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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4251#0014
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Bucheinbande entdeckt, von denen vier Herrn Jean Masson
gehören und ausgelegt sind, während die acht übrigen
Eigentum des Cabinet des Estampes sind. Ein anderes
Kartenspiel, le Jeu de Dijon, wird dem Jehan Personne
zugeschrieben. Hr. Masson besitzt davon nur drei Karten,
aber es gibt zwei vollständige Folgen, die eine auf der
Bibliothek zu Dijon, die zweite auf der zu Issoudun. Unica
sind eine »Notre-Dame de Lorete«, um 1500, ein »Ostensoir
de la Sainte Hostie du Miracle«, mit französischem Text,
gedruckt zu Dijon 1535, »Les Proprietez de la Femme
vertueuse selon l'Escriture Saincte«, Pariser Holzschnitt
des XVI. Jahrhunderts, und endlich zwei Blätter bisher
ganz unbekannter Meister: »Le vrai pourtrait de la Maison
caree de Nimes« von Jean Le Maitre, »tailleur d'histoires
ä Lyon«, und die Umrahmung einer Druckerdevise, be-
zeichnet »Urban l'ayme Tailleur d'histoires 1554«.
b) Italien war hauptsächlich durch seine Helldunkel-
holzschnitte vertreten. Diese waren bisher in Frankreich
wenig bekannt, so daß noch vor etwa zehn Jahren auf
einer großen Versteigerung eine Mappe mit hundert der
schönsten Blätter kaum über hundert Franken ging.
So war denn ihre derzeitige Vereinigung in der Ecole des
Beaux-Arts für viele eine Art Osfenbarung. Da nun in
demselben Saale auch die japanischen Blätter aufgestellt
waren, so war die beste und lehrreichste Gelegenheit zu
Vergleichen gegeben. Vielleicht werden jetzt unsere
modernen Holzschneider etwas weniger sklavisch die
Japaner nachahmen, da sie jetzt sehen, daß die Farbe
nicht ausschließliches Eigenthum und Vorrecht der Ost-
asiaten ist und daß denn doch eine nähere Verwandtschaft
bestehtzwischen Paris undBologna oder Nürnberg — denn
man muß dabei auch an die deutschen Helldunkelblätter
denken, wenn sie auch einen ganz anderen künstlerischen
Charakterhaben — als zwischen Paris und Yeddo. Es waren
da die wundervollen Zeichnungen Rafaels in den genialen
Nachschöpfungen Ugos da Carpi, die Blätter Andrea
Andreanis, Antonios daTrento, A. M.Zanettis, J. B.
Jacksons u. A.
c) Deutschland war aus Platzmangel nicht sehr reich
vertreten. Immerhin konnte man einige Prachtstücke sehen,
so von Dürer den Ulrich Varnbüler, das Abendmahl, einen
prachtvollen Druck derMadonnamit den Engeln (B. 101) und
etwazwanzig andere Blätter; eine Variante des hl. Christoph
von 1423, ausgeführt um 1460; Werke vonWohlgemuth,
H. B. Grün, Lukas Cranach, Altdorfer, Schäuffelein,
Holbein, Hans Lützelberger; in der modernen Abtei-
lung endlich eine ganze Reihe von Menzel und sehr
schöne Rethel, die für uns fast ganz neu waren.
d) Von seltenen holländischen Blättern seien erwähnt
der früheste bekannte Helldunkelholzschnitt, ein Hl.
Willebroud, Bischof von Utrecht, aus dem XV. Jahrhundert;
eine Hl. Anna mit der Jungfrau und dem Jesusknaben
aus dem XV. Jahrhundert, koloriert, Unikum; eine An-
betung der Hirten aus dem XVI. Jahrhundert, ebenfalls
Unikum, und eine Kirmes aus dem Ende des XVI. Jahr-
hunderts.

Bevor wir zur Besprechung der Bücher übergehen,
müssen wir noch einige Worte über ein Blatt sagen, das
den Hauptanziehungspunkt der Ausstellung gebildet hätte,
wenn sich nicht sehr ernste Zweifel an seiner Echtheit
erhobenhätten. Eshandeltsichumein Bildnis derGioconda,
»beglaubigt« durch ihre dreimalige Unterschrift am unteren
Rande, mit der geschnittenen Jahreszahl 1453. Abgesehen
davon, daß ein solchesStück, so altundsogut erhalten,sich
kaum bis heute im Handel verloren haben könnte, scheint
gerade die Datierung schon den Fälscher zu verraten. Die
4 der Jahreszahl weist eine Form auf, wie sie sich auf gleich-
zeitigen Denkmälern nie findet. Außerdem trägt das Blatt
alsBezeichnung ein Monogramm,das ganz neu istund sich
mit keinem bekannten Künstler in Beziehung bringen läßt.
Es wäre aber auch zu schön, um wahr zu sein: das Bildnis
einer berühmten Frau, ein bisher unbekannter Künstler,
das Alter des Blattes, die eigenhändige Unterschrift der
Mona Lisa! Wenn trotz alledem Hr. Baron Vitta, der
für das Wunderwerk einige Pakete großer Banknoten
gegeben hat, unsere Zweifel zerstreuen wollte und
könnte, so wären wir sehr froh und dankbar.
II. Bücher. Die Sammlung von Büchern verdankte
man für die ältere Zeit dem Prince d'Essling und Herrn
Masson, für die neuere Herrn Gallimard, für die japanische
Abteilung den Herren Bing und Koechlin, für die moderne
Abteilung verschiedenen Verlegern und Liebhabern. Sie
bot in ihrer streng methodischen Anordnung ein vollstän-
diges Bild der historischen Entwicklung des Holzschnittes
als Buchillustration von den ersten Anfängen bis auf den
heutigen Tag. Es ist hier nicht der Ort, näher auf die
Geschichte der Buchillustration einzugehen oder auch
nur zu zeigen, wie sehr der Holzschnitt eben als Buchillu-
stration jeder anderen Technik überlegen ist. Diese und
ähnliche Fragen böten Stoff zu ganzen Büchern. Wir
wollen uns hier darauf beschränken, im folgenden die merk-
würdigsten Stücke der Ausstellung einfach aufzuzählen.
(Die Namen hinter den Büchertiteln sind die der Drucker.)
a) Unika: das Psalmorum opus, 4. Febr. 1488, von
Antoine Cayllaut, voll entzückender Bilder; La Lügende
Doree en fraacois, 7. Okt. 1489, von Jehan Du Pre, in
Folio mit 150 Holzschnitten, bisher von keinem Bibliogra-
phen erwähnt; die Höre beate Marie Virginis, von dem-
selben, um 1491; dieselben, von Jean Le Blanc, 1573,
bemalt und mit dem Wappen der Montmorency;
Virgilii Maronis opera, von Hierosme Marnef und Veuve
Guill.Cavellat,datiert 1580 undbisher fürverloren gehalten;
das Nouveau Testament, von Monstroeil und Jean Richer
1598, dessen Holzschnitte bisher nur aus dem späteren
Druck von Carteron bekannt waren; Le Livre des proufits
champetres et ruraulx, 1486, von Anthoine Verard; die
Höre B. M. Virginis, 1488, von demselben, die so wichtig
sind, daß sie das Britische Museum Blatt für Blatt photo-
graphieren ließ; die Figures et portraits des villes plus
illustres d'Europe, von B. Arnoullet, von 1552, während
man bisher nur den Druck von 1555 kannte; ein Missale, 1527,
von Harsy; Le proces de Belial, 4. März 1483, von Neumeister
 
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