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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.4233#0064
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Teil der Kirchenordnung für Ottheinrichs, Herzogs im
Niedern und Obern' Bayern, Untertanen. Der figürliche
Teil dieses von 1543 datierten Holzschnitts geht, meines
Erachtens, auf eine Zeichnung von Wolf Huber zurück,
während die Renaissanceumrahmung, die das Monogramm
des Solis trägt, vielleicht von diesem Meister entworfen
ist. Die Darstellung innerhalb des Rahmens zeigt die
Kreuzigung Christi in Parallele gesetzt mit der Geschichte
der ehernen Schlange, die gleiche Allegorie also, die in
Hubers Wiener Bild ausgedrückt ist. Allein der Holzschnitt
weist weitaus weniger Figuren auf. Rechts in starker Ver-
kürzung (ähnlich wie auf dem Gemälde in Wien) der Kruzi-
fixus und als kräftiger Abschluß nach dem Rande zu der
Hauptmann mit riesiger Fahne. Mehr nach links zu
die Gruppe der Trauernden, die ähnlich wie etwa in
der Feldkircher Beweinung aufgebaut ist und in welcher
Johannes dominiert, der übrigens nach Dürers Stich,
B. 13, im Gegensinn gegeben ist (der Holzschnitt läßt
die Komposition im Spiegelbild erscheinen). Die Über-
leitung nach links geschieht durch Wolkenmotive
und hochstrebende Bauten und Berge des Hinter-
grunds, die den oberen Rand ausfüllen. Gegen den
linken Rand schließt nach der bei Huber beliebten Art
ein Baum ab, der die typische Form dieses Meisters
hat. Moses links im Mittelgrund, einige der von Schlangen
Gebissenen in den bekannten Verkürzungen umher-
lagernd, ähnlich wie auf der Ambrosiana-Zeichnung des
Ölbergs und dem Wiener Bild. Es braucht den Kennern
Hubers nicht aufgezählt zu werden, was alles in Kompo-
sition, Figuren,Gewandmotiven, Bergen und Landschafts-
motiven dieses Blattes huberisch ist; allein der Kruzifixus
würde genügen, um die Verbindung der Vorlage mit Huber
ausreichend zu begründen. Insbesondere möchte ich zum
Vergleich empfehlen die von Dodgson in der Vasari
Society (PI. II, Nr. 30) publizierte Kreuzigungszeichnung,
die eine Reihe von Ähnlichkeiten mit dem Holzschnitt
aufweist.

Einen weiteren Hinweis auf die Benutzung Huber-
scher Vorlagen durch Solis bietet, wie ich vermutungsweise aussprechen möchte, der 1549 datierte und signierte Stich
mit dem Bildnis des Historikers und Astrologen Joachim Heller1 (B. 431). Es ist beobachtet worden, wie die Bildnisse
Hubers nähere Bekanntschaft mit späterer Nürnberger Porträtkunst vorauszusetzen scheinen. Vielleicht war Huber
gar einmal in Nürnberg anwesend, eine Annahme, die an sich nicht fern liegt und, falls dies Heller-Porträt auf eine
Zeichnung von ihm zurückgeht, noch wahrscheinlicher wird. Was an den Passauer gemahnt, ist sowohl die Zeichnung
des Gesichts, zum Beispiel der tiefliegenden runden Augen, wie die Linienführung, die zum mindesten ganz unnürn-
bergisch ist und an die Donaukunst gemahnt, zumal in der Draperie des Vorhangs rechts, zu dem man die in der Vasari
Society publizierte Porträtzeichnung von 1517 vergleichen möge. Überhaupt scheint das Heller-Porträt nicht ganz den
um 1549 üblichen Stil aufzuweisen. Die Beziehung zur Richtung Hubers halte ich für wahrscheinlich; ob an Huber
selber als Urheber des Entwurfs zu denken ist, möchte ich zur Diskussion stellen.

(Schluß folgt.)

Virgil Solis, Titelholzschnitt zum dritten Teil von Herzog Ottheinrichs
Kirchenordnune.

Hermann Voss.

1 Joachim Heller, ein Nürnberger von Geburt, lebte von 1518 bis 1590.
 
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