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(Abb. in der Österr. Kunsttopographie, II, Fig. 404); es mag derselben
Zeit angehören, wie der Deckel eines Handschuhkästchens bei
Frau Marie Riemerschmid in München (Klassiker der Kunst X,
385), also um 1860. Die dekorative Aufgabe brachte hier eine
breite, flächenhafte Auffassung mit sich, die in dem kräftigen
Kontrast zwischen dem braunen Wasserritter und dem weißen
Flügelfräulein gipfelt. Derselben Spätzeit entstammen auch ein
paar Silhouetten, die der Meister bei Besuchen im Olivierschen
Hause in Tegernsee geschnitten hat und die in ein Kästchen
geklebt dem raschen Verderben solcher Gelegenheitsarbeiten ent-
gingen. Frauen und Mädchen mit einem Ziegenbock, einer
fressenden Kuh, einem aufwartenden Hund, Rotkäppchen mit dem
Wolf; ein frischer Erzählerton ist das Beste an diesen wenig be-
deutenden Spielen der Schere.
Mancher andre Meister ist in der Mappe des Hauses
Schmiedl-Olivier noch vertreten; von Ludwig Richter, der aus
diesem Nazarenerkreis hervorgegangen ist, ist eine Zeichnung
da, die schon die spezifische Entfaltung des Richterschen Talents
zeigt, von Hans Gasser ein Porträt Justine von Oliviers, ein
Mädchenbildnis von entzückender Feinheit und altmeisterlicher
liebkosender Linienführung. In solchen Findlingen liegt aber nicht
der Hauptreiz der Sammlung, sondern in dem Einblick, den sie
uns in die Werdezeit jener romantischen Kunst gewährt, deren
Keime überall auf deutschem Boden gleichzeitig sprießen und
deren Wachsen auch in den Werkstätten der Meister zweiten
Ranges alle charakteristischen Züge zeigt. Kräftig wurzelt sie in
den Schichten der früheren Kunstepochen, aber noch kräftigeren
Halt gibt ihr der neu gewonnene Zusammenhang mit dem volks-
tümlichen Empfinden. Aus der der nationalen Erhebung abgerungenen Kultureinheit des deutschen Volkes hervor-
gewachsen, gibt sie unserer Zeit, die heißverlangend auf die Erfüllung ihrer monumentalen Sehnsucht hofft, das
Schauspiel einer Kunst, die ihre Kraft aus der Berührung mit dem mütterlichen Boden einer nationalen Kultur schöpft.
Abb. 8. Moritz von Schwind, Porträtstudie nach Frau
Fanny Olivier.
I
Hans Tietze.
Verzeichnis der Radierungen, Holzschnitte und Lithographien von Maurice und
Edward Detmold.
Nr. 1—12. Gemeinsame Arbeiten der beiden Brüder.
Nr. 13 — 37. Arbeiten Maurice Detmolds.
Nr. 38 — 65. Arbeiten Edward Detmolds.
I. GEMEINSAME ARBEITEN DER BEIDEN BRÜDER.
A. Radierungen.
/. Schneehuhn. 1899.
Im Fluge nach rechts.
138 : 188. Reine Aquatinta.
Auf einigen Drucken ein Fleck ober des Vogels Auge rot ge-
druckt. Nach einer Zeichnung Edward Detmolds.
2. Sumatranische Katze. 1899.
Der Schädel nach vorne gerichtet; die Spitze des
rechten Ohres durch den oberen Plattenrand abge-
schnitten. — Signiert links: M. Detmold 1899 und rechts:
E. J. D[etmold, mit der kalten Nadel hinzugefügt].
132 : 102. Aquatinta mit radierter Umrißlinie und einiger Kalt-
nadelarbeit im Hintergrund.
Die Probedrucke, die es in ein paar Zuständen gab, sind ver-
loren gegangen.
3. Rhinozeroskäfer. 1900.
Der Käfer, den Kopf nach oben, die Beine nach beiden
Seiten ausgestreckt, in einen Kreis gestellt, den ein
Quadrat umgibt. Die Ecken mit Weinblättern und
-trauben ausgefüllt, und um das Quadrat zieht sich
eine dekorative Randleiste aus denselben Motiven. —
Nicht signiert.
103 : 89. Radierung, der Käfer schwarz, die Einfassung braun
gedruckt.
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(Abb. in der Österr. Kunsttopographie, II, Fig. 404); es mag derselben
Zeit angehören, wie der Deckel eines Handschuhkästchens bei
Frau Marie Riemerschmid in München (Klassiker der Kunst X,
385), also um 1860. Die dekorative Aufgabe brachte hier eine
breite, flächenhafte Auffassung mit sich, die in dem kräftigen
Kontrast zwischen dem braunen Wasserritter und dem weißen
Flügelfräulein gipfelt. Derselben Spätzeit entstammen auch ein
paar Silhouetten, die der Meister bei Besuchen im Olivierschen
Hause in Tegernsee geschnitten hat und die in ein Kästchen
geklebt dem raschen Verderben solcher Gelegenheitsarbeiten ent-
gingen. Frauen und Mädchen mit einem Ziegenbock, einer
fressenden Kuh, einem aufwartenden Hund, Rotkäppchen mit dem
Wolf; ein frischer Erzählerton ist das Beste an diesen wenig be-
deutenden Spielen der Schere.
Mancher andre Meister ist in der Mappe des Hauses
Schmiedl-Olivier noch vertreten; von Ludwig Richter, der aus
diesem Nazarenerkreis hervorgegangen ist, ist eine Zeichnung
da, die schon die spezifische Entfaltung des Richterschen Talents
zeigt, von Hans Gasser ein Porträt Justine von Oliviers, ein
Mädchenbildnis von entzückender Feinheit und altmeisterlicher
liebkosender Linienführung. In solchen Findlingen liegt aber nicht
der Hauptreiz der Sammlung, sondern in dem Einblick, den sie
uns in die Werdezeit jener romantischen Kunst gewährt, deren
Keime überall auf deutschem Boden gleichzeitig sprießen und
deren Wachsen auch in den Werkstätten der Meister zweiten
Ranges alle charakteristischen Züge zeigt. Kräftig wurzelt sie in
den Schichten der früheren Kunstepochen, aber noch kräftigeren
Halt gibt ihr der neu gewonnene Zusammenhang mit dem volks-
tümlichen Empfinden. Aus der der nationalen Erhebung abgerungenen Kultureinheit des deutschen Volkes hervor-
gewachsen, gibt sie unserer Zeit, die heißverlangend auf die Erfüllung ihrer monumentalen Sehnsucht hofft, das
Schauspiel einer Kunst, die ihre Kraft aus der Berührung mit dem mütterlichen Boden einer nationalen Kultur schöpft.
Abb. 8. Moritz von Schwind, Porträtstudie nach Frau
Fanny Olivier.
I
Hans Tietze.
Verzeichnis der Radierungen, Holzschnitte und Lithographien von Maurice und
Edward Detmold.
Nr. 1—12. Gemeinsame Arbeiten der beiden Brüder.
Nr. 13 — 37. Arbeiten Maurice Detmolds.
Nr. 38 — 65. Arbeiten Edward Detmolds.
I. GEMEINSAME ARBEITEN DER BEIDEN BRÜDER.
A. Radierungen.
/. Schneehuhn. 1899.
Im Fluge nach rechts.
138 : 188. Reine Aquatinta.
Auf einigen Drucken ein Fleck ober des Vogels Auge rot ge-
druckt. Nach einer Zeichnung Edward Detmolds.
2. Sumatranische Katze. 1899.
Der Schädel nach vorne gerichtet; die Spitze des
rechten Ohres durch den oberen Plattenrand abge-
schnitten. — Signiert links: M. Detmold 1899 und rechts:
E. J. D[etmold, mit der kalten Nadel hinzugefügt].
132 : 102. Aquatinta mit radierter Umrißlinie und einiger Kalt-
nadelarbeit im Hintergrund.
Die Probedrucke, die es in ein paar Zuständen gab, sind ver-
loren gegangen.
3. Rhinozeroskäfer. 1900.
Der Käfer, den Kopf nach oben, die Beine nach beiden
Seiten ausgestreckt, in einen Kreis gestellt, den ein
Quadrat umgibt. Die Ecken mit Weinblättern und
-trauben ausgefüllt, und um das Quadrat zieht sich
eine dekorative Randleiste aus denselben Motiven. —
Nicht signiert.
103 : 89. Radierung, der Käfer schwarz, die Einfassung braun
gedruckt.