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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.4251#0066
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— 62 —

wie sich der Zeichner mit dem Maler
vereint. Wie groß und klar sind da
die Formen zerrissener Felsen wieder-
gegeben und wie tief und satt wirkt das
alle Einzelheiten ausgleichende Kolorit-
Daneben zeichnet er dann mit der
gleichen Liebe eine Ebene mit einem
einsamen Baum, inhaltlich ganz an-
spruchslose Dinge und doch ebenso
anziehend durch die Einfachheit und
Sicherheit der Ausdrucksmittel. Selbst in
seinen Einzelheiten wird er gegen Ende
seines Lebens breit und flott. Das beste
Beispiel ist die hier in Reproduktion bei-
gegebene Baumgruppe vom Chiemsee,
an dem er in seinen letzten Jahren viel
Emil Lugo, Das Märchen von der Schwanenjungfrau. Nach der Originallithographie, arbeitete. Da ist auch ein Schwelgen in
Kleinigkeiten, Blättern und Blumen; aber
jedes Ästchen, jedes Schilfblatt ist mit einem einzigen Pinselstrich hingesetzt, ohne jede Tüftelei. Dem Beschauer
kommen eigentlich nur die mächtigen Stämme, der vielgestaltige Umriß der Schilfwiese und der Blick in duftige
Ferne zum Bewußtsein.
Die erste graphische Aufgabe trat 1888 an Lugo heran. Er erhielt damals — mit anderen zusammen — den
Auftrag, Wilhelm Jensens Buch »Der Schwarzwald« zu illustrieren. Leider wurden diese Zeichnungen — meist Tusch-
zeichnungen — in Tonschnitt ausgeführt und verloren dabei viel von der ursprünglichen Schönheit. Um die gleiche
Zeit entstanden eine Anzahl Blätter, welche später, im Jahre 1898, als Zeichenvorlagen in Lichtdruck veröffentlicht
wurden. Erst im Jahre 1895 begann er Lithographien zu machen. Technisch sind dieselben, soviel ich erfahren konnte,
nicht auf Stein gezeichnet, sondern durch Umdruck hergestellt. Zum Teile scheint er Aluminiumplatten verwendet zu
haben, wenigstens befand sich eine solche in seinem Nachlasse. Im Anfange hatte er offenbar den Gedanken, den nur
in Strichen gehaltenen Druck durch Handbemalung zu ergänzen. Von dem äußerst seltenen »Märchen der Schwanen-
jungfrau« kenne ich nur zwei übereinstimmend bemalte Stücke, von der in seinen Lebzeiten nie erschienenen
»Campagnelandschaft« existiert ein solches, von »St. Salvator, erste Fassung« wenigstens eines mit aufgesetzten
Schatten und Lichtern. Letzteres mag die Vorarbeit zu einer nie ausgeführten Tonplatte sein. Bei seinen späteren
Blättern ist eine solche Tonplatte fast immer verwendet, wobei in der Art alter Helldunkelholzschnitte die hellsten
Lichter ausgespart sind; nur in einem Falle — Chiemsee 1899 — sind diese mit einer dritten Platte heller getönt.
Auch bei seinen Lithographien sehen wir das Streben, immer breiter und malerischer zu werden. In »St. Salvator,
erste Fassung« (1895) sucht er schon die Strichmanier mit der Kreidemanier zu verbinden. Allein, auf diesem Wege
ging er nicht weiter; die ganze Art zu zeichnen, die Anlage der Schatten, ja der Strich selber wird nach und nach
immer toniger. In »Vergänglichkeit« (1900) ist alles auf das Spiel der Lichter im Waldesdunkel aufgebaut. Am
stimmungsvollsten aber ist die »Schafherde am Abend«, 2. Zustand (1901), die letzte seiner lithographischen Arbeiten.
Hier greifen Strichführung und Tonplatte zu einer einheitlichen, fast koloristischen Wirkung zusammen, um das milde,
gebrochene Licht des Abends darzustellen: so recht ein Abschiedsgruß des scheidenden Künstlers, der uns hier sein
letztes und bestes gab, so ausgeglichen, reif und ruhevoll, wie das Ende eines sonnigen, erlebnisreichen Wandertages.
Ich lasse nun ein kritisches Verzeichnis von Emil Lugos graphischen Arbeiten folgen:1
A. Lithographien:
1. Das Märchen von der Schwanenjungfrau. In einem schilfigen Wasser zwischen dunklen Bäumen
steht links die Schwanenjungfrau, ihres Gewandes beraubt; rechts sitzt abgewendet und verhüllt der Räuber des
Gewandes. Im Hintergrund fliegen einige Schwäne. Bezeichnet: E. L. 15./II. 1895.= Bildgröße: 42-5:72 cm. Breitformat.
Sehr selten. Zwei handbemalte Stücke im Kupferstich-Kabinett und im Privatbesitz in München.
2. Römische Campagna. Aus einer sumpfigen Wiese erhebt sich eine Ruine und eine alte Pinie. Im Hintergrund
sieht man Berge, rechts eine zweite Ruine, vorne weiden zwei Rinder. Die Stimmung ist sehr düster. Unten ein orna-
mentierter Streifen mit dem Titel und E. Lugo 1895. Bildgröße: 59'8:34-8 cm. Breitformat. In der Übertragung
teilweise mißlungen. Handkoloriertes Blatt im Kupferstich-Kabinett zu München.

i Für Hilfe bei Zusammenstellung des Materials schulde ich Frau Marie Jensen und Herrn Maler Professor Philipp Rüth, beide zu
München, Dank.
~ Das E ist stets in Spiegelschrift an das L angefügt, auch wo der Name ausgeschrieben ist.
 
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