Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0032
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28 —

Eigenhändigkeit nicht bezweifelt werden. Alle drei Wiederholungen verhalten sich gleichseitig zueinander, was der
Seitenwunde Christi wegen, die ein Vertauschen von rechts und links nicht gestattet, geschehen sein dürfte. Allen
drei Stichen liegt der gleiche Entwurf zugrunde. Passavant, der nur die größte und kleinste Ausführung kannte,
hielt letztere für eine Kopie nach der ersteren. Ich bin anderer Meinung, halte vielmehr die kleinste für die direkte
freie Kopie nach dem Original des W X^, möchte dann die zweite und an letzter Stelle erst die größte Wiederholung
stellen, so daß die zeitliche Reihenfolge der vier Stiche jener ihrer Maße entsprechen würde. Daß dem Meister
unbedingt der Vortritt gebührt, kann wohl nicht zweifelhaft sein. Von seiner Darstellung weichen die des Iy^M
dadurch ab, daß der Heiland in ganzer Figur, mit Lanze, Schwammrohr, Geißel, Rute und Säule in den Armen auf
dem Altar steht, daß neben dem Altar die Kirchenlehrer S. S. Hieronymus, Augustinus und Ambrosius in vollem Ornat
erscheinen und daß der Altar, von vorn gesehen, in das Mittelschiff einer Kirche gestellt ist. Auf den beiden größeren
Wiederholungen ist noch die links neben dem einen Diakon stehende Figur eines Kardinals hinzugefügt; auch sind
bei beiden die Antependien mit den Evangelistensymbolen verziert, die den Stichen Schongauers B. 73—76, freilich
sehr frei, nachgebildet zu sein scheinen, und in den Seitenschiffen werden noch mehr Andächtige sichtbar, von denen
auf der kleinsten Ausführung nur zwei zu bemerken.

Die Übereinstimmung der drei Wiederholungen mit dem kleinen Original des "W/£. beschränkt sich allein aut
die Figuren des Papstes und der des einen beziehungsweise beider ministrierenden Diakone; wenigstens sind auch
bei dem zur Linken knienden im Faltenwurf einige Motive überall zu verfolgen, die mir eine Benutzung der Vorlage
auch für diese Figur zu beweisen scheinen. Die Figuren des zur Rechten knienden Diakons und des Papstes decken
sich dagegen durchaus, und hier ist es die größere oder geringere Übereinstimmung in den Einzelheiten des Falten-
wurfs und der Gesichtszüge, die zur Aufstellung der oben angedeuteten Reihenfolge berechtigt, zum Beispiel die
Bildung des umgelegten Endes der Dalmatika des Diakons, die bei der kleinsten Ausführung gerade wie bei der
Vorlage des W ^ zwei rundliche Biegungen bildet, von denen bei der mittleren die eine bereits spitz eingeknickt
ist, während in dem krausen Gefältel auf dem größten Stich (von einem frei hinzugefügten Gewandteil abgesehen)
drei Biegungen zu zählen sind. Auch greift auf dem letztgenannten Blatte der links kniende die Kasel des Papstes,
während er auf den beiden kleineren Ausführungen die Kerze faßt. Danach hat der Monogrammist bei der größten
spätesten Wiederholung die mittlere, für diese die kleinste und nur bei der kleinsten das Original des W /£, als
Vorlage benutzt, von der sich die andern je später je mehr entfernen. Zeigt sich doch auch bei Meckenem, einem
verwandten Geisteskinde, die Neigung, gegen Ende des Jahrhunderts möglichst große Formate, die damals beliebt
gewesen zu sein scheinen, zu wählen. Daß der Monogrammist I/^M gleich ihm gern fremde Vorlagen benutzte,
ist bekannt; seine Entlehnung dreier Figuren bei der Gregor-Messe von einem älteren Meister überrascht daher nicht.
Ihre freie Verwendung, das völlige Verändern alles Übrigen, das kühne Hinzukomponieren eines Kircheninnern und
die Wahl eines immer wachsenden Formats wiegt die teilweise Unselbständigkeit, an die man nicht den Maßstab
modernen Empfindens legen sollte, reichlich auf.

Max Geisberg.

Nachtrag zu dem Aufsatz »Zu einigen Bildnissen Ruprechts von der Pfalz«.1

Es ist mir mittlerweile möglich gewesen, den ganz hervorragend schönen Abdruck des
Ruprechtischen Schabblattes »Der Fahnenjunker« im Amsterdamer Kupferstichkabinett auf die
viel erörtete Aufschrift hin zu untersuchen. Dieser Druck • zeigt, daß die von mir vorgeschlagene
Lesart nicht richtig sein kann, sondern daß es einzig und allein möglich ist, »Georio In« zu
lesen. Wer dieser »Georio« war, konnte nicht eruiert werden. »In« heißt nach Analogie andrer
Blätter Ruprechts »invenit« oder »inventor«. Infolge dieser Richtigstellung muß auch die Zuschreibung des Porträts
der Galerie Schönborn-Buchheim in Wien an Gerard Douffet fallen gelassen werden.

Fritz Saxl.

1 Vgl. Mitteilungen, 1908, S. 57ff.

2 Die Aufnahme für das Klischee ist so hergestellt, daß das Blatt dabei von rückwärts durchleuchtet wurde. Kür die gütige Unterstützung bei
dieser Aufnahme spreche ich der Direktion des Amsterdamer Kupferstichkabinetts auch an dieser Stelle meinen wiirmstcn Dank aus.
 
Annotationen