Institute eine kraftvoll ausgeführte Kreidezeichnung von
der Hand Michel Angelos. Dies Blatt besteht in einer
Studie des Meisters für die Figur der Jungfrau in der
»Verkündigung«, später von Marcello Venusti gemalt.
Ursprünglich befand sich die Zeichnung in der »Buona-
rotti-Sammlung«, dann in der »Wicar Collection«,
und von hier kam sie in den Besitz des bekannten
Malers Sir Thomas Lawrence. Cima da Conegliano
ist durch eine Federzeichnung, eine Landschaft
darstellend, vertreten, und ferner erhielt das Museum
noch vier fehlende Blätter, mit je zwei Skizzen, von der
»Finiguerra-Serie«, welche Mr. Sidney Colvin von Ruskin
erwarb. Diese bisher fehlenden vier Blätter konnten
seinerzeit selbstverständlich nicht in dem hochwichtigen
Werke über Finiguerra reproducirt werden, das der
genannte Director des Kupferstichcabinets herausgab und
über welches bereits früher an dieser Stelle berichtet worden
ist. Unter dem Zuwachse ist ausserdem sehr bemerkens-
wert eine Reihe hübscher Zeichnungen von Primaticcio,
so besonders: eine »Caritas«, von zahlreichen Kindern
umgeben, »Das Fest der Götter« und »Apollo und die
Musen«. Durch Kauf gelangten ferner 24 Zeichnungen
von J. R. Cozens in den Besitz der staatlichen Sammlung.
Besagte Blätter entstanden 1776 bei Gelegenheit einer
Reise nach der Schweiz mit Payne Knight, so unter
anderen: Luzern, Martigny, Bex, Thun und der Mont
Blanc. Im ganzen kann man von den angeführten
Ansichten behaupten, dass sie mehr ideal als der Wirk-
lichkeit entsprechend aufgefasst sind.
Merkwürdigerweise besass das Cabinet bisher keine
Zeichnungen von Sir John Millais. Kürzlich wurde nun
diese Lücke durch den Ankauf einer Federzeichnung des
genannten Meisters ausgefüllt. Letztere gehört zu einer
Serie von 19 Blättern, welche Millais für das Werk
»Parables of our Lord and Saviour« entwarf. Durch
Routledge wurde das Werk 1864 veröffentlicht, nachdem
Dalziel vorher die Zeichnungen im Stich wiedergegeben
hatte. Das betresfende Buch ist sehr selten geworden, da
die Illustration als eine der besten zeitgenössischen
Arbeiten gilt. Das oben erwähnte Blatt stellt das mit grosser
dramatischer Kraft behandelte Gleichnis von der köst-
lichen Perle dar, die ein Kaufmann fand und für die er
alle seine Schätze hingab, um sie zu besitzen. Als Buch-
illustrator hat Millais mit diesen Entwürfen und nament-
lich mit der hier in Rede stehenden Zeichnung seinen
grössten Triumph gefeiert. Bei der Auction der »Tebbs-
Sammlung« kaufte der bekannte Bilderhändler Agnew
das Werk für 600 Gulden, und von diesem gelangte die
Zeichnung für einen jedenfalls beträchtlich höheren Preis
an das British-Museum. 0. v. Schleinitz.
Niederlande. Die Direction des Boijmans-
Museums in Rotterdam kaufte im Laufe des Sommers 1900
eine grosse Reihe von Bildnissen Jan Veths, in
Lithographie und Radirung. Schon allein wegen der
hohen Bedeutung der dargestellten Personen wäre die
Sammlung der Vethschen Porträte ungewöhnlich
interessant; denn Männer wie Dr. W. Bode, Josef
Israels, Bebel, der Ingenieur Conrad, der Schriftsteller
v. Eeden, der Dichter-Politiker Dr. Schaepman u. s. w.
sassen ihm Modell. Aber wieviel Werth gewinnen diese
Bildnisse nicht nur durch die im vollsten Sinne des Wortes
unübertreffliche, ungemein kräftige, beinahe Dürer'sch-
scharfe Zeichnung, sondern auch durch die aufsallende,
sich dem Beobachter sofort mittheilende Hingebung,
mit der sich die Seele des Künstlers in die Seele der
Modelle versenkt hat. Um meine ganze Bewunderung aus-
zusprechen, kann ich nichts besseres sagen, als dies:Veths
»Zeitgenossen« sind, obgleich einfache mit Bleistift,
Kreide oder Kohle ausgeführte Porträte, wirklich grand
art und, in ihrer speciellen Art, den Staalmeesters des
einzigen Rembrandt beinahe ebenbürtig. Pol de Mont.
Di e Ausstell ung v on künstlerischem Bild er-
schmuck für Schul en im D resdener Ku pfe rst ich -
Cabinet.
Diese Vierteljahrs-Ausstellung ist trotz ihres geringen
Umfanges bemerkenswert, weil sie zwar nicht die erste
derartige Veranstaltung überhaupt, jedoch die erste ist,
die das Versprechen, das ihre Überschrift birgt, auch
einlöst. »Kunst für die Schule!« ist seit einigen Jahren
das Losungswort einer unserer vielen »Bewegungen«
geworden, die in den meisten Culturländern lebhaft
besprochen wird. Fast ausnahmslos waltet aber eine
Verwechslung der Begrifse ob. Eine vollständige Auf-
zählung dieser Bestrebungen ist hier überflüssig; ich will
nur einige der bekanntesten herausgreifen. Da ist zuerst
die schon 1883 in London gegründete »Art for Schools
Association« zu nennen, und es ist an die Hamburger
Ausstellung von 1897 zu erinnern. Veröffentlichungen
wie Seemanns Wandbilder fassen dasselbe Ziel ins Auge.
Alle miteinander aber scheinen mir zu wenig zwischen
Kunst und Kunstgeschichte zu unterscheiden.
Zur Hamburger Ausstellung erschien eine Broschüre
von Dr. Spanier, die zugleich einen Katalog der aus-
gestellten Werke bot. Wir finden hier Photographien,
Lichtdrucke und Photogravüren aufgezählt nach Böcklin,
Botticelli, Cornelius, Defregger, Dubois, Dürer, van Eyck,
Hals, Holbein, Hoogh, Kampf, Klinger, Max, Menzel,
Millet, Murillo, Ludwig Richter, Rembrandt, Rasfael,
Schongauer, Spangenberg, Thoma, Tizian, Vautier, P.
Vischer etc. Dies ruft entschieden den Eindruck hervor,
als habe jemand, nach berühmten Mustern, »die hundert
besten Kunstwerke« zusammenstellen wollen, um einen
Überblick über die jeweiligen Höhepunkte des Kunst-
schaffens zu geben. Es ist historisch belehrend, aber nicht
künstlerisch anregend.
Es will mir scheinen, dass man damit der grossen
Hauptklippe der ganzen Bewegung, nämlich der
Belehrung, gerade zugesteuert ist, anstatt ihr möglichst
weit auszuweichen. Wer es sich recht überlegt, wird
wahrscheinlich am Ende damit übereinstimmen, dass man
der Hand Michel Angelos. Dies Blatt besteht in einer
Studie des Meisters für die Figur der Jungfrau in der
»Verkündigung«, später von Marcello Venusti gemalt.
Ursprünglich befand sich die Zeichnung in der »Buona-
rotti-Sammlung«, dann in der »Wicar Collection«,
und von hier kam sie in den Besitz des bekannten
Malers Sir Thomas Lawrence. Cima da Conegliano
ist durch eine Federzeichnung, eine Landschaft
darstellend, vertreten, und ferner erhielt das Museum
noch vier fehlende Blätter, mit je zwei Skizzen, von der
»Finiguerra-Serie«, welche Mr. Sidney Colvin von Ruskin
erwarb. Diese bisher fehlenden vier Blätter konnten
seinerzeit selbstverständlich nicht in dem hochwichtigen
Werke über Finiguerra reproducirt werden, das der
genannte Director des Kupferstichcabinets herausgab und
über welches bereits früher an dieser Stelle berichtet worden
ist. Unter dem Zuwachse ist ausserdem sehr bemerkens-
wert eine Reihe hübscher Zeichnungen von Primaticcio,
so besonders: eine »Caritas«, von zahlreichen Kindern
umgeben, »Das Fest der Götter« und »Apollo und die
Musen«. Durch Kauf gelangten ferner 24 Zeichnungen
von J. R. Cozens in den Besitz der staatlichen Sammlung.
Besagte Blätter entstanden 1776 bei Gelegenheit einer
Reise nach der Schweiz mit Payne Knight, so unter
anderen: Luzern, Martigny, Bex, Thun und der Mont
Blanc. Im ganzen kann man von den angeführten
Ansichten behaupten, dass sie mehr ideal als der Wirk-
lichkeit entsprechend aufgefasst sind.
Merkwürdigerweise besass das Cabinet bisher keine
Zeichnungen von Sir John Millais. Kürzlich wurde nun
diese Lücke durch den Ankauf einer Federzeichnung des
genannten Meisters ausgefüllt. Letztere gehört zu einer
Serie von 19 Blättern, welche Millais für das Werk
»Parables of our Lord and Saviour« entwarf. Durch
Routledge wurde das Werk 1864 veröffentlicht, nachdem
Dalziel vorher die Zeichnungen im Stich wiedergegeben
hatte. Das betresfende Buch ist sehr selten geworden, da
die Illustration als eine der besten zeitgenössischen
Arbeiten gilt. Das oben erwähnte Blatt stellt das mit grosser
dramatischer Kraft behandelte Gleichnis von der köst-
lichen Perle dar, die ein Kaufmann fand und für die er
alle seine Schätze hingab, um sie zu besitzen. Als Buch-
illustrator hat Millais mit diesen Entwürfen und nament-
lich mit der hier in Rede stehenden Zeichnung seinen
grössten Triumph gefeiert. Bei der Auction der »Tebbs-
Sammlung« kaufte der bekannte Bilderhändler Agnew
das Werk für 600 Gulden, und von diesem gelangte die
Zeichnung für einen jedenfalls beträchtlich höheren Preis
an das British-Museum. 0. v. Schleinitz.
Niederlande. Die Direction des Boijmans-
Museums in Rotterdam kaufte im Laufe des Sommers 1900
eine grosse Reihe von Bildnissen Jan Veths, in
Lithographie und Radirung. Schon allein wegen der
hohen Bedeutung der dargestellten Personen wäre die
Sammlung der Vethschen Porträte ungewöhnlich
interessant; denn Männer wie Dr. W. Bode, Josef
Israels, Bebel, der Ingenieur Conrad, der Schriftsteller
v. Eeden, der Dichter-Politiker Dr. Schaepman u. s. w.
sassen ihm Modell. Aber wieviel Werth gewinnen diese
Bildnisse nicht nur durch die im vollsten Sinne des Wortes
unübertreffliche, ungemein kräftige, beinahe Dürer'sch-
scharfe Zeichnung, sondern auch durch die aufsallende,
sich dem Beobachter sofort mittheilende Hingebung,
mit der sich die Seele des Künstlers in die Seele der
Modelle versenkt hat. Um meine ganze Bewunderung aus-
zusprechen, kann ich nichts besseres sagen, als dies:Veths
»Zeitgenossen« sind, obgleich einfache mit Bleistift,
Kreide oder Kohle ausgeführte Porträte, wirklich grand
art und, in ihrer speciellen Art, den Staalmeesters des
einzigen Rembrandt beinahe ebenbürtig. Pol de Mont.
Di e Ausstell ung v on künstlerischem Bild er-
schmuck für Schul en im D resdener Ku pfe rst ich -
Cabinet.
Diese Vierteljahrs-Ausstellung ist trotz ihres geringen
Umfanges bemerkenswert, weil sie zwar nicht die erste
derartige Veranstaltung überhaupt, jedoch die erste ist,
die das Versprechen, das ihre Überschrift birgt, auch
einlöst. »Kunst für die Schule!« ist seit einigen Jahren
das Losungswort einer unserer vielen »Bewegungen«
geworden, die in den meisten Culturländern lebhaft
besprochen wird. Fast ausnahmslos waltet aber eine
Verwechslung der Begrifse ob. Eine vollständige Auf-
zählung dieser Bestrebungen ist hier überflüssig; ich will
nur einige der bekanntesten herausgreifen. Da ist zuerst
die schon 1883 in London gegründete »Art for Schools
Association« zu nennen, und es ist an die Hamburger
Ausstellung von 1897 zu erinnern. Veröffentlichungen
wie Seemanns Wandbilder fassen dasselbe Ziel ins Auge.
Alle miteinander aber scheinen mir zu wenig zwischen
Kunst und Kunstgeschichte zu unterscheiden.
Zur Hamburger Ausstellung erschien eine Broschüre
von Dr. Spanier, die zugleich einen Katalog der aus-
gestellten Werke bot. Wir finden hier Photographien,
Lichtdrucke und Photogravüren aufgezählt nach Böcklin,
Botticelli, Cornelius, Defregger, Dubois, Dürer, van Eyck,
Hals, Holbein, Hoogh, Kampf, Klinger, Max, Menzel,
Millet, Murillo, Ludwig Richter, Rembrandt, Rasfael,
Schongauer, Spangenberg, Thoma, Tizian, Vautier, P.
Vischer etc. Dies ruft entschieden den Eindruck hervor,
als habe jemand, nach berühmten Mustern, »die hundert
besten Kunstwerke« zusammenstellen wollen, um einen
Überblick über die jeweiligen Höhepunkte des Kunst-
schaffens zu geben. Es ist historisch belehrend, aber nicht
künstlerisch anregend.
Es will mir scheinen, dass man damit der grossen
Hauptklippe der ganzen Bewegung, nämlich der
Belehrung, gerade zugesteuert ist, anstatt ihr möglichst
weit auszuweichen. Wer es sich recht überlegt, wird
wahrscheinlich am Ende damit übereinstimmen, dass man