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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.4247#0027
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_ 22 _
Aus Sammlungen.

Rubens-Ausstellung der Albertina.
An die Ausstellung von Dürers Handzeichnungen,
mit welchen das Programm, die alten Meister in ihren
Skizzen und Entwürfen nach und nach dem Publicum
vorzuführen, begonnen wurde, reihte sich als Fortsetzung
jene der Rubens-Handzeichnungen. Die grosse Anzahl so-
wie die Qualität dieser Blätter ergaben von selbst die Wahl
dieses Meisters. Nicht der Louvre, wie gewöhnlich an-
genommen wurde, sondern die Albertina darf sich des
grössten Nachlasses aus Rubens' Atelier rühmen. Als der
Herzog von Sachsen-Teschen, der Gründer der Albertina,
in den Niederlanden als Gouverneur weilte und an
Zeichnungen holländischer und vlämischer Maler zu-
sammenkaufte, was ihm nur möglich war, so dass er sich
die reichste und bedeutendsteSammlung fürdieseSchulen
gründete, bot sich ihm auch die Gelegenheit, den Rest
einer Rubenscollection, soweit sich derselbe nach mehr-
fachem Besitzwechsel und nach vielfachen Einbussen
erhalten hatte, en bloc zu erwerben. Max Rooses stellte
aus den vielen Notizen über Personalien, die nur ein
Rubens Nahestehender noch wissen konnte und die mit
Rothstift auf die Blätter vermerkt wurden, mit ziemlicher
Sicherheit fest, dass die Rubens-Handzeichnungen der
Albertina den Rest des grossen Nachlasses nach dem
Tode des Meisters bilden müssen.
Die Ausstellung folgt der Chronologie, soweit sich
die Nachweise herstellen Hessen, und gibt in den darüber
aufgehängten Kupferstichen immer eine bildliche Erklärung
für die Vorstudien und Entwürfe. Diese Einrichtung
gereicht dem Beschauer nicht bloss zur Belehrung, sondern
auch zur genussreichen Unterhaltung, die einzelnen
figuralen Studien in den Compositionen selbst aufzu-
suchen und zu vergleichen.
Aus dem italienischen Aufenthalte sind nur wenige
und meist belanglose Nachzeichnungen nach der Antike
vorhanden. Dagegen wird die Hauptperiode des Meisters,
seine Niederlassung in Antwerpen, durch eine Fülle der
schönsten und vollendetsten Blätter repräsentirt. Die
berühmte Kreuzabnahme in Antwerpen, das jüngste
Gericht in München, die Anbetung der Hirten in Rouen,
das Martyrium der heiligen Katharina in Lille, die Sünder-
madonna in Cassel, der Ildefonsaltar in Wien finden so
wie noch viele andere Gemälde hier in diesen Einzel-
studien ihre Anfänge wieder. Die wirkungsvollsten Blätter
der Sammlung aber bleiben die Porträte, eine Serie der
herrlichsten Köpfe in Schwarz und Roth, voll der Kraft
und Genialität.
Der selbstgefällige englische Günstling Herzog von
Buckingham, der Artilleriegeneral Marquis de la Genesse
mit dem trotzigsten Ausdrucke bilden zwei Charakter-
köpfe ersten Ranges. Daneben reihen sich zarte Frauen-
und Kinderporträte, insbesondere nach seinem Lieblings-
sohne Niclas, der mit fünf Bildnissen vertreten ist.

Decorative Skizzen für Kapellen und Altäre, Vorzeich-
nungen für Titelblätter, welche in Kupser gestochen
wurden, ergänzen das Bild der vielgestaltigen Thätigkeit
Rubens'.
Van Dyck und Jacob Jordaens, seine beiden Haupt-
schüler, schliessen sich dem Meister durch eine genügende
Auswahl von Studienblättern an; der erstere mit erstaun-
lich fertig gezeichneten Porträten sür die sogenannte
Iconographie, der letztere mit buntsarbigen Entwürsen sür
Gobelins. Schüler zweiten Grades, Werkstattgenossen
und Nachahmer wie Diepenbeck, Com. Schut, Erasmus
Quellinus, Pieter van Mol, Anton Sallaert, Van Thulden
beschliessen die lange Reihe der Vitrinen.
J M.

Amerika.
New-York wird endlich auch eine nennenswerte
Kupferstichsammlung haben. Den Grundstein dazu hat
Herr Samuel G. Avery gelegt, indem er seine herrliche
Sammlung moderner Radirungen, Lithographien u. s. w.
der grossen Bibliothek geschenkt hat, welche aus der
Vereinigung der schon bestehenden Bibliotheken — Astor,
Lennox, u. s. w. — gebildet werden soll. Die Avery'sche
Sammlung besteht aus ungefähr 15.000 Blatt lauter aus-
gesuchte Drucke, die meistens von den Künstlern selbst
ausgesucht wurden. Herr Avery war in srüheren Jahren
Kunsthändler und schenkte hauptsächlich der sranzösi-
schen Kunst besondere Aufmerksamkeit, wodurch er
natürlich mit den französischen Künstlern der Periode in
intime Berührung kam. Jedoch beschränkt sich seine
Sammlung nicht allein aus diese KünstTer. Sie schliesst
z. B. ein ausgewähltes Werk Whistlers ein. Unter älteren
Künstlern ist sodann Turner vertreten, dessen »Liber
studiorum« in reinen Ätzdrucken, sowie in ersten und
späteren Zuständen vorhanden ist. Die Sammlung ist
gegenwärtig dem Publicum in der Lennox Library zu-
gängig gemacht worden.
Die Drucksammlung (Point Departement) des Kunst-
museums in Boston hat kürzlich einen bedeutenden
Zuwachs erhalten, indem der vor nicht langer Zeit in
Paris verstorbene amerikanische Maler Babevek dem
Museum seine Sammlung von Stichen, Radirungen, Litho-
graphien u. s. w. vermacht hat. Die Sammlung besteht
aus über 7500 Blatt, illustrirten Büchern, u. s. w„ darunter
eine grosse Anzahl Daumier'scher Lithographien. Unter
den vorjährigen Acquisitionen desselben Museums ist
ganz besonders hervorzuheben eine complete Serie von
Turners »Liber studiorum«, alle, ausser vier Blatt,
erster Zustände, auch finden sich von weitaus den meisten
Blättern die Ätzdrucke. Die Sammlung gehörte einem
Verwandten Turners, der im Süden der Vereinigten
 
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