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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.4247#0049
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— 44 —

Piero della Francesca,Pisanello, Luca della Robbia, Oriolo,
Castagno und Perugino; eine grössere Kohlenzeichnung
von Leo Frederic, Les Fleurs qui chantent, an und für
sich gewiss reizende Kinderchen, aber unbestritten zu
sehr erinnernd an so viele andere Kinderdarstellungen des-
selben Künstlers; Zerrbilder, ziemlich unoriginell, gewissen
allbekannten Franzosen allzu merkbar nachgemacht, von
Leo Jo (Pseudonym) und gediegene Natur-Wiedergaben,
landschaftliche Studien, von Le Brun in Verviers.
Im selben Monat stellte der hochinteressante
Brüsseler Künstler Alexander Hannotiau im Cercle
artistique et litteraire der Hauptstadt eine Reihe seiner
Werke aus, darunter ein in hellen Farben ausgeführtes
Aquarell, Kaatje, eine Seeländerin, und zwei bis in die
kleinsten Nebensachen gewissenhaft durchgearbeitete
Zeichnungen in schwarzer Kreide, Die Sitzplätze der
alten Frauen in einer Kirche in Brügge und Die Vogel-
fänger.
In Antwerpen fand ungefähr um dieselbe Zeit vom
dortigen Verbond voor Kunst en Letteren eine kleinere
Ausstellung statt, wo ich nebst einer prächtigen, fast
musterhaften Kohlenzeichnung des im November dahin-
geschiedenen Directors der Königlichen Kunst-Akademie,
Albrecht de Vriendt, »Studie für das Gemälde: Paul III.
vor Luthers Bildnis«, mehrere Werke des vortresflichen
Antwerpener Stechers und Radirers Frans Lauwers vor-
fand, darunter sein eigenes Bildnis, mit farbiger Kreide
ausgeführt, prangend in Leben und Kraft, und einen Stich
nach einem Gemälde Jan Fyts im Antwerpener Museum,
Aare um ein todtes Lamm kämpfend.
In der grossen »Dreijährlichen«, die diesmal Brüssel
vorbehalten war, verdienten von allen belgischen Theil-
nehmern in der Abtheilung »Zeichnungen, Radirungen,
Stiche« wohl am meisten gewürdigt zu werden: der schon
alternde Guffens, der mit zwei grösseren Cartons für
Wandgemälde vertreten war, Frans Lauwers, Auguste
Danse, Gustav Biot, Louis Lenain, die mehrere Stiche,
Delaunois, Bernier, Numans, van Bastelaer, die Radirungen,
Baes, Naets, Morren, Hamesse, die Zeichnungen aus-
stellten, und ganz besonders Eugen Karl van Mieghem,
letzterer eine Art vlämischer Raffaelli, der mit nicht
gewöhnlicher Gewandtheit das Antwerpener Hafen-
und Strassenleben illustrirt.
Endlich soll noch die Rede sein von einigen
Arbeiten, die in der im December in Brüssel abgehaltenen
XLI. Exposition de la Societe royale beige des Aqua-
rellistes vorkamen. Dort sah ich mehrere prachtvolle
in Kohlenzeichnung ausgeführte Stadt-Ansichten von
Albrecht Baertsoen; kräftige, charakteristische Studien-
köpfe von Albrecht de Vriendt; eine ergreifende Scene
aus dem Leben der armen Leute an unserer Nordsee-
küste, Arbeiter des Meeres, von Constantin Meunier;
ein musterhaftes Knaben-Bildnis in Pastell von Jacob
Smits und wunderschöne Pastelle von Emil Claus. Ich
rede nur von diesen wenigen Pastellen, da diese mehr
gezeichnet als gemalt waren. Etwas derartiges Hesse

sich wohl nicht behaupten von den sonst merkwürdigen
Aquarell- und Pastell-Arbeiten der besten Theilnehmer
wie Delaunois, Uytterschaut, Stacquet, weiland Binje,
van Leemputten, Cassiers, Marcette und Charlet, von
welch letzterem ich niemals so vollendet schiine
Sachen zu sehen bekam wie jetzt.
Ich glaube nicht zu irren, wenn ich behaupte, dass
sich die holländischen Künstler im allgemeinen mehr als
die Belgier in den verschiedenen Fächern der Graphik
bethätigen. Daher auch die Erscheinung, dass dort un-
gefähr in jedem Jahre mehrere Ausstellungen und oft sehr
wichtige ausschliesslich der Graphik vorbehalten sind.
Im Jahre 1900 weihte der Utrechter Verein Voor
de Kunst sein neues Local mit einer Exposition dieser
Art ein. Dort fehlten in Wahrheit mehrere der vortrefflich-
sten Radirer und Zeichner, und zwar Israels, die Brüder
Maris, während wieder andere der besseren Meister nur
dürftig repräsentirt waren, u. a. Hoytema, Dysselhof, van
der Valk, Witsen. Doch war noch genug Schönes und
Originelles da, das Auge eines Kenners zu fesseln: eine
Reihe neuer Bildnisse bekannter Zeitgenossen von
Haverman, u. a. der Kopf des berühmten Kunsthistorikers
Dr. Abr. Bredius und des Dichters Fred, van Eeden; ein
ernsthaftes Damen-Bildnis und ein prachtvoll typischer
Studienkopf von Roland Holst; interessante Holzschnitte
von Nieuwenkamp; Radirungen, die sich allmählich der
Grabsticheltechnik nähern, von Dupont; sechs grosse und
wundervolle Radirungen aus dem Orient vom hervor-
ragendsten aller zeitgenössischen Radirer J. M. Bauer;
Lithographien von Edzard Koning und Moulyn und —
last not least — grosse Cartons von Derkinderen und
mehrere der herrlichen decorativen Zeichnungen dieses
nie genug gewürdigten Meisters für Vondels, desgrössten
holländischen Dichters, nationale Tragödie, »Gijsbrecht
van Amstel,« von der eine Haarlemer Firma, de Erven
Bohn, vor Jahren eine Luxus-Ausgabe zu veranstalten
unternahm, die im Jahre 1901 vollständig sein wird.
Im August 1900 feierte die rühmlichst bekannte
Hollandsche Teekenmatschappy im Haag das fündund-
zwanzigjährige Jubiläum ihrer Begründung. Natürlich
mit einer Ausstellung! Nebst herrlichen Aquarellen vom
alten Israels, vom alten Bischop, von den schon lang
dahingeschiedenen Meistern Bosbom und Mauve und
dem jüngst auch gestorbenen Jacob Maris waren hier
unvergleichbar schöne Impressionen aus orientalischen
Tempeln und Palästen von Bauer und eine Fülle in jeder
Hinsicht merkwürdiger Sachen von Mesdag, Frau Mesdag,
Josselin de Jongh, Paul Rink, W. Maris jr. u. a. m. zu
sehen. Leider fast nur Aquarelle und Pastelle.
Im September lud die Leitung der Kunsthandlung
Arts and Crafts im Haag die Kunstfreunde ein, sich
eine Ausstellung von ebenso zahlreichen wie verschieden-
artigen Arbeiten des vortresflichen Storm van 's Grave-
sande anzusehen.
In der Kunsthandlung van Wisselingh, Spui, Am-
sterdam, waren Ende October die neuesten Radirungen
 
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