichten über das Wirken Qu ad als in Hamburg. Mit grosser

Liebe spricht Lichtwark über die Hamburger Nazarener1. Ich kann es mir
nicht versagen aus diesem Abschnitt eine Stelle anzusühren, die zugleich
als Probe der schriftstellerischen Art des Versassers dienen möge. Es ist
die Rede von einer Zeichnung Erwin Speckters, die uns die Familie am
Kafseetische zeigt. »Die Eltern sitzen auf dem Sopha, Vater Speckter mit
gestütztem Kopse in der Ecke. Die beiden erwachsenen Kinder dürfen
neben Herterich schon mit am Tische sitzen. Die jüngeren Schwestern
sitzen auf Stühlen an der Wand: das ist ein Übergang. Otto Speckter
steht hinter Herterichs Stuhl. Er darf überhaupt noch nicht sitzen*.
Trotz der stilistischen Sorglosigkeit ist dieses geschriebene Bildchen
vielleicht hübscher als das gezeichnete. Aussallen muss in dem Werke
das Fehlen der Plastik. Wer könnte eine Geschichte des Bildnisses in
Wien schreiben, ohne Tilgner zu nennen ?
Das andere der zwei neuen Bücher zur Hamburgischen Kunst-
geschichte behandelt die Geschichte einer Kunsttechnik. Nicht überall
ist die Jahrhundertseier der Lithographie so unbeachtet und spurlos
vorübergegangen wie in Wien, der Hauptstadt von Seneselders Vater-
land. In Hamburg hat man den Anlass benützt, um zum erstenmale die
Geschichte des Steindruckes in dieser Stadt zu schreiben. Das Verdienst,
die neue Erfindung eingeführt zu haben, gebürt zwei Männern, dem
Kausmanne Joh. Mich. Speckter und dem Maler Heinr. Joach. Herterich.
Im Jahre 1818 errichtete der alte Speckter die erste Steindruckerei mit
zehnjährigem Privileg und diese Anstalt besteht heute noch. Auch die
Geschichte der übrigen Druckereien erzählt Zimmermann, nennt dabei
die bedeutenderen Künstler, die in der neuen Technik thätig waren,
und gibt Verzeichnisse ihrer Arbeiten. Die Porträtlithographie hat sich
in Hamburg bis in die Achtziger-Jahre erhalten. Wenige, aber gut aus-
gewählte Abbildungen zieren das Buch. Es ist eine Festschrist und
Gelegenheitsarbeit im besten Sinne des Wortes.
A. T.
Gustave Bourcard: Felix Buhot. Catalogue
descriptif de son oeuvre grave. Avec une preface d'Arsene
Alexandre. Paris, H. Floury, 1899.
Dem sympathischen, seinen und liebenswürdigen französischen
Radirer Felix Buhot, der am 26. April 1898 gestorben ist, hat Gustave
Bourcard durch die Herausgabe des vorliegenden Verzeichnisses ein
schönes Denkmal gesetzt. Ein warm und lebendig geschriebener Nach-
rus aus der Feder Arsene Alexandres bildet die Einleitung. Das darauf
solgende Verzeichnis der Radirungen und Lithographien Buhots ist,
soweit wir sehen können, sehr sorgsältig gearbeitet; es gewinnt dadurch
an Wert, dass der Versasser die nachgelassenen Sammlungen und Aus-
zeichnungen des Künstlers benützen konnte, was eine besonders genaue
Beschreibung der Plattenzustände ermöglichte. Felix Buhot, zu Valognes
1847 geboren, ist, wie Fantin-Latour, aus der strengen Schule Lecoq de
Boisbaudrau's hervorgegangen; er begann mit der reproducirenden
Radirung, worin er Vorzügliches leistete, ging aber bald zur Original-
radirung und endlich zur Originallithographie über. Seine Specialität
waren stimmungsvolle Städtebilder aus Paris, London und kleineren
Städten. Daneben hat er auch eine grössere Zahl von Illustrationen zu
Romanen von Barbey d'Aurevilly und Alphonse Daudet radirt. Seine
Technik ist aussergewöhnlich zart und gediegen, seine Zeichnung
realistisch, aber dabei von einem eigenthümlich poetischen Reiz. Er hat
nicht sehr viel geschaffen, obwohl er sehr fleissig war. Der Katalog
Bourcards zählt nicht mehr als 186 Nummern; darunter sind nur sieben
Lithographien. Schade, dass ausser einem von F. Courboin radirten
Bildnisse Buhots keine Abbildungen gegeben worden sind. Bei der
Beschreibimg der reproducirenden Blätter des Künstlers fehlen, beiläufig
bemerkt, nähere Angaben über die wiedergegebenen Gemälde und der
Hinweis darauf, dass mehrere dieser Arbeiten auch in illustrirten Auctions-
katalogen erschienen sind. So findet man zum Beispiel die Radirung nach
Rubens" Raub der Hippodamia (Nr. 1>) im Katalog der Sammlung Camille
Marcille (Paris 1876) und die nach einer Landschaft von Cuyp im
Verzeichnis der Schneider'schen Versteigerung (Paris 1876).
G. G.
1 Einem von ihnen, Julius Oldach, hat Lichtwark inzwischen (1899) eine
eigene Schrist gewidmet. Leider ist das liebenswürdige Büchlein ebensalls als
Manuscript gedruckt und nicht im Buchhandel.
 
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