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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0042
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— 38 —

eine, ich möchte sagen, vibrierende Hand, sind meinethalben nervös, aus
jedem auch dem überflüssigen Strich spricht ein eminentes Feingefühl.
Tote Stellen, solche, die den Künstler nicht interessiert haben, finden
sich auf den sicheren Jugendzeichnungen schon auch, aber eine derart
geistlose Schraffierung, wie sie sich hier außerhalb der Konturen des
Ritters und Drachens breitmacht, dürfte doch wohl auf keiner von ihnen
nachzuweisen sein. Auch das Lamm vor Uta, die Falten des Pferdemantels
sind undürerisch. Das stümperhaft gezeichnete .Maßwerk freilich brauchte
ja nicht von der Hand des Figurenzeichners zu sein. Nicht verschweigen
will ich schließlich, daß mir das Blatt eine gewisse Ähnlichkeit mit L. 193
(das ist der vom Todesgespenst Überfallene Kitter, gleichfalls im Städel-
schen Institut) zu haben scheint, der besten Zeichnung aus der Gruppe
mit dem berüchtigten Monogramm. Röttinger hat kürzlich, meine Aus-
führungen, mit denen ich für die lichtheit der Gruppe eingetreten bin,
ignorierend, das Blatt Hans Wechtlin zugeschrieben. Gewiß mit Unrecht.
Die große Albertina-Zeichnung, die den Kampf der drei Reiter mit den drei
Toden darstellt, wird Wechtlin gehören, nicht aber der Frankfurter Reiter,
der darauf kopiert ist. Ihn muß ich nach wie vor trotz Seidlitz und
Röttinger für eine der interessantesten Jugendarbeiten Dürers halten. Die
von mir zugegebenen Übereinstimmungen mit dem heiligen Georg (Augen
der Reiter, Tuchzipfel, Konturen des hinteren Drachenbeines hier, der
Baumwurzel dort) sind abermals nur äußerlicher Art, während das innere
Wesen der beiden Zeichnungen durchaus verschieden ist: hier eine gewisse
Geschicklichkeit, fast Routine, die verblüfft, bei näherem Zusehen und
Eindringen aber kalt läßt, dort überschäumender Erfindungsdrang und
trotz aller Flottheit unendliche Subtilität in der Ausführung.

Arpaä WcixlgBrtmr.

Albrecht Dürers schriftlicher Nachlaß.
9. Band der Sammlung »Hortus deliciarum«. Heraus-
gegeben von Ernst Heidrich, Geleitwort von Heinrich
Wölfflin. Berlin, Julius Bard, 1908.

Ein hübsch ausgestattetes, billiges Büchlein und zugleich eine
verständige Ausgabe, die ihren Zweck, das größere Publikum, das sich
für alte Kunst interessiert, mit dem Wichtigsten aus Dürers schriftlichem
Nachlaß vertraut zu machen, vollkommen erfüllt. Aufgenommen sind
sämtliche autobiographischen Schriften, die Briefe, die Titel der
Münchener Apostelbilder, die Reime und charakteristische Stellen aus
den theoretischen Werken, sowohl aus den Drucken, als auch aus den
handschriftlichen Entwürfen. Die Redaktion des Textes basiert auf der
Ausgabe von Lange und Fuhse. Schwerer verständlichen Ausdrücken,
den alten Datierungen und Ortsnamen find gleich im Text selbst die
heute gebräuchlichen Formen beigegeben und diese sind durch Klammern
und kleinere Schrift vom übrigen Text unterschieden. Die Anmerkungen
hinten sind sachlich und knapp, nur beim Beginn des Tagebuchs der
niederländischen Reise, der Stelle des Tagebuchs, die über die Gefangen-
nahme Luthers handelt, und den Aufschriften der Münchener Apostel
sind sie zu kleinen Exkursen angewachsen.

Wölfflin hat zu dem Büchlein ein schönes Geleitwort geschrieben,
die 13 Abbildungen sind wohl gelungen und geschickt gewählt, Ein-
band, Titelblatt und Initiale sind von Emil Rudolf Weiß entworfen.

Zum Schlüsse sei nur bemerkt, daß sich das Blatt mit der Zeich-
nung und Beschreibung von Dürers Traumgesicht in der Nacht vom 7.
auf den S.Juni 1525 nicht in der Hofbibliothek, sondern in dem aus
altem Ambraser Besitz stammenden »Kunstbuch Albrethen Dürers von
Nürnberg« befindet, das gegenwärtig in den Sammlungen von Waffen
und kunstindustriellen Gegenständen des Allerhöchsten Kaiserhauses
aufbewahrt wird. A. W.

J. Hofmann, Francisco de Goya. Katalog seines
graphischen Werkes. Mit 18 Lichtdrucktafeln. Wien 1907.
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.

Die Absicht des Verfassers war nicht, mit seinem Katalog die
Arbeiten der Vorgänger, vor allem die von Paul Lefort (Paris 1877) und
von Loga (Berlin 1903) überflüssig zu machen, sondern er wollte das
gedruckte Oeuvre Goyas vom chalkographischen Staudpunkt aus genau
beschreiben. Die Kupferstichkabinette und die Sammler werden mit dem

Hofmannschen Katalog auskommen, sobald es sich um Bestimmung
von Plattenzuständen und bei den Folgen um Feststellung der Ausgaben
handelt. Die gegenständliche Beschreibung dagegen, nach der überhaupt
erst eine Darstellung erkannt wird, findet man in schwierigen Fällen,
nämlich bei unterschriftlosen Probedrucken aus der Folge der »Caprichos«
und der »Desastres de la Guerra« sowie den frühen Etats der Einzel-
blätter, bei Lefort beziehungsweise bei Lafond. An sie wird sich auch der
Genießende, der mehr auf das Ganze sieht als auf die Verschiedenheit
der Etats, zunächst zu halten haben.

Für den technischen Gebrauch in Sammlungen bedeutet das Hof-
mannsche Werk eine sehr wertvolle und höchst dankenswerte Leistung
als die Erfüllung eines dringenden Bedürfnisses. Es war allmählich über
die wichtigsten Fragen, wie zum Beispiel die Datierung und die Reihen-
folge der Ausgaben von Goyas radierten Folgen, eine derartige Verwirrung
und Unklarheit eingerissen, daß mancher eine gewisse Angst empfand,
sich mit Goya zu beschäftigen. Man hatte von vier, fünf Ausgaben des-
selben Opus gehört, man wußte, daß die Akademie der schönen Künste
immer wieder neue Auflagen von den total abgenutzten alten Platten
druckt, — da war die Bestimmung des Vorhandenen natürlich sehr schwer.
Diese Unsicherheit hat das Hofmannsche Buch behoben. Der Verfasser
stellt mit der größten Exaktheit die Reihenfolge und die Daten der
Folgen-Ausgaben fest, so daß man sowohl ein ganzes gebundenes Exem-
plar als auch jedes Einzelblatt aus einer Serie einwandfrei bestimmen
kann. Die diplomatische Präzision in der Beschreibung von ausschlag-
gebenden Verschiedenheiten einer Platte, sowie von Maßen, Druckfarbe,
Papiersorte, Wasserzeichen, Provenienz, Aufbewahrungsort und Auktions-
preis eines Blattes etc. ist mit wünschenswerter Gleichmäßigkeit überall
durchgeführt, wo die einzelnen dieser Faktoren von Bedeutung sind oder
sein können. Vor allem das Wichtigste, die schlagende Charakterisierung
der verschiedenen Plattenzustände, die in sehr vielen von Sammlern ver-
faßten Oeuvre-Katalogen vermißt wird, ist von Hof mann mit vollkommener
Eindeutigkeit geleistet. Denn es genügt ja noch nicht, daß man unter
Nummer x, Etat y etwa verzeichnet findet: »mit mehr Kaltnadelarbeiten«,
sondern ein Etat muß so beschrieben sein, daß auch der ihn erkennen
kann, der nur einen einzigen Druck vor sich hat und die früheren Stadien
der Platte nicht vergleichen kann. Dies sollte eigentlich selbstverständlich
sein, ist es aber leider durchaus nicht immer in der Praxis. Abgesehen
von diesen technischen Arbeiten des Katalogs bringt er dann in den
Einleitungen zur Beschreibung der einzelnen Folgen sehr erwünschte
Feststellungen allgemeinerer Art. So wird man künftig wohl annehmen
müssen — so schweres einem auch fallen mag—,daß die groben Entstel-
lungen einiger Platten aus der Serie der »Proverbios« doch Goya selber
auf Rechnung zu setzen sind. Für Nummer 127 >Der vor einer Puppe
tanzende Unhold« und für Nummer 13S »Der stürzende Soldat« ist die
Eigenhändigkeit der Retuschen, die in späteren Abzügen so fatal wirken,
bewiesen. Vielleicht war das Mißlingen dieser Versuche der Grund,
weshalb der Künstler die Folge nicht herausgab. Er war (siehe Hofmann
Seite 73) wohl selber nicht mit seiner Arbeit zufrieden, hat er doch auch
die »Desastres de la Guerra« nicht publiziert und sogar die fertige, bereits
gedruckte »Tauromaquia« unveröffentlicht liegen lassen. Solche Einblicke
in die Geschichte der Serien, wie sie Hofmann in diesem Falle gibt, ver-
helfen zu einer sachlichen Beurteilung in Fragen der Echtheit und Eigen-
händigkeit.

Was nun die Benennung der Folgen und der einzelnen Blätter
anbetrifft, so ist Hofmann hier in fast allen Fällen dem Katalog von
Lefort gefolgt. Und zwar mit Recht, wie uns scheint. Daß an den Namen
»Proverbios« und »Caprichos« festgehalten wurde,ist durchaus praktisch.
Man kann für »Proverbios« nicht gut die allerdings sinngemäßere ur-
sprüngliche Bezeichnung »Suefios« wieder einführen, einmal weil der
Name durch die Praxis akzeptiert ist, dann aber auch, weil auf diese Weise
leicht Unklarheiten entstehen könnten. Denn nicht nur die »Proverbios«
hießen früher einmal »Suefios«, sondern auch, was unbekannt sein dürfte,
die »Caprichos«. Es gibt nämlich ein sehr schönes Exemplar der ersten
Ausgabe derselben in einem alten von dem Madrilener Carsi verfertigten
Ledeieinband, das auf seinem Rücken den Titel »Suefios de F. Goya«
trägt. Also schon zu Lebzeiten des Meisters waren die Benennungen
schwankend, und man käme mit den alten Namen auch nicht weiter.
 
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