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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.4247#0010
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fand, der ihn wiederum am Hof vorstellte. Le Blon erhielt auch hier königliches Privileg.1 Es gab dazumalen keine
geschickten Schabkünstler in Paris, so dass seine erste Arbeit, die ihm gestellt wurde, eine Madonna nach Maratti
(Nr. 12) gänzlich misslang und auch die zweite Arbeit, das Bildnis Fleurys (Nr. 39) zu seinen schwächsten Arbeiten
gehört.2 Es scheint, dass die Commission,3 die eingesetzt worden war, um sein Verfahren zu prüfen, nun zum Schluss
gelangte, dass es zu schwierig und kostspielig sei, um je praktisch von Nutzen zu sein. Darauf bat er nochmals um
Gehör» und erklärte der Commission, wie man den Druck verbessern und verbilligen könne unter Hinzufügung einer
vierten schwarzen Platte. Diese zuerst gedruckt gibt Zeichnung und die hauptsächliche Schattenvertheilung, die
anderen drei coloriren das Bild nur, sozusagen.5
Zu genau demselben Schluss ist der Dreifarbendruck unserer Zeit gelangt, nur ist es bei ihm schneller gegangen.
Noch vor fünf Jahren war die Chemigraphenwelt voll von Dreifarbenrasterdruck und um das Patent gab es einen
grossen Rechtsstreit in Deutschland. Nachdem es dem Wesen nach allen freigegeben wurde, kümmert sich heute
schon kein Mensch darum. Die Praxis hat bewiesen, dass selbst die mechanische Photographie das Problem heute
noch nicht lösen kann (wie viel weniger der vor 150 Jahren nicht rein mechanisch arbeitende Künstler!) und der
heutige sogenannte Dreifarbendruck fast aller autotypischen Firmen ist in Wirklichkeit Vierfarbendruck.
Im grossen Ganzen wickelte sich Le Blons Pariser Aufenthalt recht ruhig ab und er hatte keine solchen Stürme
zu bestehen wie in England. Von Bailly6 erfahren wir: ».....le but principal de Leblond etait de reprendre son
»projet d'anatomie qu'il presenta ä l'academie des sciences.---Sa majeste, qui gratifla Leblond d'un logement
»et d'une pension continuee ä ses enfans7 apres sa mort, voulut que son secret lui survecüt, et qu'il formät des eleves
»pour perpetuer une invention utile ä la botanique, ä la geographie et surtout ä l'anatomie.
»Leblond donnait des lecons et travaillait ä une planche anatomique, lorque la mort l'enleva le 16 mai 1741. . . .«
Nach alledem können wir kein allzu günstiges Urtheil über unseren Künstler als Menschen fällen. Als er noch
jung war, geschah es nur durch Overbeeks Einschreiten, dass er vor allmählichem Versumpfen bewahrt blieb. Selbst
später noch gelangte Kunde seines Mangels an Beständigkeit bis zu Keyszlers Ohren in Rom. Gool, der ihm im
grossen Ganzen sehr das Wort spricht, muss auch auf Le Blons Art »door schoon praten en aennemelyke schyn-
redenen« Ziele zu erreichen, zurückkommen. Mit all dieser Redegewandtheit spielt er eine ziemlich klägliche Rolle in
der Generalversammlung vom 7. März 1722/3. Zweimal verschwendet er auf sträflichste Weise anderer Leute Geld
und verursacht zwei bedenkliche Bankerotte. Es ist ja wahr, er ist ein Enthusiast, eine jener unverbesserlichen
Erfinderseelen, wie man sie heute noch trifft: doch, gerade wie bei diesen, grenzt sein starres Festhalten an einer
undurchführbaren Theorie hart an Narrethei. Walpoles Resume über ihn wird den Nagel auf den Kopf tresfen. Er
sagt: »He (Le Blon) was a Fleming, and very far from young when I knew him, but of surprising vivacity and volubility
»and with a head admirably mechanic, but an universal projector, and with at least one of the qualities that attend that
»vocation, either a dupe or a cheat; I think the former, though, as most of his projesits ended in the air, the sufferers
»believed the latter. As he was much of an enthusiast, perhaps like most enthusiasts he was both one and the other.«
Ehe ich mich zum Verzeichnis der Le Blon'schen Farbendrucke wende, will ich noch kurz seine Gemälde
anführen, von denen ich bestimmte Kunde erhielt. Sehen wir uns die Nummern 10, 27 und 29 des Oeuvre-Katalogs
an, in denen der Meister eigene Gemälde vervielfältigte, so gewinnen wir den Eindruck, dass er als schöpferischer
Maler wohl seiner Zeit, kaum aber uns viel Vergnügen bereiten konnte.
1 S. Bailly Rccueil de Pieces interessantes . . . (Oeuvres posthumes) Paris 1810p. 30 »Sur le rapport de eommissaires nommes
par le roi pour l'examiner, 1'invcnteur obtint un privilege exclusif pour vingt ans, date du 12 novembre 1737, confirme le premier avril 1738, et
muni de lettres-patentes enregistrees le 24 juillet 1739.«
- Aus eben diese Weise erklärt Montdorge die Minderwertigkeit von Le Blons Pariser Arbeiten und hebt denen entgegen die Londoner
hervor. Siehe seinen Bries im Mercure de France Juillet 1749, datirt »Montdorge/a Paris, le 20 juin 1749.«
3 Aus eben angesührtem Bries ersahren wir, dass Montdorge, Duhamel und du Kay die Mitglieder der Commission waren. Das Privileg bedingte,
dass Le Blon seine Erfindung den Naturwissenschaften nutzbar machen, sie veröfsentlichen und Schüler bilden sollte.
4 Portalis et Beraldi, Les graveurs du XVTIIe siecle. Paris 1880—2 8». Bd. II Pag. 600.
5 Bekanntlich hat Gautier in Briesen an den Mercure de France und namentlich in zahlreichen Erwiderungen (auf Angrifse seitens eines
Anonymen, seitens Roberts etc., Juli 1749, November 1755, December 1755, Februar 1756, März 1756) in seinen eigenen »Observations Sur
1'Histoire Naturelle.....« immer wieder die Behauptung gebracht, Le Blon habe nie mit vier Farben (d. h. mit der schwarzen Grundplatte)
gearbeitet, sondern dass sei seine (Gautiers) Erfindung. Aus Seite 125 u. s. des 6. Bandes der 4° Ausgabe sucht er das zu beweisen und führt
u. A. die eidliche Aussage des Druckers Moufsie an. Damals nahm man solche Sachen nicht so genau, wie es scheint, gerade wie zur Zeit Ploos' van
Amstel, der auch eine absolut salsche Aussage amtlich ausgehändigt bekam. Wenn wir es nicht ad oculos demonstriren könnten, so wüssten wir
u. A. aus dem schon mehrsach angesührten Briese Montdorges, dass Le Blon die schwarze Grundplatte benutzt hat. Vom Bildnis Van Dycks (Nr. 33)
existiren Abdrücke der schwarzen Platte in Verbindung mit nur der gelben, ausserdem Abdrücke der drei einzelnen Farbenplatten blau, gelb und
roth. Immerhin muss man zugeben, dass etwas wahres an Gautiers Behauptung ist, insosern er die schwarze Platte theoretisch als Grundbedingung
ausstellte und von ihr ausging, während Le Blon (wie auch Montdorge zugibt) sie nur als Nothbehels und gegen seine Überzeugung anwendete.
« ibid., p. 31.
1 So auch Montdorge im östers angesührten Brief an den Mercure Juli 1749 » . . . Car en aecordant une pension ä l'Inventeur, qui meme
apres sa mort a ete payee a ses enfans, . . . «. Wie sich dies mit Gools Aussage (dass Le Blons Frau und einziges Kind 1715 starben) reimt,
vermag ich nicht anzugeben. Er müsste geradezu nach seinem 50. Jahre nochmals geheiratet haben.
 
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