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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4251#0010
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— 6 —

nur eine einfache Schwarz-Weiß-Arbeit ist, so wirkt es
doch fast noch farbiger als das eben genannte; so
temperamentvoll ist es durchgearbeitet. Sehr originell ist
auch die silhouettenhaft behandelte Landschaft, die Anna
Duensing in ihrem Schabkunstblatte gibt. Otto
Gampert ist mit drei sehr tüchtigen Arbeiten vertreten,
Radierungen auf weichem Grunde, gegenständlich nichts
weiter bietend als einfache Naturausblicke; diese aber so
pathetisch wiedergegeben, daß man die Blätter nicht
leicht vergißt. Ebenso zeigt sich OttoUbbelohde in
den hier ausgestellten Arbeiten weniger als ein Freund
idyllischer Schönheit; auch er liebt das Heroische, Starke
in der Natur, und seine köstlich radierten Stücke haben
etwas ungemein Kraftvolles. Zarter muten uns die Studien
von Albert Aichinger und Georg Mayr an. Beide
haben verschiedene Porträtstücke gegeben, die sehr
tresflich modelliert erscheinen; namentlich das junge
Mädchen im Neglige von Mayr ist eine ganz brillante
Leistung. Von den zwei Radierungen, mit denen Eduard
Stiefel die Ausstellung beschickt hat, verdient die
Atelierstudie mit dem prächtig beleuchteten weiblichen
Akt entschieden den Vorzug, während uns von den etwas
ungleichen Darbietungen Cäcilie Bader-Pfaffs das
Atzblatt »Mondnacht« am meisten anspricht. Gegenüber
all diesen Arbeiten erscheint Otto Probst-Breslau mit
seinen Architekturmotiven etwas trocken; und zwar gilt
das in erster Linie von seinem »Jagdschloss«, während
im »Petersplatz« schon mehr Charakter steckt. Von der
»Frau Holle« von Eugen Ludwig Hoeß muß man
rühmen, daß sie in überzeugender Weise als Märchen-
erscheinung dargestellt ist. Weniger überzeugt sind wir
von dem hervorragenden Werte der Radierung von Rela
Hönigsmann; die »Hausflur« erscheint doch etwas
ängstlich, wenngleich nicht geleugnet werden soll, daß
das Beleuchtungsproblem nicht unglücklich gelöst scheint.
Von den radierten Blättern Otto Keitels (»Kuhstall« und
»Bauernhof«) läßt sich nicht viel sagen; sie sind nicht
schlecht, weisen aber auch keine besonderen Qualitäten
auf. Dasselbe gilt von dem Waldausschnitt von Martha
von Viebahn. Etwas ganz besonders Gutes haben wir
aber außer in den Radierungen Peter Halms schließlich
noch in dem esfektvollen Bauernhaus-Interieur des oben
schon erwähnten Johann Brockhosf zu sehen: eine dunkle,
kleine Stube, im Vordergrunde eine alte Bäuerin; wenig
Licht flutet durch die kleinen Fenster in den bescheidenen
Raum und huscht über Boden und Bett, Geschirr und
Gerät. Aber wie ist da alles und jedes auf eine intime,
feine Wirkung hin gearbeitet, wie sind Licht und Schatten
zu einander in Beziehung gesetzt, und wie sicher in jeder
Hinsicht zeigt sich in dem Blatt die Beherrschung der
technischen Ausdrucksmittel!
Doch betrachten wir jetzt die graphischen Arbeiten,
die in der »Luitpold-Gruppe« zur Ausstellung gebracht
sind; zuerst haben wir da eines Zyklus von Originallitho-
graphien Ida Stroevers Erwähnung zu tun. Als
Titel dieser Serie finden wir im Katalog die Bezeichnung:

»Die Harfe«. Warum, weiß kein Mensch, denn in Be-
ziehung setzen kann man diese Aufschrift nur zu dem
Widmungsblatte, auf dem wir eine im nächtlichen Walde
aufgestellte Harfe erblicken, durch deren Saiten leis und ge-
spenstisch wie Finger einer Geisterhand die Zweige eines
Tannenbaumes gleiten. Die übrigen Blätter weisen auch
nicht die geringste Beziehung auf zu dem so summarischen
Titel, der an die Aufschrift mancher moderner Novellen-
sammlungen erinnert, wo die erste Erzählung den Titel
hergeben muß für alle, die das Buch sonst noch enthält.
Das nebenbei. Sonst läßt sich den meisterhaften Blättern
nur das Beste nachsagen; hervorragende Technik, feines
Formgefühl, starker Stimmungszauber und Phantasie im
besten Sinne des Wortes. Ebenso trefslich, ja in gewisser
Hinsicht noch reizvoller sind die zartfarbigen Winter-
stimmungen von Viktor Olgyai. Auch die übrigen Farben-
lithographien, die hier noch zu sehen sind, weisen stark
persönliche Noten auf. Das läßt sich vor allem von
Albert Weltis »Lebensaltern« sagen, einem sehr
originellen, eigenartigen Blatte, das seine Wirkung nicht
nur der kräftigen Farbe, sondern hauptsächlich noch dem
starken Gegensatz verdankt, in den der Künstler die
dunkle Wohnhalle zu dem durch die offenen Arkaden
sichtbar werdenden hellen Naturausschnitte zu bringen
weiß. Ausgezeichnet vertreten ist auch Franz Hoch mit
seinen vier Lithographien »Trübes Wetter«, »Hoch-
gebirge«, »Kapelle am Meer« und »Wetterwolken«. Jedes
Blatt ist ein Meisterstück in seiner Art; das beste aber
bleibt wohl das letztgenannte mit dem wildbewegten
Wolkenhimmel und Wasserspiegel. Das ist eine geradezu
glänzende Leistung, im Vergleich zu welcher der an und
für sich gar nicht schlecht gemachte »Hauseingang« von
Klara Sachs doch wie eine Schularbeit wirkt. Bedeutend
gewandter erscheint Ferdinand Spiegel in seinem
»Nixenbrünnlein«, wo der Handwerksbursch so lebhaft zu
erzählen weiß und die Wasserjungfrau in andächtigem
Staunen zuhorcht. Noch humorvoller sind Ignaz
Taschners farbige Originalzeichnungen zu Grimmschen
Märchen, ganz köstliche Blättchen, die übrigens nach
Seiten der Technik hin eine nicht geringe Abhängigkeit
vom alten Holzschnitt aufweisen. Weitere sehr erfreuliche
Arbeiten bringt der gleiche Künstler noch in seinen
farbigen Radierungen. Der »Kirchgang« sowohl, wie das
»Botenfuhrwerk« sind zwei ganz vorzügliche Graphiken,
die auch infolge einer etwas großzügigen Behandlung
dekorativ wirken. Schlichter, aber nicht weniger an-
sprechend erscheint das wie ein Stück alter Dorfpoesie
anmutende kleine Blatt »Des Alten Spaziergang«. Be-
deutend umfangreicher, aber lange nicht so gut ist die
Urban'sche Radierung »Lago de Nemi«. Das Beste an ihr
ist die dekorative Umrahmung und der Wasserspiegel mit
dem Himmel darüber, letzteres aber auch nur aus dem
Grunde, weil beide — weiß gelassen sind. Im Gegensatz
hiezu sind wieder ganz besonders trefslich die Radierungen
Richard Strebeis, der uns in technisch brillanten
Blättern Jagdhunde bei der Arbeit zeigt. Wie da jede
 
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