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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0042
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— 38 —


Schlüsse über Kunsttechnisches
(Radirung, Kunstdruckpapier,
Holzschnitt, Autotypie, Strich-
ätzung") gibt. Manchmal sindet sich
aus der dritten Seite des Umschlages
noch eine kleine Abbildung, die
einen erwünschten Beitrag zum
Verständnis des Hauptblattes
bringt. So sind den beiden oben-
genannten Rethelschen Holz-
schnitten die Entwürse beigegeben
und kann Cornelius' Carton „Die
apokalyptischen Reiter" mit Dürers
Holzschnitt, der denselben Gegen-
standbehandelt, verglichen werden.
— Jedes Blatt ist einzeln für den
Preis von 25 Pfennigen zu haben.
Hoffentlich wird das schöne
Unternehmen von dem ihm gebü-
renden Erfolg gekrönt, und jeden-
salls ist das deutsche Volk dem
»Kunstwart«, der die »Meister-
bilder« herausgibt, und dem un-
genannten Mäcen, der die Publi-
cation materiell ermöglicht hat, zu
warmem Danke verpflichtet. A. W.

Otto Fischer.

■ Die Altstadt in Dresden.« Nach der sarbigen Originallithographie

erwarten, nachdem bisher fast ausschliesslich die Landschaster das Wort
hatten. Und da wollen wir uns möglichst wenig Historie wünschen,
sondern etwas zum Fabuliren und Träumen, die alten lieben Geschöpse
unserer deutschen Sagen und Märchen oder einsache Geschichten aus
der Bibel, die jedes Kind kennt. Solche Gegenstände lassen sich nach
Form und Farbe am freiesten behandeln und, viel leichter als Land-
schasten, so decorativ gestalten, dass sie sich organisch der Aus-
schmückung eines Raumes einsügen. Und daraus kommt es bei einem
»künstlerischen Wandschmuck sür Schule und Haus« doch auch wohl
an. Das Studium englischer Graphiker, derer um Morris und Crane,
könnte hiesür nur nützlich sein. Damit wollen wir keineswegs sagen,
dass wir uns Nachahmungen jener englischen Meister wünschen. Wir
wollen in unserer Kunst gute Deutsche bleiben, aber die Augen ossen
halten und auch vom Auslände dankbar Anregungen annehmen, nament-
lich von einem stammverwandten Volke, um sie selbständig in unserem
geistigen Organismus zu verarbeiten. Gustav Pauli.
Meisterbilder sürs deutsche Haus. Heraus-
gegeben vom »Kunstwart«.Verlegt von Georg O.W. Call wey
(Kunstwart-Verlag), München.
Die Bewegung, die Kunst ins Volk zu tragen, hat bereits solche
Dimensionen angenommen und solche Auswüchse gezeitigt (man denke
nur an Producte wie die »Kunstwoche«), dass es begreislich ist, wenn
sich das Misstrauen regt. Dieses aber schwindet gegenüber Publicationen
von der Art der »Meisterbilder«. Schon die Auswahl der reproducirten
Kunstwerke zeugt von der Tüchtigkeit des ganzen Unternehmens. Dürers
»Hieronymus im Gehäus«, »Ritter, Tod und Teusel« und »Melancholie«,
Rembrandts »Hundertguldenblatt«, Rethels »Tod als Freund« und »Tod
als Würger«, Dürers »Imhos« und »Eustachius« haben die Reihe der
Blätter eingeleitet, und was seither erschienen ist, hat sich dieses Beginnes
würdig erwiesen. Die Bilder haben Quartformat und sind aus gutes Papier
gedruckt, dessen Farbe sorgsam gewählt ist. Die Reproductionen sind
Zinkographien, mit und ohne Raster hergestellt. Jedes Blatt erscheint in
einem eigenen Umschlag; auf diesen ist der einsührende Text gedruckt,
der mit Sachkenntnis, warm und leichtfasslich geschrieben ist. Häusig
solgt dem Haupttext, der das Bild geniessen und würdigen lehrt, ein
Nebentext, der entweder die Biographie des Künstlers mittheilt oder Auf-

Franz Hein. Die
Nixe, ein Märchenspiel in
5 Aufzügen. Verlag der G. Braunschen Hos buchdruckerei
in Karlsruhe. (1901.)
Niemand wird bestreiten, dass unsere heutige Illustrationskunst in
der Richtung der decorativen Ausgestaltung der Buchseite manche
schöne Erfolge zu verzeichnen hat, die sich daraus erklären, dass sich
die Bemühungen unserer Zeichenkünstler lange Zeit hindurch nach
dieser Seite concentrirten. Dass aber neben der Ausgabe des gesälligen
Flächenschmuckes, der Harmonisirung von Bild und Schrist, dem
Illustrator noch die andere gestellt ist, dem Inhalt gerecht zu werden,
ihn zu verdeutlichen und zu vertiefen, ihn seinsühlig zu ergänzen,
wo er es erlaubt, und mit ihm zu einer nie verletzten Einheit zu ver-
schmelzen, dessen hat man in jenem einseitigen Eiser allzu selten gedacht.
Kann man unserer massenhaften Illustrationskunst im Allgemeinen
den Vorwurs der Gesühllosigkeit dagegen ersparen, dass die beiden
Künstler, denen wir gestatten, gleichzeitig aus uns einzureden, höchst
selten sich selbst verstehen und das Gleiche wollen? Diese Frage drängt
sich angesichts eines Beispieles aus, in dem jene gesuchte innere Ein-
heitlichkeit in vollendetem Grade vorhanden ist. In Franz Heins »Nixe«
liegt sreilich ein ganz besonderer Fall vor: hier ist die Einheit von Bild
und Dichtung in der Identität des Dichters und des Zeichners begründet.
Als Maler und Lithograph wohl Jedem bekannt und Freund, der
die Schöpfungen der Gegenwart mit Interesse überschaut, tritt uns Franz
Hein in diesem Werke zum erstenmale als Dichter entgegen und erweist
sich auch in dieser Kunst als ein Meister im gereisten, sicheren Ausdruck.
Die Persönlichkeit, die wir aus seinen Bildern liebgewonnen haben, spricht
sich auch in der Dichtung klar aus. Seine Domäne ist die Märchenwelt.
Die anmuthigen Gestaltungen seiner Phantasie in Wort und Bild ent-
halten von der Wirklichkeit nur einen zarten Dust, sie vermeiden jede
scharse, realistische Charakteristik. Wenn aber auch durchaus typisch
gehalten, lassen sie doch Lebendigkeit in den Bewegungen, in ihren
Beziehungen, in der Gesammtstimmung niemals vermissen. Ihre
Allgemeinheit ist die von musikalischen Motiven.
Der bildnerische Schmuck des Büchleins ist ein sehr sparsamer;
er beschränkt sich auf einen farbig lithographischen Umschlag und sünf,
ein paarCentiineterhohe Streischen, die je einem der Auszüge vorangesetzt
sind. Sie sind mit der Feder gezeichnet, mittelst Hochätzung reproducirt
und erinnern in ihrer anmuthigen Zierlichkeit etwa an die Holzschnitte
 
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