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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.4250#0086
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— 82 —

künstlerische Mache nicht ganz so einfach, kräftig und sicher. Wo Viergo
früher einen Strich gemacht hat, macht er jetzt zehn. Vollends als Buch
ist der Pablo weit vorzuziehen. Der Druck ist mittelmässig und das
glänzende Papier ganz abscheulich. Au Pays de Don Quichotte erscheint
auch in einer amerikanischen Ausgabe (New York, Scribners), die in Bezug
auf Ausstattung der französischen vorzuziehen ist. Clement-Janin.
Beiträge zur Geschichte der Antwerpener Malerei
im XVI. Jahrhundert von Gustav Glück. I. Der wahre
Name des Meisters D * V. Jahrbuch der kunsthistorischen
Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Band XXII.
Heft 1. 1901.
Glück legt uns in diesem Artikel die ersten Früchte seiner
Untersuchungen über die Geschichte der Antwerpener Malerei in der
Renaissance vor, — Untersuchungen, welche, wenn man nach dem vor-
liegenden Beispiele urtheilen darf, voraussichtlich eine reiche Ernte
liefern werden. Der einleitende Absatz über das Entstehen der Maler-
schule zu Antwerpen und die Stellung von Kunst und Künstlern in jener
blühenden Stadt zurZeit von Dürers Besuch beschreibt in wenigen Worten
die Atmosphäre von üppiger Cultur und Freude an festlichem Schau-
gepränge, in welcher die Schule aufwuchs. Der Abschnitt enthält auch einige
Andeutungen, welche weitere Enthüllungen über die Gruppe von Gemälden,
die unter dem Namen Herris met de Bles bekannt sind, in Aussicht stellen.
Aber das Hauptthema des Aufsatzes ist die Reconstruction der Persönlich-
keit und des Werkes Dirick Vellerts, des Künstlers, der durch Jahrhunderte
unter dem ihm von den Gelehrten beigelegten Pseudonym »Dirck van
Staren« verborgen gewesen ist. Der Gedankengang, mittels dessen Glück
die Identität Vellerts feststellt, ist überzeugend, und das Pseudonym muss
von nun an für immer aus der Kunstgeschichte verschwinden. Das
Material für die Reconstruction war bereits durchwegs publicirt, mit ein-
ziger Ausnahme des mit »Dirick Vell.. . « bezeichneten Glasgemäldes
von 1517 in Brüssel (Tafel 1). Aber niemand hatte bisher die glückliche
Eingebung gehabt, den D x V signirten heraldischen Holzschnitt, von
welchem es einen späten, bis zum vergangenen Jahr für ein Unicum ge-
haltenen Abdruck in Oxford gibt, mit der Nachricht in den »Liggeren« der
St. Lucas-Gilde in Antwerpen, wonach Dirick Jacobssone, Decan der
Gilde im Jahre 1526, eine artige Devise für die Gilde zeichnete und sie
auf einen Papierbogen in Quartformat druckte, in Verbindung zu bringen.
Nachdem dieser Schlüssel einmal gefunden war, ergab sich das übrige
gleichsam von selbst und die Reihe documentarischer Zeugnisse, mit
denen der Name Felaert, Velaert oder Vellert verknüpft ist, fügt sich in
vollständiger Harmonie der Anzahl von datirten Zeichnungen, Kupfer-
stichen und Holzschnitten an, die mit D V und einem Stern signirt
sind. Die Annahme, dass dieser Stern auf den Wappenschild des
Künstlers zurückgeht, ist höchst wahrscheinlich, wenn sie auch der
Bestätigung bedarf. Beinahe alle signirten Werke sind mit ausser-
ordentlicher Sorgfalt datirt; der Künstler ermangelte selten, den Tag des
Monats zu vermerken, an welchem er das Werk vollendete.
Es ist merkwürdig, dass wir nach 1526, dem Jahr der beiden
Holzschnitte und des köstlichen Stiches, auf welchem St. Lucas, der
Patron der Gilde, deren Decan Vellert war, das Bildnis der Muttergottes
malt, bis 1544 nichts mehr von Vellerts Werk wissen; aber diese Lücke
in unserer Kenntnis erklärt sich hinreichend aus dem Umstände, dass
der Meister hauptsächlich als Glasmaler beschästigt war. Es ist anzu-
nehmen, dass noch einige seiner Arbeiten auf Glas erhalten sind und man
sie eines Tages identisiciren wird; die Anspielung auf Fenster in einer Kapelle
zu Cambridge, auf denen Friedländer Vellerts Stil zu erkennen
glaubte, ist leider zu unbestimmt, um irgendwelche Nachforschung aus
ihr aufzubauen. Ein in Öl gemaltes Triptychon, das Vellert von Fried-
länder mit grosser Wahrscheinlichkeit zugeschrieben wird, ist unter die
Illustrationen aufgenommen, welche hauptsächlich aus einer Folge von
signirten Zeichnungen für Glasgemälde in Berlin, Weimar, Wien und
anderswo bestehen. Von den achtzehn beschriebenen Zeichnungen sind
fünfzehn reproducirt, und diese Überfülle der Illustrationen macht die
Publication sür das Studium von des Meisters Stil und Technik
unschätzbar. Eine andere wichtige „Dirck van Staren" zugeschriebene,
wenngleich unsignirte Zeichnung wurde nach dem Erscheinen von

Glücks Aussatz verössentlicht. Es ist eine »Zurückweisung von Joachims
Opfer,« eine grössere Zeichnung, nahezu quadratisch, mit merklich von
Lucas van Leyden beeinslussten Figuren in einem reich decorirten
Innenraum (Strong, Drawings in the collection os the Earl os Pembroke
| at Wilton House. III, 31. Colnaghi. London 1901).
Das Britische Museum, welches nur eine Zeichnung Vellerts und
zwar die am wenigsten interessante von allen hat, besitzt andererseits
eine vollständige Sammlung seiner signirten Kupserstiche und Holz-
schnitte. Ich muss deshalb mein Bedauern darüber ausdrücken, dass esmir
vor der Publication von Glücks Aufsatz entging, dass die Londoner
Collection auch den hier abgebildeten Kupserstich mitSt. Christoph (Nagler
20) enthält, der dort (p.27) als verloren erwähnt wird. Erwurde am 22. Mai
1837 bei Sotheby als Nummer 591 in der Ottley-Auction, zusammen
mit B. 11 und 14 und dem damals noch unbeschriebenen Holzschnitt,
der eine Schule darstellt (Glück, Fig. 15), verkaust. Dieselben vier
Drucke wurden am 20. Mai 1857 vom Britischen Museum als Nummer
228 in der Mc. Intosh-Auction bei Christie und Manson erworben. Die
Zuweisung rührt vermuthungsweise von Ottley selbst her, keinem
schlechten Kenner, und wird noch beibehalten, obgleich der Stich weder
signirt noch datirt ist und technisch von den authentischen Werken des
' Meisters merklich abweicht. Er ist ganz mit dem Stichel ausgesührt und
verräth eine unerfahrene Hand, so dass er sür einen der srühesten uns
erhaltenen Versuche Vellerts gelten muss, wenn er ihm überhaupt zu-
gehört. Ich würde nicht überrascht sein, wenn es noch andere Drucke
als den im Britischen Museum besindlichen gäbe, und zwar würde ich sie
! unter der Bezeichnung „anonyme Stiche der deutsehen Schule, XVI.
Jahrhundert" zu sinden erwarten. Die Gesichtszüge und die Gewandbildung
des Christkindes zum mindesten deuten die Einwirkung Dürers an, und
ich glaube sast, dass unbesangene Beobachter, die von der den Druck mit
dem Namen „Dirck van Staren" verbindenden Tradition nichts wissen,
ihn eher einem deutschen als einem vlämischen Künstler zutheilen würden.
Der Druck misst 86:66 mm. Er ist etwas innerhalb des Platten-
randes beschnitten, ausgenommen an den Ecken, wo die Platte ab-
gerundet ist, ungleich den anderen von Vellert gestochenen Platten,
welche alle, wenigstens soweit ich urtheilen kann, mit scharsen Ecken
belassen wurden. Die einzigen Details, welche bis zu einem gewissen
Grade für die Zuweisung an diesen Künstler sprechen, sind die
Modellirung der Beine (vergl. B. 16), der überhangende Fels, das Schils
am Uferrand und die Grösse der Wasserkreise um den watenden Heiligen
herum (vergl. B. 3). Campbell Dodgson.


Dirick Vellert (?), Hl. Christoph. Kupserstich.
 
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