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Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst — 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.3683#0016
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mit Paolo Matteis und anderen Meistern stand er in
Verbindung. Auch Fischer von Erlach war während
seines römischen Aufenthaltes mit dem Marchese
bekannt geworden; in seiner .Historischen Archi-
tektur« bildete er zwei Abbildungen nach ägyp-
tischen Vasen aus dessen Sammlung ab. Albert Ilg
hat die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, in
diesem Zusammenhang unseren Akademiestich zu
erwähnen, was uns der einzige Hinweis innerhalb
der modernen Literatur zu sein scheint.1

Dieser bildlich festgehaltene Precetto Marattas
bildet nun eine besonders aufschlußreiche Veröffent-
lichung eines durch Einfügung von Spruchbändern
völlig umschriebenen Programmes, da eine figurale
Komposition durch die Anbringung von Aufschriften
in These und Antithese zu einer ^redenden Zeich-
nung« im Sinne der heraldischen Sprache gesteigert
wurde und da die Verlegung dieser rein theoretischen
Kundmachung in den Raum eines Akademiesaales mil-
dem Zwecke untergeordnet wurde, um eine deut-
lichere Versinnbildlichung der Gedanken Carlos zu
erreichen. Die Mitteilung Mariettes2 (die an sich sehr
viel Wahrscheinlichkeit hat), daß Carlo diese Zeich-
nung vom Anfang an für den Stich verfertigte, steigert
noch das Interesse, das wir dieser Proklamierung
entgegenbringen. Nähere Angaben zur Entstehungs-
geschichte und zur Klarmachung des an sich dunklen
Inhaltes des Stiches vermittelt uns — neben den
Erläuterungen der Legende — der ausführliche Bericht
Gianpietro Belloris (1615 bis 1696) in seiner Maratta-
Biographie.3 Wir wissen,daß der Schriftsteller in nahen
Beziehungen zu dem Künstler gestanden hat, wie er
dies auch in seiner Vita öfters hervorhebt, daß Carlo in
einem berühmten Bilde das Porträt des seine Künstler-
viten diktierenden Antiquars verfertigt hat und daß der
Maler als Zeichen seiner Freundschaft einen Stich Pietro Aquilas nach seinem Schutzengelbilde mit der Widmung
versehen hatte: »al Virtuoso Sig. G. P. Bellori in segno dell' amicitia, che a V. S. professa et del pregio del suo erudito
studio della pittura da et dona Carlo Maratti«. Zweifelsohne liegt in diesen Freundschaftsäußerungen das Zeugnis
verborgen für das Interesse des Malers an den wissenschaftlichen Plänen und ästhetischen Ideen des Schriftstellers1 und
zum gleichen Teile die Bürgschaft, daß ein wechselseitiger Gedankenaustausch die künstlerischen Anschauungen beider
verband. Literarisch kommt diese Gemeinschaftlichkeit der Interessen der beiden Männer in jenen bekannten »Dialoghi
sopra le tre arti del disegno« zum Ausdruck, die Bottari herausgegeben hat.5

Belloris Mitteilungen knüpfen nun an die Kunstanschauungen Carlos an, die gegen das von ihm bekämpfte Verfahren
verschiedener zeitgenössischer Künstler gerichtet waren, die in der Überschätzung ihrer Kenntnisse der Perspektive und

Abb. 3. Johannes Stradanus, Die Künste.

Stieh von Cornelius Cort.

1 Kurz vor Beendigung dieses Artikels erfahre ich, daß Josef Nieder einen Ausschnitt des Stiches, soweit er sich auf den geometrischen
Unterricht bezieht, in sein Werk über die Handzeichnung aufgenommen hat.

"- Mariette, Abecedario, Archives de France, VI. 260. — Mariette berichtet auch, daß nach einem von Carlos Tochter Faustina geschriebenen
Katalog (im Besitze Crozats) die beiden Stiche (»scuola« und .trionfo della Ignoranza«) je auf 50 Piaster (oder ecus) geschätzt waren. — Es lassen
sich übrigens auch alte Nachzeichnungen nach diesen Blattern feststellen.

3 Gianpietro Bellori, Vita di Carlo Maratta, Roma 1732. (Von Bellori stammt bekanntlich nur der Bericht bis zum Jahre 16S9; der Rest wurde
von anderen hinzugefügt.) — L. Pascoli,Vite dei Pittori . . . Roma 1730, vol. I, S. 134ff. — Vgl. ferner über den Künstler: Costanza Lorenzetti, L'arte
1914; S. 135; Georg Sobotka, Ein Entwurf Marattas zum Grabmal Innocenz'XI. im Berliner Kupferstichkabinett, Jahrbuch der Preuß. Kunst-
sammlungen, 1914, S. 22 ff.; Hugo Schmerber, Betrachtungen über die italienische Malerei im XVII. Jahrhundert, Straßburg 1906.

4 Über Belloris Schriften, über seine Tätigkeit als Aufseher der Antikensammlung und Bibliothek des Palazzo Corsini, über die ihm über-
tragene Leitung der Sammlungen der Königin Christine, über sein Wirken als Sekretär der Akademie von S. Luca vgl. Ilg. a. a. 0., S. 66. Vgl. auch
Archives de France, I, S. 458.

5 (Bottari), Dialoghi sopra le tre arti del disegno .... N'apoli 1772.


 
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