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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4251#0018
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— 14 —

Vermischte Nachrichten.

Paris. — Unter dem Eindruck der Holzschnittaus-
stellung haben sich hier zwei Vereine gebildet, die sich
die Pflege und Förderung dieser gegenwärtig ziemlich
wenig beachteten Kunst zur Aufgabe machen. Der eine,
die Societe des Amis de la Gravüre sur Bois, besteht aus
Künstlern und Liebhabern. Die Künstler werden
den Liebhabern Blätter liefern. Die zweite Gesellschast,
Les Amis du Bois, besteht nur aus Liebhabern. Diese
werden den besten Original-Holzschneidern, mögen sie
Mitglieder sein oder nicht, Aufträge geben. An der Spitze der
zweiten Gesellschaft wird wahrscheinlich Lepere stehen.

Lucien Quarante, Stecher und Radierer, ist in
den ersten Tagen des Monats Mai, 43 Jahre alt, gestorben.
Zu Metz geboren, kam er frühzeitig nach Paris und studierte
hier an der Ecole des Beaux Arts bei Cabanel und Henri-
quel-Dupont. Dann trat er in das Atelier Laguillermies
ein und stellte im Salon des Jahres 1887 zum erstenmale
aus. Diese Arbeit, ein Porträt nach Franz Hals, trug ihm
eine „ehrenvolle Erwähnung" ein. Seitdem nahm er an
allen Ausstellungen der Societe des Artistes Francais
teil. C.-J.

Besprechungen neuer Erscheinungen (Einzelblätter, Mappen und Bücher).

William Strangs Illustrationen zu Kiplings
»Short Stories«. Eine Serie von dreißig Radierungen.
1901.
Die Unmittelbarkeit der Sprache und die Unbekümmertheit um
literarische Konventionen, diese hervorragenden Charakteristika von
Rudyard Kiplings Schristen, haben ihre Ergänzung in Strangs
Illustrationen gefunden, von denen eine jede eine einsache Geschichte
mit intensiver dramatischer Krast und mit mögliehst wenigen Zutaten
erzählt. Die Vorwürse sind oft grauenhast: «.The Mark os the Beast«, »In
the House of Suddhoo« und »Beyond the Pale« sind nicht leicht zu
vergessende Nachtmahr-Gesichte, und jemand, der nur sür Formen-
schönheit oder anmutige, idyllische Komposition Sinn hat, wird diese
Illustrationen wenig nach seinem Geschmack finden. Sie wenden sich
ganz und gar an eine mit einer Art grimmigen Humors verbundene
Neigung sür das Wunderbare und Übernatürliche, die tiesbegründet in
dem phantasievollen Temperament der schottischen Rasse ist. Niemals
hat in den graphischen Künsten ein Schotte all dem, was in dem


W. Strang. Aus den Illustrationen zu Kiplings »Short Stories«.

nationalen Wort »uncanny« liegt, so lebendigen Ausdruck gegeben.
Der Einfluß von Legros, der selten einem Werke Strangs vollständig
abgeht, ist hier beinahe unmerklich; soserne Strang nicht vollständig
originell ist, erinnert er uns eher an Goya und an die Brutalität und
cynische Freimütigkeit gewisserScenenin den »Desastres de la Guerra«.
In >Lispeth« gemahnen die Stellung des Weibes mit beiden über das
Haupt erhobenen Händen und das Kostüm merkwürdig an Goya, und
auch technisch ist die Einwirkung des spanischen Meisters augen-
scheinlich. Dies ist die erste Gelegenheit, bei welcher sich Strang der
Aquatinta bedient hat: aus vielen Platten der Serie ist sie mit großer
Geschicklichkeit angewendet, um dem Hintergrund Farbe und Abwechs-
lung zu geben. Viele der Vorgänge spielen in Indien, aber Strang hat
wohlweislich der Versuchung widerstanden, das Lokalkolorit genau
wiederzugeben. Die Tiere sind durchwegs meisterlich geraten,
besonders die Elephanten und der Gorilla in »Bertram and Mimi«. Wir
geben hier verkleinert das zweite Sujet aus »The Man who would be
King« wieder, worin das Opser grausamer Mißhandlung von einem
sernen Bergvolke im Nordwesten verwirrt und stumm in die Zivilisation
zurückkehrt, das getrocknete Haupt seines Gesährten mit sich bringend,
das noch den goldenen Reis, das Zeichen kurzer Herrschaft, trägt.
Hundert Serien der Radierungen wurden letzten Herbst von
Macmillan herausgegeben, und alle waren noch vor der Publikation
subskribiert; außerdem erschienen sünsundzwanzig Probesolgen. C. D.
»The Döings os Death.« Zwöls Chiaroscuro-
Holzschnitte von William Strang. Herausgegeben von
der Essex House Press, London 1901.
Diese Holzschnitte sind nur zum Teil die Arbeit von Strangs
eigener Hand. Vier von den Linienstöcken wurden nach seiner Zeich-
nung von Robert Bryden — auf einem von diesen, »Death the Com-
sorter«, ist der Baum rechts ganz Strangs eigene Arbeit — und die
übrigen von Bern ard Sleigh geschnitten. Die Tonblöcke wurden durch-
wegs von Strang selbst geschnitten. Die beim Drucken verwendete
Farbe ist ein lichtes Braun, das am wirksamsten ist, wenn es reichlich
von weißen oder schwarzen Linien unterbrochen wird; so ausgedehnte
leere braune Flächen, wie sie in »Death and the Artist« begegnen,
sind zu eintönig.
Die Gegenstände sind dem Künstler durchaus geistesverwandt
und besähigen ihn, sich mit einer Mannigsaltigkeit von zarten und
gesühlvollen, hestigen und satirischen Motiven abzugeben. Er hat
niemals ein Weib von so viel Reiz und Anmut gezeichnet, wie in dem
(von Sleigh geschnittenen) Holzschnitt »Death the Lover«, der hier
reproduciert ist. Die geschickte Verwendung von Weiß in dem Kranze,
den der Tod der Geliebten aufs Haupt setzt, ist aus einer nur in Schwarz
und Weiß gehaltenen Reproduktion nicht zu ersehen, und die Ver-
 
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