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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0032
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E. T. Vallet. Illustration aus der Zeitschrist »Passepartout«.
So vor allem die Arbeiten Dunkis, wahre Meisterwerke,
die mitunter an Grasset erinnern. Bei einem anderen dieser
Künstler, H. C. Forestier, muss man manchmal an
Boutet de Monvel, Cheret, Bieler und Toulouse-Lautrec
denken, doch versteht er dabei immer seine klar aus-
gesprochene Eigenart zu wahren. Wir nennen von seinen
Arbeiten: Chansons srancaises, Soiree de la societe de
Zofingen, Rondes enfantines und Village suisse ä
l'exposition universelle. Von Es topp ey, der auch ein Werk
über die Schweizer Armee ähnlich dem Ottenselds über
die österreichische herausgegeben hat, sei ein vornehmes
Plakat für eine Ausstellung von Radirungen erwähnt, das
ein wenig an Rassenfosse gemahnt, und von Ben eines
mit einem »armailli«, wie der Senner in der sranzösischen
Schweiz heisst, sür die Ausstellung von Arbeiten Baud-
Bovys. Trotz einer gewissen Familienähnlichkeit dieses
Blattes mit Sandreuters unvergesslichem Plakat sür
die Böcklin-Ausstellung ist Ben ebenso wie Estoppey ein
Künstler, der viel verspricht und dessen Namen man sich
wird merken müssen.
Die Genser Gesellschast sür künstlerische Plakate
begnügt sich aber nicht mit den Arbeiten, zu denen sie ihr
Titel verpslichtet. Unter den anderen Kunstpublicationen,
die sie herausgibt, sei besonders erwähnt eine kleine
Zeitschrist: Passepartout. Dieses Blatt, das eigentlich nur
den Zwecken der Reclame dient und gratis vertheilt wird,
bildet in der Schweiz die Freude der Sammler. Seine
künstlerische Erscheinung ist verwandt der des Rire, der
Jugend oder des Simplicissimus. Wir finden hier alle die oben

genannten Künstler wieder, vermehrt um einige Leute wie
Fontanez, A. Viollier und E. Baud. Es ist, wenn man
will, nur künstlerische Journalistik, und doch machen diese
in alle Winde zerstreuten Blätter der jungen Genser
Schule alle Ehre: Beweis dasür Ed. Vallets »Gärber-
gässchen«, wobei man an Adolphe Hervier und Lepere
denken muss.
Der ebenerwähnte E. Baud verdient noch besonders
besprochen zu werden. Er ist nämlich nicht nur ein vor-
züglicher Zeichner, sondern auch einer der besten, krast-
vollsten und dabei seinsten Holzschneider unserer Zeit.
Wundervoll sind seine Übertragungen der Alpenland-
schasten seines Verwandten Auguste Baud-Bovy.
Zu Neuchätel kannte man noch vor fünszehn Jahren
nur die Autotypie, aber echte Künstler haben auch darin
echte Kunstwerke geschasfen. So Auguste Bachelin,
ein Soldatenmaler vor allem, und der noch krästigere
Gustave Jeannet. Pierre de Salis lieserte als der
Einzige von Zeit zu Zeit ein paar hübsche Original-
radirungen. Die Familie der Girardet, deren Mitglieder
alle seit zwei oder drei Menschenaltern Kupserstecher
waren, hatte sich nach Paris und Bern zerstreut. Nun ist
ein neues junges Geschlecht emporgesprossen. Zwei
Namen sind festzuhalten: Poetsch, der sich mit Glück in
der Lithographie versucht hat, und Edmond Bille, von
dem wir nur Autotypien kennen, köstliche Sachen in
ihrer Art. Dann wären noch aussührlich zu besprechen
Umschläge von Büchern und Musikalien, Speise- und
Postkarten, Plakate u. s. w. Von all dem erwähnen wir
nur, als besonders tüchtige Leistung, den Holzschnitt
Pierre Godets nach Holbeins Erasmus. Man muss
dabei betonen, dass all dies sür Neuchätel eine neue,
ungeahnte Blüte ist; bisher hatte man sich nur mit der
eigentlichen Malerei befasst, aber mit welchem Eiser
und in allen Schichten der Gesellschaft! Ein kürzlich
erschienenes Buch »Le Peintre Albert de Meuron d'apres
sa correspondance« gibt eine beredte Geschichte des
Kunstlebens in dieser Stadt von 20.000 Einwohnern, die
ein grosses Museum voll Arbeiten einheimischer Maler
besitzt, wo alle zwei Jahre grosse Bilderausstellungen
stattfinden (die Einzelausstellungen nicht gerechnet) und
wo man jährlich ungefähr um 100.000 Franken Bilder
kauft. Etwas Ähnliches wird man kaum ein zweitesmal
aus der ganzen Welt sinden. Und das ist das Werk von
sechzig Jahren und das Verdienst einer einzigen Familie,
der de Meuron.
Noch ein Beispiel des regen Kunstlebens in dem
kleinen Canton. Zu Chaux de Fonds gibt der Verleger
F. Zahn eine Volksausgabe der Werke Jeremias Gotthelfs
heraus und hat mit ihrer Illustration eine Reihe ausgezeich-
neter Künstler betraut: Walter Vigier, Bach mann,
Paul Robert und Albert Anker.
Es wäre nun noch zu sprechen von Basel und
Zürich. Aber Künstler, wie Sandreuter und Welti, Meyer-
Basel und Völmy verdienen jeder eine eigene Studie.
William Ritter.
 
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