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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.4207#0034
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deo hyspani doctoris de-
cretorum« der Bibliothek
des Stiftes Wilhering bei
Linz eingeklebt.1 Der mit
Schweinsleder überzogene
Holzeinband stammt aus
dem XV. Jahrhundert, über
das obere Drittel des Blat-
tes war ein Papierconcept
aus dem gleichen Jahrhun-
dert gespannt, von dem be-
trächtliche Teile erst in
meiner Gegenwart entfernt
wurden, so daß der Kopf
Christi erst seitdem sicht-
bar ist. Die Zeichnung auf
Pergament, mit der Feder
hergestellt, mißt 22 cm in
der Höhe und 30 cm in der
Breite und stellt Christus
am Ölberg dar mit der
Gruppe der drei schlafenden
Jünger und dem Kopfe des
tröstenden Engels (Abb. 3).

Sie ist im ganzen sehr
gut erhalten, nur die Nägel
derMetallbuckeldes Deckels
sind durchgetrieben und
Kopf und Hände des Er-
lösers etwas beschädigt.
Der Eindruck der Abbildung
übertreibt hier jedoch, da die
gelbbraunen Restedes Klebe-
stoffes auf der Abbildung,
die die Originalgröße zeigt,
schwarz ausgefallen sind.

Ein Blick auf Abbildung 1 lehrt die große Verwandtschaft zwischen unserer Zeichnung und dem genannten
Zyklus von Tafelbildern. Die Figur Christi weist eine über allgemeine ikonographische Ähnlichkeit weit hinausgehende
Übereinstimmung in der Zeichnung des Haares, der Hände, der Falten auf. Man beachte besonders die völlig gleiche
Form der Ärmelenden. Das Motiv des über die Ferse herabfallenden Gewandsaumes bei knienden Figuren kommt
nicht nur hier, sondern auch bei der Magdalena der Kreuzigung und zweimal bei der Himmelfahrt vor. - Der Typus der
schlafenden Apostel läßt sich auf der ganzen Folge nachweisen. Besonders charakteristisch ist Petrus mit seinem
kahlen Haupt, das vorn abgeflacht sich nach rückwärts mächtig wölbt.3 Der Lockenkopf des Johannes entstammt
mehr dem allgemeinen Repertoire der gotischen Kunst der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts und ist daher weniger
beweiskräftig. Trotz dieser großen Verwandtschaft wird man nicht zur Überzeugung gelangen, daß derselbe Meister
Tafel und Zeichnung geschaffen hat. Es ist weniger die kompositioneile Verschiedenheit beider Blätter der Grund
dazu. Der abweichende, aber im Prinzip doch sehr ähnliche Aufbau der Apostelgruppe hat wohl nur die Ursache, daß
einmal ein Hoch-, dann ein Querformat zu bewältigen war. Aber die Proportionen der Gesichter sind verschieden, sie
sind im Bild mehr in die Länge gezogen. Auch scheint mir der künstlerische Wert der Zeichnung ein größerer zu sein.

Die neun Bilder in Hohenfurth sind nicht durchaus eigenhändige Arbeit eines Künstlers. Die hier besprochene
Tafel sowie die Himmelfahrt und die Anbetung der Könige zeigen »ein derberes Naturell, eine weniger kultivierte
Hand, die hier zweifellos nach genauen Angaben und unter den Augen des Meisters Gesellendienste geleistet hat«.*
Der Gedanke liegt nahe, ob nicht unsere Zeichnung bei den unleugbar nahen Beziehungen zu dieser Werkstatt von
dem Hauptmeister selbst herrührt. Zum Vergleiche eignet sich am besten die Tafel mit der Darstellung des Pfingst-

Abb. 2. Meister der Heilsgeschichte in Hohenfurth, Das Pfingstfest. Temperagemälde. Hohenfurth, Stiftsgalerie.

i Cod. Nr. 29.

= Ernst, a. a. O., Tafel V und VIII. — s Vergleiche Ernst, a. a. 0., Tafel VIII. — * Ernst, a. a. 0., S. 5.
 
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