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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0021
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— 17 -


Aus den »Pariser Ansichten«. (Verlag von E. Verneau, Paris.)

Sonne wieder aus den Wolken und Strahlen senken sich herab aus
den Montmartre mit seiner aufragenden Krönung des Sacre Coeur. In
der hellen Vormittagsonnc sehen wir dann vom Montmartre selbst aus
die Stadt vor uns liegen. Der Flimmer der Sonne wird durchzogen vom
Dust der silbergrauen Kaminwolken. Ein anderes Bild: gegen Abend
auf der Seine, rechts der Louvre, geradeaus die Brücke, auf der die
ersten Laternen glühen. Langsam weicht das letzte Licht des Tages,
gierig saugt es sich noch im Wasser sest und will kaum weichen.
Charakteristisch ist, besonders für den Ausblick von der Kathe-
drale, der hohe Standpunkt. Fast Alles erblicken wir von oben und
zum Theil darum auch die freie grosse Wirkung. Die Chinesen und
Japaner kennen ja diese Cavaliersperspective schon lange. Sie gewährt
viele neue und interessante Anregungen, besonders für den Graphiker.
Die Wirkung der Riviereschen Blätter geht über die künstlerische
Plakattendenz, die Ausmerksamkeit stark zu erregen — durch künstle-
rische Qualitäten allerdings — hinaus, sie hat die Absicht zu erziehen,
zur Kunst zu erziehen. Das Lineare, den schweren Contur, dann die
Plastik und den zarten Duft dieser einzigen Stadt zu erfassen, das, was
sie allen Künstlern zur herrlichsten Stadt macht, so zu erfassen und
wiederzugeben, dass Alle seiner gewahr werden und es aufnehmen: das
ist wohl eine gute Erziehung zur Kunst, und die Franzosen sind um
solche Pädagogen zu beneiden. E. W. Bmiin.
»Der Kaiser und die Hexe« von Hugo von
Hofmannsthal. Mit Zeichnungen von Heinrich Vogeler-
Worpswede. Erschienen im Verlage der »Insel« bei
Schuster und Löffler, Berlin im Mai 1900.
Ein Künstler der überfeinerten Cultur kleidete die Verse eines
ihrer Dichter in das ihnen passende Gewand. Während Vogelers Zeich-
nungen zur »Versunkenen Glocke« dem Wesen Gerhard Hauptmanns
fremd blieben, klingt sein Buchschmuck mit Hofmannsthals Gedicht

aufs schönste zusammen. Vogeler, dessen Name uns Bilder zarter
Frühlingsstimmungen ins Gedächtnis ruft, hat es wunderbar verstanden,
den spukhaften Prunk von Hofmannsthals phantastischem Byzanz an-
deutend wiederzugeben. Das decorative Feingefühl, mit dem er es that,
ist nicht genug zu loben. Überhaupt ist das ganze Werkchen ein
Muster geschmackvoll-kostbarer Buchausstattung. Das Büchlein, ein
hohes Octav, ist in Pergament gebunden. Auf dem Deckel-Inneren und
den ihm zugekehrten Seiten der Vorsteckblätter ist in Roth, Gold und
Grün ein prachtvolles Gewoge anmuthig und kühn verschlungener
Linien zu sehen: Blumen, an deren einer ein Schmetterling nippt, und
und unter welchen sich eine Natter emporbäumt. Der auf den Innen-
seiten des Deckels sichtbare Pergamentrand ist mit einem einfachen
Ornament aus goldenen Lorbeerblättern bedruckt. Auf dem Titelbild,
das von einem prunkvoll ornamentierten, die eigentliche Darstellung
caprieiös überschneidenden Rahmen umspannt wird, ist vor dem Gold-
gitter des Fasanengartens die Hexe mit einem Wundervogel zu sehen.
Der reiche Farbenschmuck dieses Doppelblattes, der sich aus lauter
unabgestuften Tönen zusammensetzt, gemahnt an den starren, über und
über mit buntem Edelgestein besetzten Goldbrocat der alten Byzantiner,
wie er uns von den Mosaiken her bekannt ist. Im Vortitel und zu Beginn
des Gedichtes finden sich zwei Initialen, welche beide in strenger Holz-
schnittmanier gehalten sind und von denen die erste schwarz und
die zweite schwarz und roth gedruckt ist. Viereckige schwarze Zier-
stückchen machen es kenntlich, wenn im Schauspiel eine andere Person
zu sprechen anhebt. Das Papier ist von vorzüglicher Qualität und
der Druck deutlich und schön. Nicht einverstanden bin ich mit der meines
Wissens neuen Einsührung, die scenischen Anmerkungen in gleich
grossen Lettern wie alles übrige uud roth zu drucken. Es hat seine guten
Gründe, und wir sind es von altersher gewohnt, dass rothe Schrift und
rother Druck etwas als besonders wichtig hervorhebt, zum Beispiel den
Titel. Die scenische Anmerkung aber ist etwas Nebensächliches, beinahe
Störendes. Sie eigens zu betonen, ja geradezu aufdringlich zu machen,
 
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