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gemässen Vereinfachung der Form. Für uns sind sie
natürlich nur als Anregung, nicht praktisch verwertbar,
wegen der grossen Rolle, die die englische Aufschrift bei
ihnen spielt. Die Wahl der Aufschriften ist trefslich und die
decorative Verwertung fast immer so glücklich, dass man
annehmen kann, auch die Kinder werden sie mehr als
Theil des Kunstwerkes, denn als Erklärung empfinden, —
aber für uns müssten sie natürlich deutsch sein.
Aus Deutschland war dem bislang nichts gleich-
zusetzen. Der einzig bekannt gewordene Versuch ist
P. Kaysers stark missglückter »Hamburger Hafen«. Das
Bild ist in der Mitte zwischen Anschauungsbild und
Kunstwerk stecken geblieben, nicht erzählend genug für
das eine, nicht frei genug für das andere. Wie anders
hätten diese Farben,bei der gewählten grellenBeleuchtung,
herausschlagen müssen, wenn der Urheber das Werk rein
auf die künstlerische Note gestimmt hätte.
Jedoch gibt es auch heute schon in Deutschland
einiges Material, das zwar nicht zu Schulzwecken
geschafsen wurde, aber wohl verwendet werden kann.
Davon wurde Einiges, vornehmlich Steindrucke von Thoma
und Marianne Fiedler-Müller, auch die Barlösius'sche
Wartburg (die gute Wirkung der Hauptsache hat der
Künstler leider durch die unerträgliche Schnörkelei des
Beiwerks und den Ritter beinträchtigt) etc. ausgestellt.
Diese Bilder sind freilich noch zu theuer für Schul-
zwecke. Sie werden nur selten, wenn sich stiftende Gönner
Ausstellungen.
Ausstellung von Arbeiten Walter Cranes im
k. k. österreichischen Museum für Kunst und
Industrie in Wien (Januar und Februar 1901).
Die Arbeiten kamen aus Pest, wo sie in den
ungünstigen Räumen des neuen Kunstgewerbe-Museums
nicht gerade zur Geltung gelangt waren. Die Auswahl
der Werke hatte Crane selbst getrosfen, und so musste
es die Wiener Direction wohl als Pflicht empfinden,
dem Publicum die Sammlung möglichst vollständig vor-
zuführen. Leider sind ja die Räume des österreichischen
Aluseums, wie jeder Besucher weiss, in jeglicher Hinsicht
unzulänglich; so lange der geplante Erweiterungsbau
nicht ausgeführt ist, können kaum die dauernden Samm-
lungen in halbwegs entsprechender Weise untergebracht
werden, und wenn man auf die Vorführung neuer An-
regungen nicht ganz verzichten will, muss man immer
einen Theil des Vorhandenen umbauen und verstecken,
um Neues vorführen zu können. Wenn man diese
Schwierigkeiten erwägt, wird man zugeben müssen,
dass die Ausstellung, die jedes Stück ins rechte Licht und
in passende Umgebung zu bringen suchte, eine durchaus
anerkennenswerte Leistung war. Wenn man so günstige
Räume wie die Secession hat, kann man Ausstellungen
freilich anders anordnen. Aber warum das Bessere zum
Feinde des Guten machen? Es handelte sich darum, ob
man die Ausstellung unter schwierigen Verhältnissen
finden, verwertet werden können. Praktischen Wert für
die Schule haben solche Bilder erst, wenn sie den bei-
spiellos billigen Preis der grossen Rivieres — acht Mark
für zwölffarbigen Steindruck! — erreichen. Es scheint,
dass dies aber auch bei uns in Aussicht steht. Während
diese Zeilen geschrieben werden, versendet der Karls-
ruher Künstlerbund seine ersten Versuche auf diesem
Felde. Zu gleicher Zeit kündet der R. Voigtländer'sche
Verlag für den Herbst eine Reihe Schulbilder grosse,
wohlfeile Farbensteindrucke an, darunter: »An der Nord-
see« von Cissarz, »Die Marienburg« von Leistikow,
»Das Berliner Schloss« von Skarbina, »Aus den Dolo-
miten« von Fhr. v. Myrbach. Für die Künstler möchte die
Losung sein: decorative Fernwirkung — die Kinder
müssen von der Schulbank aus das Werk gemessen
können — und Vermeiden alles Lehrhaften, rein
Erzählerischen!
Zum Erfolge würde natürlich wie bei Riviere ein
Vertrieb von mindestens 1000 Exemplaren nöthig sein!
Aber der erscheint mir, bei den Leistungen, die solche
Namen versprechen, nicht zweifelhaft. Unsere Ausstellung,
wie sie war, hat schon in den betheiligten Kreisen das
grösste Interesse erweckt. Daraufhin ist schon in Dresden
mit dem Ausschmücken wenigstens einer Schule begonnen
worden. Ich glaube, man wartet allerorts nur auf gutes
Material, das zugleich erschwinglich ist: wenn es da ist,
wird es reissend abgehen. Hans W. Singer.
oder gar nicht bringen sollte. Und wir glauben, Walter
Crane ist doch immer noch wert, gesehen zu
werden.
Allerdings waren die Werke selbst für vier Säle, die
man unter grossen Schwierigkeiten zur Verfügung
gestellt hatte, etwas viel; eine halbe Stunde genügte nicht
zum Besuche. Und Sammel-Ausstellungen eines einzel-
nen Künstlers sind immer etwas Gefährliches. Es ist ja
selbstverständlich, dass ein Künstler glänzender wirkt,
wenn man nur einzelne seiner besten Leistungen vor-
führt; unter einer grösseren Anzahl wird natürlich
manches weniger Packende und vielleicht auch wirklich
Schwächeres sein — insbesondere bei einem Künstler, der
von so fabelhafter Fruchtbarkeit und auf so vielen
Gebieten thätig ist, wie Walter Crane. Der eingesendeten
Werke waren, wenn man jede einzelne Zeichnung
zählte, über 1000, und es waren darunter grosse Ölbilder,
Aquarelle, Federzeichnungen, Bücher, Keramiken, Metall-
arbeiten, Stickereien, Webereien, bedruckte Stofse und
Entwürfe für Arbeiten in fast allen kunstgewerblichen
Techniken. Hatte man sich also auch bemüht, in die
ungeheure Masse Ordnung zu bringen, so war zum
Studium immerhin Aufnahmsfähigkeit und guter Wille
nöthig, zum mindesten wiederholter Besuch. Doch wurde
dieser reichlich gelohnt. Wenn vor einigen Jahren im
österreichischen Museum auch schon einmal eine, übrigens
gemässen Vereinfachung der Form. Für uns sind sie
natürlich nur als Anregung, nicht praktisch verwertbar,
wegen der grossen Rolle, die die englische Aufschrift bei
ihnen spielt. Die Wahl der Aufschriften ist trefslich und die
decorative Verwertung fast immer so glücklich, dass man
annehmen kann, auch die Kinder werden sie mehr als
Theil des Kunstwerkes, denn als Erklärung empfinden, —
aber für uns müssten sie natürlich deutsch sein.
Aus Deutschland war dem bislang nichts gleich-
zusetzen. Der einzig bekannt gewordene Versuch ist
P. Kaysers stark missglückter »Hamburger Hafen«. Das
Bild ist in der Mitte zwischen Anschauungsbild und
Kunstwerk stecken geblieben, nicht erzählend genug für
das eine, nicht frei genug für das andere. Wie anders
hätten diese Farben,bei der gewählten grellenBeleuchtung,
herausschlagen müssen, wenn der Urheber das Werk rein
auf die künstlerische Note gestimmt hätte.
Jedoch gibt es auch heute schon in Deutschland
einiges Material, das zwar nicht zu Schulzwecken
geschafsen wurde, aber wohl verwendet werden kann.
Davon wurde Einiges, vornehmlich Steindrucke von Thoma
und Marianne Fiedler-Müller, auch die Barlösius'sche
Wartburg (die gute Wirkung der Hauptsache hat der
Künstler leider durch die unerträgliche Schnörkelei des
Beiwerks und den Ritter beinträchtigt) etc. ausgestellt.
Diese Bilder sind freilich noch zu theuer für Schul-
zwecke. Sie werden nur selten, wenn sich stiftende Gönner
Ausstellungen.
Ausstellung von Arbeiten Walter Cranes im
k. k. österreichischen Museum für Kunst und
Industrie in Wien (Januar und Februar 1901).
Die Arbeiten kamen aus Pest, wo sie in den
ungünstigen Räumen des neuen Kunstgewerbe-Museums
nicht gerade zur Geltung gelangt waren. Die Auswahl
der Werke hatte Crane selbst getrosfen, und so musste
es die Wiener Direction wohl als Pflicht empfinden,
dem Publicum die Sammlung möglichst vollständig vor-
zuführen. Leider sind ja die Räume des österreichischen
Aluseums, wie jeder Besucher weiss, in jeglicher Hinsicht
unzulänglich; so lange der geplante Erweiterungsbau
nicht ausgeführt ist, können kaum die dauernden Samm-
lungen in halbwegs entsprechender Weise untergebracht
werden, und wenn man auf die Vorführung neuer An-
regungen nicht ganz verzichten will, muss man immer
einen Theil des Vorhandenen umbauen und verstecken,
um Neues vorführen zu können. Wenn man diese
Schwierigkeiten erwägt, wird man zugeben müssen,
dass die Ausstellung, die jedes Stück ins rechte Licht und
in passende Umgebung zu bringen suchte, eine durchaus
anerkennenswerte Leistung war. Wenn man so günstige
Räume wie die Secession hat, kann man Ausstellungen
freilich anders anordnen. Aber warum das Bessere zum
Feinde des Guten machen? Es handelte sich darum, ob
man die Ausstellung unter schwierigen Verhältnissen
finden, verwertet werden können. Praktischen Wert für
die Schule haben solche Bilder erst, wenn sie den bei-
spiellos billigen Preis der grossen Rivieres — acht Mark
für zwölffarbigen Steindruck! — erreichen. Es scheint,
dass dies aber auch bei uns in Aussicht steht. Während
diese Zeilen geschrieben werden, versendet der Karls-
ruher Künstlerbund seine ersten Versuche auf diesem
Felde. Zu gleicher Zeit kündet der R. Voigtländer'sche
Verlag für den Herbst eine Reihe Schulbilder grosse,
wohlfeile Farbensteindrucke an, darunter: »An der Nord-
see« von Cissarz, »Die Marienburg« von Leistikow,
»Das Berliner Schloss« von Skarbina, »Aus den Dolo-
miten« von Fhr. v. Myrbach. Für die Künstler möchte die
Losung sein: decorative Fernwirkung — die Kinder
müssen von der Schulbank aus das Werk gemessen
können — und Vermeiden alles Lehrhaften, rein
Erzählerischen!
Zum Erfolge würde natürlich wie bei Riviere ein
Vertrieb von mindestens 1000 Exemplaren nöthig sein!
Aber der erscheint mir, bei den Leistungen, die solche
Namen versprechen, nicht zweifelhaft. Unsere Ausstellung,
wie sie war, hat schon in den betheiligten Kreisen das
grösste Interesse erweckt. Daraufhin ist schon in Dresden
mit dem Ausschmücken wenigstens einer Schule begonnen
worden. Ich glaube, man wartet allerorts nur auf gutes
Material, das zugleich erschwinglich ist: wenn es da ist,
wird es reissend abgehen. Hans W. Singer.
oder gar nicht bringen sollte. Und wir glauben, Walter
Crane ist doch immer noch wert, gesehen zu
werden.
Allerdings waren die Werke selbst für vier Säle, die
man unter grossen Schwierigkeiten zur Verfügung
gestellt hatte, etwas viel; eine halbe Stunde genügte nicht
zum Besuche. Und Sammel-Ausstellungen eines einzel-
nen Künstlers sind immer etwas Gefährliches. Es ist ja
selbstverständlich, dass ein Künstler glänzender wirkt,
wenn man nur einzelne seiner besten Leistungen vor-
führt; unter einer grösseren Anzahl wird natürlich
manches weniger Packende und vielleicht auch wirklich
Schwächeres sein — insbesondere bei einem Künstler, der
von so fabelhafter Fruchtbarkeit und auf so vielen
Gebieten thätig ist, wie Walter Crane. Der eingesendeten
Werke waren, wenn man jede einzelne Zeichnung
zählte, über 1000, und es waren darunter grosse Ölbilder,
Aquarelle, Federzeichnungen, Bücher, Keramiken, Metall-
arbeiten, Stickereien, Webereien, bedruckte Stofse und
Entwürfe für Arbeiten in fast allen kunstgewerblichen
Techniken. Hatte man sich also auch bemüht, in die
ungeheure Masse Ordnung zu bringen, so war zum
Studium immerhin Aufnahmsfähigkeit und guter Wille
nöthig, zum mindesten wiederholter Besuch. Doch wurde
dieser reichlich gelohnt. Wenn vor einigen Jahren im
österreichischen Museum auch schon einmal eine, übrigens